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Motherboard: November 2022

Der indisch-amerikanische, in London lebende Perkussionist Sarathy Korwar wendet das zeitgenössische Jazz-Funk-Postrock-Crossover mit indischen und afrikanischen Elementen noch eine Post-Fourth-World-Stufe weiter. KALAK (The Leaf Label, 11. November) ist nicht nur ein Anti-World-Music-Album jenseits üblicher Kategorien, es transportiert zugleich eine ätzende wie wohldurchdachte Kritik am postkolonialen Status Quo. Ein Versuch, die Zukunft zurückzugewinnen – hier Indofuturismus genannt. Nicht nur musikalisch.

Das Hamburger Trio Cloud Management versucht ebenfalls, die Zukunft (des Jazz) aus der Vergangenheit (der Modularsynthesizer) zu ziehen, was auf dem Debüt Cloud Management (Altin Village & Mine, 2. Dezember) in Schleifen und Hüllkurven passiert, die noch nach Dub, Industrial und Kraut schmecken, aber nicht so schwer und donnernd daherkommen wie etwa bei den Berliner Kollegen von Driftmachine. Wie bei diesen werden die Stücke alle von rhythmisiert klopfenden und wubbernden Impulsen getragen, die sich hin und wieder beinahe zu einem Groove verdichten und wieder auseinandertreiben; in einer penibel austarierten Produktion, in der alle Elemente ihren Platz zugewiesen bekommen haben und ihn achten und ausfüllen. Hier ist richtig viel los, ohne dass es je zu Desorientierung oder Überforderung führen würde. Alles hat seinen Platz. Cloud Management sind verspielter, jazziger als Driftmachine, ihre Skills auf ähnlich hohem Level. So konzentriert und fokussiert macht das ziellose Mäandern große Freude.

Der in Australien geborene Berliner Turi Agostino wendet indes die Welt und ihre Musik nach innen. Auf den Self Portraits (Torrents, 11. November) verschmilzt Agostino die Klänge von Flügel und Modularsynthesizer zu intimen, vorwiegend instrumentalen Song-Tracks zwischen Neoklassik (mehr) und Neo-Jazz (subtil). Das allerdings klingt dann immer gut gereift und sinnig. Jeder Ton wirkt wohlgesetzt und die minimalistischen Melodien haben jeweils den gewissen Schmelz, der sie direkt wiedererkennbar macht. Da wirkt sogar ein Zitat des Akira-Soundtracks nicht fehlplatziert.

Das Montréaler Kammermusik-Ensemble No Hay Banda steht für eine ähnlich radikale Liebe zur Freiheit des Klangs. Die Kompositionen und/oder Improvisationen, die sie zum Leben erwecken, sind nur selten mit einem konservativen Verständnis von Komposition oder Melodik in Einklang zu bringen. Die Atmosphäre, die Nebengeräusche, alles andere um die Instrumente herum wird ebenso wichtig genommen. Ein Ansatz, der sehr viel mit dem Musikverständnis von neuerer Ambient-Sound-Art oder avancierter Post-Club-Collage-Elektronik gemein hat. Die vier Kompositionen auf I had a dream about this place (No Hay Discos, 4. November) von Anthony Tan, Sabrina Schroeder, Andrea Young und Mauricio Pauly konzentrieren sich daher konsequent auf den Raum zwischen den Tönen, auf das mikrotonale Dröhnen und Knarzen dessen, was von den Instrumenten übrig bleibt am Ende des Tages – oder der Welt?

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