://about blank (Foto: Presse)
Nachdem die Clubs vier Monate geschlossen waren, kriechen nun alle aus ihren Winterquartieren und strömen zurück in die Stätten der Tanzlustbarkeiten. Der Frühling bringt die Hoffnung, dass der schlimmste Teil der Pandemie überstanden ist und sich die Verhältnisse zumindest den Sommer über halbwegs normalisieren. Für Clubbetreiber*innen beginnt eine vergleichsweise sorglose Zeit.
Wir wollten wissen, wie sie mit der Rückkehr zum Normalbetrieb umgehen, und haben Eli vom ://about blank, Felix Buchta vom Objekt klein a und Ulrich Wombacher und Lewin Paul Schulte vom Watergate jeweils drei Fragen gestellt: Wie sie ihre Exit-Strategie aus der Corona-Zeit planen, was sie aus der Krisenzeit gelernt haben und was der Ukrainekrieg in ihnen auslöst.
Wie habt ihr euch auf die Öffnungen nach dem Quasi-Lockdown des vergangenen Winters vorbereitet?
Ulrich Wombacher (Watergate): Wir ziehen uns warm an. Mir fällt es schwer, nach so einer langen Zeit so was so ernst zu beantworten.
Lewin Paul Schulte (Watergate): Wir haben monatelang versucht, das Team wieder an den Start zu bekommen.
Ulrich Wombacher: Das muss man sich mal vorstellen: Halte erst mal zwei Jahre ein Team aufrecht, das wieder und wieder einen Rückschlag in Kauf nehmen muss, das du wieder und wieder vertrösten musst. Zusätzlich gab es Krankheitsfälle im Team, was natürlich auch auf die Stimmung schlägt. Kürzlich haben wir nochmal ein großes Get Together gehabt, in dem einzelne Positionen besprochen wurden, damit wir optimal vorbereitet sind. Innerhalb von zwei Jahren wird der ein oder andere Ablauf ein wenig rostig.
Eli (://about blank): Wir sind erst am Weltfrauentag mit unserer Flinta*-Party gestartet. Für das erste mögliche Wochenende haben wir nicht so schnell was auf die Beine stellen können, wollten uns noch ein bisschen Zeit lassen. In den letzten Wochen haben wir den Garten wieder schön gemacht und uns neue Leute dazugeholt, die eingearbeitet werden mussten. Zwei Jahre hinterlassen Spuren, und einige Leute mussten dann doch gehen. Wir hatten allerdings das Glück, dass wir schon lange davor begonnen haben, die meisten Leute mit sozialversicherten Jobs zu uns zu holen. Deshalb konnten wir ihnen Kurzarbeitergeld anbieten. Im Großen und Ganzen sind wir also momentan ganz gut aufgestellt und freuen uns auf die neuen Gesichter, die dazugekommen sind.
Felix Buchta (Objekt klein a): Die offizielle Eröffnung haben wir vergangenes Wochenende in unserer virtuellen Club-Kopie begangen. Unseren regulären Betrieb nehmen wir erst an Ostern auf, mit dem fünften Geburtstag als Opening. Wir halten es für realistisch, dass die Politik bis dahin den Clubbetrieb wieder zulässt. Wir wollten vermeiden, dass wir, wie in den vergangenen Lockdowns, direkt auf die Ansagen der Politik reagieren, um pünktlich zum ersten gesetzlich gestatteten Termin wiederzueröffnen. Das hat uns in der Vergangenheit viel Kraft und Mühen gekostet. Unser größtes Problem ist es tatsächlich, für die kommende Zeit neues Personal zu finden. Wir hatten im Spätsommer einige Leute neu angestellt. Im November mussten wir dann aber leider insgesamt 35 auf Minijob-Basis beschäftigte Mitarbeiter*innen entlassen.
Habt ihr euch von der Politik unterstützt gefühlt?
Felix Buchta: Was Finanzhilfen anbelangt, wollen wir überhaupt nicht meckern. Da sieht es in anderen europäischen Ländern ganz anders und wesentlich düsterer aus, weshalb dort viele Kulturinstitutionen aufgeben mussten. Dazu kommt aber unser subjektives Gefühl, wie wir als Clubkultur von der Gesellschaft wahrgenommen und wertgeschätzt werden. In dieser Beziehung fühlt man sich nach zwei Jahren doch eher verarscht und hingehalten.
Ich bin zugleich im Clubnetz Dresden tätig. Wir haben während der Pandemie den Landesverband der sächsischen Clubs, LISA, gegründet, weshalb ich einen ganz guten Einblick davon habe, was hinter den Kulissen abgelaufen ist. Wir haben uns hin und wieder mit der sächsischen Kulturstaatsministerin getroffen, dabei aber nur leere Versprechungen erhalten. Auch weil in den letzten zwei Jahren die Clubkultur dämonisiert wurde. Insofern war der Dialog zwischen Szene und Politik nicht gerade einfach, wodurch wir intern aber gezwungen waren, uns zu organisieren und lobbyistisch zu arbeiten.
Ulrich Wombacher: Trotz aller Bemühungen und Hilfen, die über die Jahre geflossen sind, fühlt man sich im Gesamten dann doch im Stich gelassen. Bei wirklich relevanten Entscheidungspunkten, wenn es darum ging, wann geöffnet und inwieweit man eingebunden wird, gab es keine klare Kommunikation. Und leider wurde deutlich, dass die Kultur hinten runterfällt, sobald es ans Eingemachte geht. Hätte die Clubcommission nicht nachgehakt, wäre man auch bei der Entscheidung vor zwei Wochen erst mal außen vor gelassen worden.
Lewin Paul Schulte: Ohne die Intervention der Clubcommission wären die Gespräche über mögliche Öffnungen erst am 1. März abgehalten worden. Das hätte bedeutet, dass der Lockerungsbeschluss wieder viel zu kurzfristig auf uns zugekommen wäre.
Ulrich Wombacher: Planungssicherheit ist auch für die Zukunft noch nicht gegeben. Wir wissen nicht, was nächsten Herbst auf uns zukommen wird.
Eli: In Berlin gab es ja durch Klaus Lederer eine starke Lobby für die Clubs. Wenn Hilfen geflossen sind, haben sie uns durchaus was gebracht. Der Ablauf im letzten Winter hat viele Clubbetreiber*innen aber verunsichert. Es gab keine klaren Anweisungen, was die Planung erschwerte. Nach eineinhalb Jahren Pandemie hätte man sich schon ein klarere Führung erhofft, da man ja davon ausgehen konnte, dass die Infektionszahlen erfahrungsgemäß ab Herbst wieder steigen werden. Insgesamt waren es anstrengende Jahre, und wir mussten uns mit bürokratischen Hürden rumschlagen. Zusätzlich wurden Dinge nachträglich geändert: Es gab zum Beispiel einen Sonderfonds Kultur, der für uns leider nicht hilfreich war. Da sind Lücken im Hilfesystem.
Bei all den Rückschlägen und Bemühungen, die die Kultur durchstehen musste, können Krisen auch eine Chance sein. Könnt ihr der Zeit auch etwas Positives abgewinnen?
Eli: Die Clubkultur ist politischer geworden. Es hat sich durch die Pandemie eine stärkere Vernetzung entwickelt. Während der letzten zwei Jahre fand eine stärkere Auseinandersetzung mit Rassismus statt, die sich hoffentlich fortsetzen wird. Uns ist besonders wichtig, sich mit Diskriminierungs- und Sexismus-Themen zu beschäftigen.
Felix Buchta: Wir konnten die Zeit als Club optimal nutzen. Wir haben zum einen Betriebsstrukturen im Kollektiv überdacht und optimiert und mehr Eigenverantwortung in Teilbereiche abgegeben. Der Blick auf interne Strukturen wurde so ein bisschen geschärft, was für das Wohlbefinden des ganzen Teams wichtig ist, weil alle massiv gelitten haben. Durch die Krise haben wir bemerkt, dass wir als Kollektiv funktioniert und uns gemeinsam über Wasser und bei Laune gehalten haben.
Ulrich Wombacher: Was Positives aus zwei Jahren Schließung? Dass unser Team uns gegenüber solidarisch ist, wusste ich auch vor der Pandemie schon. Das hat sich natürlich verstärkt bestätigt. Im Bereich der Clubkultur finden sich Leute zusammen, die ihr Herz auf der sozialen Seite haben, auch wenn es den einen oder die andere notgedrungen in andere Geschäftsbereiche verschlagen hat.
Während die eine Krise noch nicht zu Ende ist, tobt schon die nächste. Was löst der Krieg in der Ukraine bei euch aus?
Eli: In der aktuellen Situation habe ich den Eindruck, dass man sehr schnell Leute akquirieren und vernetzen kann, um Support-Projekte auf die Beine zu stellen, und dass das auch durch die Erfahrung der Pandemie besser funktioniert. In der Zwischenphase hatten wir auf unserem Areal auch eine DIY-Nutzung von politischen Initiativen. Ohne Frage fühlt es sich momentan seltsam an, Partys zu feiern. Gleichzeitig sehe ich aber auch, dass aus der Clubszene viel Unterstützung kommt und man anpackt. Das eine muss das andere also nicht ausschließen. Clubs können auch wichtige Orte sein, um Unterstützung zu organisieren und Ressourcen bereitzustellen oder Leute aufzufangen, wie es auch davor schon mit vielen Geflüchteten geschehen ist.
Ulrich Wombacher: Das Opening ist natürlich ein toller Moment, aber es fühlt sich auch komisch an mit so viel Unruhe in der Welt.
Lewin Paul Schulte: Wir haben alle wahnsinnig Bock und müssen weitermachen, weil wir ein wirtschaftlicher Betrieb sind. Aber es fühlt sich ein bisschen seltsam an, ein Party vorzubereiten.
Ulrich Wombacher: Aber das ist letztendlich die Krux an unserem Geschäft: Egal, was passiert: Wir feiern Partys. Das ist unser Geschäftsmodell, was uns immer wieder vorgehalten wurde. Daher kommt ja auch so ein Söder-Ausbruch, dass die Schließung der Clubs unumstritten ist – uns wird eine gewisse Verzichtbarkeit zugeschrieben. Egal, was es ist, ob Russland in die Ukraine einmarschiert oder die Ansteckungsgefahr erhöht ist: Party hört sich immer nach egoistischem Verhalten an.
Felix Buchta: Die Meinung im Kollektiv ist natürlich, dass gerade ein großes Verbrechen an der Ukraine und deren Bevölkerung verübt wird. Aber insgesamt ist niemandem geholfen, wenn wir unsere Freiräume aus Anteilnahme nicht öffnen würden. Die Wiederbelebung unserer Räume ist auch eine Wiederbelebung von Diskursräumen und nicht nur geprägt von blankem Hedonismus.