Céilí & Asquith – Back Once Again EP (Higher Power)

Asquith Ceili – Back Once Again

Trance und Techno. Liebe auf den Triolen-Blick. Wer nicht wie Opa Hans von den good old times schwärmt, stampft am Wochenende zu Melodien über Beats, für die man vor zwei Jahren noch lebenslanges Clubverbot eingeheimst hätte. Inzwischen prackt man sich ins Autodrom und kurbelt an. Asquith und Céilí, zwei Iren in London, frontalcrashen für ihre Split-EP auf Higher Power. Links geht’s rein, rechts geht’s raus. Aber mittendrin, da ist man dabei! Auf Back Once Again sind sechs Bänger, mit denen man Lendenwirbelfrakturen gleichzeitig generiert und saniert. Dass nur der Opener von Céilí in die Heartstring-Nthng-Ibon-Kerbe haut, soll verziehen sein.

„Petrol or Diesel” kämpft bei Literpreisen ab zwei Euro ohnehin um die Benzinbruderschaft. „On The Mend” synthetisiert jeden Peaktime-Track der letzten zwölf Jahre und pitcht sich im Ausfallschritt ins Bassloch. Asquith produziert Stangenware für die Spontanekstase. „Tasty Cheetah” fragt nach einem Wasser. Wer das Teil zum fünften Mal am selben Abend hört, bekommt die sechste Runde gratis. Weil heute alle nur noch Bassdrums prügeln, fällt ein Track wie „Forget The Past” auf wie eine Junggesellenrunde in der Berghainschlange: Asquith programmiert Hi-Hats in eigener Mission! Christoph Benkeser

Eversines – Blurred Vision EP (Twig)

Eversines – Blurred Vision

Wie verwandte Produzent:innen auch – D. Tiffany, Roza Terenzi, Maara oder Escape Artist, um nur einige zu nennen – begibt sich der Niederländer Eversines immer tiefer in die so verworrenen wie wunderschönen Gefilde der Trance-Musik der frühen Neunziger. Manchmal möchte man gar das schmutzige Wort Psytrance verwenden – und warum eigentlich nicht, wenn dabei Tracks, so verträumt wie hypnotisch wie auf dieser EP herauskommen.

Geschickt verbindet er dabei den zwingenden Trance-Groove mit verhallten Dub-Techno-Chords, mäandernden Acid-Lines, Electro-Gespür und lysergischem Percussion-Geklöppel. Was er glücklicherweise nicht tut: Zu Viel Zuckerguss obendrauf. Stattdessen wird hier der eine oder andere imaginäre Sandstrand plattgestampft. Und so bleibt dies dem Underground zugewandter Neo-Trance, der die Tänzer:innen tatsächlich in eben jene versetzt. Tim Lorenz

Hörbeispiele findet ihr in den einschlägigen Stores.

Ottlix – Tamarindo (Perlon)

Ottlix – Tamarindo

Neues Künstlerduo auf Perlon. Ottlix sein Name. Bestehend aus dem Venezolaner Ottber und dem deutschen Felix Hk. Letzterer war Resident im Essener Club Hotel Shanghai, wo auch schon DJ und Produzent Binh vor Jahren residierte. Ob er das Duo in die Perlon-Familie einführte oder ihre dauerhafte Anwesenheit im Club der Visionäre eine Annäherung brachte, weiß man nicht.

Sicher ist: Ihr Perlon-Debüt Tamarindo passt dank minimalem House und entschlackter Leftfield-Elektronik wunderbar ins Labelrepertoire. Dem fügt das Duo durch das Titelstück eine zeitgenössische Note hinzu. Denn der dunkel rollende Maschinenfunk von „Tamarindo” schließt irgendwie an die aktuell so angesagten rauen Technotöne an, allerdings mit wesentlich weniger BPM-Schlagzahl und viel mehr Roboter-Soul. Dazu psychedelische Stimmfetzen, die mächtig einlullen. Die sind auch in „Time Issues” gegenwärtig. Hier allerdings in einem Perlon-typischen Umfeld zwischen stampfender Funk-Bassdrum, minimalem Hi-Hat-Zauber und flächiger MDMA-Elektronik. Schön episch, trippig, warm. Mal pumpend, mal mit angezogener Handbremse.

Den Abschluss der äußerst musikalischen EP markiert „For”, ein kurzer, ebenfalls dunkler Funktune, dessen Vocalsamples erneut jene Psychedelik verteilen, mit der Perlon stets up to date in seiner ganz eigenen House-Ecke meditiert. Michael Leuffen

Hörbeispiele findet ihr in den einschlägigen Stores.

Panta Rex – Critter (Kontrapunkt)

Panta Rex – Critter

„Youth In The 90s” erinnert an depressiven Dark-Wave-Minimal-Techhouse der Nullerjahre von James Holden. Die leicht düstere Bass-Kick-Diskrepanz kontert langgedehnte Hallräume und melodische Chicago-Deep-House-Fender-Rhodes-Imitate. Daraus lodern kleine, helle Hoffnungsschimmer mit metrischen Detroiter Triolen-Glocken hervor, die etwas zu weit in die Ableton-Preset-Flächen-Wirrnis führen. Obwohl Panta Rex’ Webseite, die ihn als Vincent Schmid und Maler mit akademischem Grad entlarvt, durchaus eine Liebe zu Mischpulten und Modularsynths schildert. Das Ende des Tracks zieht das Delay auf Maximum, um irrelevanten, matschigen Flächensound hörbar zu machen. Detroiter Ruffness-Psychedelik ist das nicht.

Luftig-transparent gelingt stattdessen “Dyade”. Der Track tuckert gut mit 16tel-Synth-Sequenzern die verwilderte Post-Elektronik-Disco-Krautrock-Techno-Bahnstrecke entlang. Im Break und Halbschlaf verschwimmen im Trans-Europa-Express-Fenster in Richtung Alpen blickend 1970er-Bahnschranken-Sounds weit hinter dem Hörer. Diese Disco-Reminiszenzen lösen sich mit „Lares” weiter ein.

Der Track hätte in seiner westdeutsch-getuneten Deep-House-Disco-Attitüde genau so tatsächlich in den Neunzigern auf Labels wie Ladomat, Stir15, Kompakt oder Upstarts Disko B erscheinen können. Ihrer Disco-Tradition in Bezug auf House- und Technomusik waren sich diese Plattenfirmen damals wohl bewusst und archivierten zwischen Soul-, Funk- und Disco-Anleihen den State-of-the-Art-Housesound der späten Neunziger. Mirko Hecktor

Thugwidow x Bruised Skies – Blimey (Hooversound)

Thugwidow Bruised Skies – Blimey

Zum zweiten Mal haben sich der Produzent Alex Lowther-Harris alias Thugwidow aus Manchester und sein Londoner Kollege Bruised Skies für eine EP zusammengetan. Nach der 2020 erschienen Requiem For A Sesh, die entschlossen mit aufgekratzten Jungle-Breaks aufwartete, ist Blimey noch einmal eine ganz andere Angelegenheit geworden.

Die oft sehr nuancierten Breakbeats dienen jetzt als Grundlage für langgeschwungene Melodiebögen, in denen Bruised Skies seine Vorliebe für Ambient mit der Energie von Thugwidow zu etwas amalgamiert, das stark nach der Zukunft von Drum’n’Bass riecht. Programmierte Kühle und leidenschaftliches Gefühl gehen bei den beiden eine wunderbar ambivalente Verbindung ein, was durch die hochgepitchten Stimmensamples mit ihrer artifiziellen Dringlichkeit zusätzlich verstärkt wird. Der Track „A Digital Right to the Soul” bringt das so ziemlich auf den Punkt: Dies ist Soul für die Gegenwart. Was die Remixe auf eigene Weise unterstreichen, bei Response mehr, bei Denham Audio ein bisschen weniger. Tim Caspar Boehme

Vorheriger ArtikelDurchlüften: Open-Air-Reihe im Humboldt Forum
Nächster ArtikelBruce – Groove Podcast 345