LiÆN (Foto: Sarah Reckels)

Das IT ISN’T HAPPENING passiert entgegen seines Namens tatsächlich – und zwar schon sehr bald: Am 22. und 23. Oktober spielen unter anderem Lotic, Thomas Ankersmit oder Nazar in Nürnberg. In und um die Frankenmetropole herum tut sich aber musikalisch ebenfalls einiges, wie das Label Verydeeprecords beweist, in dessen Dunstkreis sich auch LiÆN bewegt. Im Sommer bespielte sie noch das IIH-Open-Air, uns hat sie nun erzählt, auf was sie sich bei der Indoor-Variante freut, was ihr Debütalbum inspirierte und wie ihr Festival-Mix als virtuelle Bühnenreise funktioniert.


Dein Debütalbum Featuring Pascals Skateboard erschien im April dieses Jahres. Wie bist du auf den eigentümlichen Namen gekommen?

Als ich angefangen habe, allein Musik zu machen, bin ich auf alte Handy-Aufnahmen gestoßen. Ich bin damals vom Skateboard eines Freundes gefallen, und das dabei entstandene Geräusch hat zufälligerweise perfekt in ein Lied gepasst, an dem ich zu der Zeit gearbeitet habe. Das hat mich so begeistert, dass in fast jedem Track Field Recordings auftauchen, wenn auch oft sehr verfremdet und versteckt. Diese aufgezeichneten Alltagsmomente sind für mich fast wie ein eigenes Instrument.

Auf dem Album mischst du Pop und Ambient, tauchst beide Genres in eine surreale Traumästhetik. Kannst du nachvollziehen, was dich dazu inspiriert hat?

Ich habe beim Album nicht so sehr daran gedacht, nach welchem Genre es klingen soll, sondern welche Geschichten mich beschäftigen. Ambient-Sounds haben auf irgendeine Weise die Fähigkeit, gleichzeitig beruhigend und beunruhigend auf mich zu wirken und Gefühle auf eine unkonkret schöne Weise auszudrücken. Außerdem macht es einfach Spaß, wie Sounds durch die vielen Effekte verändert werden können und nicht wiedererkennbar sind.

Für den Track „Calm Down Nightmare” habe ich zum Beispiel viel mit der Setar eingespielt und immer weiter verzerrt. Meine musikalischen Anfänge liegen aber eher beim Covern von Liedern mit der Ukulele, und ich singe in einer Band – mit dem Freund, dem das Skateboard gehört –, was wohl die Pop-Einflüsse erklärt.

Featuring Pascals Skateboard erschien auf Verydeeprecords, einem Kassetten- und Vinyl-Label aus Nürnberg. Wie sieht das Label-Umfeld aus, kannst du etwas zu seiner Geschichte sagen?

Verydeeprecords wurde 2013 von Philipp alias Red On und Stefan alias HKHKHKHK gegründet, damals aus dem Wunsch heraus, erstmal unabhängig eigene Musik zu veröffentlichen. Mit den Jahren ist die Anzahl an verschiedenen Artists, die bei VDR EPs
und Alben veröffentlicht oder Remixe gemacht haben, stetig gewachsen. Viele kommen nicht mehr nur aus der Nürnberger Umgebung, wie zum Beispiel Golden Diskó Ship und Point No Point, zwei Mitglieder der Gruppe Soft Grid. Was ich an VDR schön finde, ist, dass viel Musik gemeinsam entsteht und die Veröffentlichungen nicht isoliert für sich stehen, sondern miteinander verwoben sind. So gibt es zum Beispiel jährlich eine Compilation, in der die Artists füreinander Remixe machen. Oder gemeinsame Konzerte und Performances in verschiedenen Konstellationen. Die Instant Composition ist so ein Beispiel, die von Melina von der Band resa organisiert wird.

Wo steht elektronische Musik in Nürnberg momentan, wie schätzt du die dortige Szene ein?

Auf die Frage habe ich keine allgemeingültige Antwort, da es sicherlich viele Artists in der Region gibt, die ich vielleicht noch gar nicht kenne. Was Partys und Konzerte angeht, gibt es hier viele Veranstaltungskollektive. Mit Function Level Marker, Jakob Salz, Huong Federkeil, Finn Klein und Maurice Schirm treten außerdem lokale Acts bei der IIH-4-Festival-Clubshow auf.

Insgesamt gibt es in Nürnberg einige Producerinnen, wobei ich hoffe, dass in der Zukunft noch mehr FLINTA aufeinandertreffen, um gemeinsam elektronische Musik zu produzieren. Bereits bestehende tolle Projekte in dem Kontext sind etwa das feministische DJ-, VJ- und Artist-Kollektiv Trouble in Paradise oder SoundSysters aus Nürnberg, wo erste Live-Sets in geschütztem Rahmen geübt werden können.

Dein Mix fusioniert Experimentalmusik, Pop, Deconstructed Club, Indie, langsamere und fixere Stücke. Was hast du dir dabei gedacht und wie hast du ihn aufgenommen?

Das war von meinen Erinnerungen an das It-Isn’t-Happening-Open-Air beeinflusst. Mir hat besonders gefallen, wie abwechslungsreich die Konzerte waren. In dem einen Moment hast du noch zu Les Trucs getanzt, im nächsten konnte dich die Stimme von Lyra Pramuk zum Weinen bringen. Der Mix soll ein bisschen das Gefühl rüberbringen, dass du von Floor zu Floor gehst und dich überall etwas anderes erwartet.

Bei der Auswahl der Tracks habe ich mich viel am Line-Up des bereits vergangenen und bevorstehenden Festivals orientiert und so auch für mich einiges an neuer Musik entdeckt. Ich habe wieder mit Field Recordings experimentiert, die im Kontext der verschiedenen Sounds ganz unterschiedlich wirken. Am spannendsten war es, wenn zwei Lieder, die auf den ersten Blick musikalisch gar nicht so viel miteinander zu tun haben, bezüglich Stimmung oder Text auf einmal richtig gut zusammenpassen.

Auf welchen Auftritt freust du dich beim IT ISN’T HAPPENING am meisten?

Gerade freue ich mich sehr auf Nazar, Jakob Salz und die Live-Show Endless Power von Lotic und Emmanuel Biard, aber ehrlich gesagt auf alles! Zusätzlich zu den Konzerten und der Spectrum Clubnight gibt es außerdem mit it ain’t local einen coolen Festival-Radiosender.


Tracklist:
LiÆN – unreleased
Jakob Salz – II 63
Lotic – Love and Light
Lucrecia Dalt – Disuelta
Finn Klein – Spill
Nazar feat. Shannen SP – Airstrike
Belia Winnewisser – Boreal
Lyra Pramuk feat. Colin Self – Witness (Selfless Rework)
Persona – Necessities
Function Level Marker – Prickled Hog (Iuna Niva Remix)
Puce Mary – To Possess Is To Be In Control
Zement – Soil
Huong Federkeil – Sonata
Red On feat. Point No Point – Ordinary Ghosts
Maurice Schirm – Leviathan
LiÆN – Calm Down Nightmare
Magic Meru – Balearic
resa – Leere
resa – Der Gesang
Les Trucs – It’s The Fascia That Keeps Us Erect
Dato Alaplaya – Festival
LiÆN – (unreleased)


Groove präsentiert: It Isn’t Happening Festival 2021
22. Oktober bis 23. Oktober

Tickets: Festivalpass 24€, Tagesticket 14€

IT ISN’T HAPPPENING
Z-Bau
Nürnberg

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