Ko-Ta – Shiza EP (Bitta)

Ko-Ta – Shiza EP (Bitta)

Das Eröffnungsstück auf Ko-Tas Debüt-EP für Bitta geht eine interessante Fusion ein: Es wird dominiert von einer Minimal-Music-artigen Sequenz, die, wie viele Minimal-Music-Stücke der 60er und 70er, an afrikanische Musik erinnert. Alleine gehört, würde diese Sequenz, deren Sound in Richtung Marimba geht, einen trancigen Effekt erzielen und könnte gut als Ambient-Track durchgehen. In Verbindung mit der sehr schnellen Bassdrum, die der Japaner hier aber addiert, und dem ebenfalls recht dominanten Bordun-Basston ergibt sich ein Stück, das von den Gegensatzpolen Ruhe und Hektik bestimmt wird und dadurch einen interessant-aufwühlenden und ambivalenten Effekt erzeugt.

Im Don’t-DJ-Remix werden diese wesentlichen Elemente zwar erhalten, aber durch das eher genretypische Arrangement etwas entkräftet. Andererseits dürfte diese Version von DJs aus dem erweiterten Drum’n’Bass-Kontext bevorzugt werden. Das folgende Original von Ko-Ta, das zugleich auch der Titeltrack ist, fußt auf einem ähnlichen Aufbau wie Stück Nummer eins: Auch hier gibt es melodische Elemente, die ruhig und eher meditativ angelegt sind, kombiniert mit einer in diesem Fall schnellen Percussion-Spur, die ebenfalls den ambienten Charakter geschickt unterminiert und dadurch wieder diese spezielle Spannung erzeugt.Label-Boss DJ Nobu dreht dann im folgenden Remix das Tempo ein gutes Stück zurück und addiert sphärische, dubbige Sounds, die die Stimmung des Originals stark verändern, was in diesem Fall aber dem Remix zugutekommt, da im Zusammenspiel mit den Percussions und weiteren Elementen aus dem Original so ein eigenständiger, schlüssiger Track entsteht. Mathias Schaffhäuser

Laurine – Abun.dance (Slow Life)

Laurine – Abun.dance (Slow Life)

Die Slow-Life-Formel lautet: keine Kohlenhydrate, kein Handy, kein Insta auf dem Mac. Dafür Basslines für Rambazamba im Genitalbereich und ein Beat, bei dem man gleichzeitig in völliger Dancefloor-Eskalation aufgehen, aber genauso gut bei Humana zum Kilopreis mitwippen kann. Man muss kein*e Visionär*in sein, um zu checken, dass das funktioniert. Coole Sneaker-zu-Sakko-Träger wie Christian Lindner haben dafür sogar einen supergeilen Begriff: angewandte Zielgruppenmaximierung. Wie gut, dass die Berliner Slow-Life-Crew einfach Party dazu sagt.

Dass Laurine, seit den ersten verdrückten Ecstasytränen an der Spree mit dabei, erst jetzt ihr Debüt ausklappt, ist deshalb eine Überraschung. Aber der – yolo!– Abundance geschuldet. Platten veröffentlichen, Partys veranstalten, um den Globus düsen. Puh! Zum Glück kam Corona dazwischen und hat unser aller Leben so unerwartet entschleunigt. Das ist zwar vollkommener Blödsinn, den man sich als wohlstandsverwahrloste Krisengewinner aber dermaßen lange einreden durfte, dass man mittlerweile daran glaubt. Wie auch immer, Abun.dance mag ein Wortspiel für die Regenbogengruppe sein. Den Flow catcht man dadurch allemal. Christoph Benkeser

Madteo – Str8 Crooked (Honest Jon’s)

Madteo – Str8 Crooked (Honest Jons)

Madteo ist zurück und serviert, was er schon immer bestens köchelt: psychedelischen House für Clubs und Kopfkino, das sich richtig tief ins Bewusstsein bohrt. Der Titeltrack „Str8 Crooked” seiner EP für das Londoner Label Honest Jon’s, die als Vorbote für das Album Head Gone Wrong By Noise dient, ist im Unterbau House der Marke Pépé Bradock, schraubt sich aber im oberen Bereich mit bruchstückhaften Log-Trommeln und psychedelischen Synth-Pads zu einem perkussiven Höhepunkt hinauf, dessen rhythmische Intensität an eine Blockparty beim Karneval in Rio erinnert.Das kürzeste Stück der EP ist „Build Back Better Sweatshops”. Es legt mit den für Madteo typisch verdrehten Stimmschnipseln los, bis eine grob bestimmende Bassdrum den guten alten Jack ins House schleudert und nebenbei anziehend trockenen Funk ausspuckt. Es folgt „Episcopi Vagantes”, ein 16-minütiger Trip in das kreative Zentrum des Italieners mit Wohnsitz New York City. Diesmal gibt es luftige Synth-Pads und hechelnde, in Dub getränkte Akkorde, die sich langsam, aber stetig aufbäumen. Dazu kosmisch-elektronische Melodien, die keine sein wollen. Alles könnte jederzeit explodieren, zu einem Clubmonster werden. Doch Madteo kriegt es hin, einen wehmütigen Uptempo-Downbeat-Zwitter zu erschaffen, der ruhelos Ruhe verbreitet und in einigen Momenten an frühe Tracks von Ricardo Villalobos erinnert. Michael Leuffen

Poly Chain – Lake Lemuria (Die Orakel)

Poly Chain – Lake Lemuria (Die Orakel)

Der Nachhall von Acid. Dann Bässe wie Peitschenhiebe. Freigelassene Partikel machen die Biege. Die Melodie singt das hohe Lied der Intelligent Dance Music. Aphex Twin winkt aus dem Maschinenraum. Ist denn schon wieder 1992? Auf „Max For Death”, dem ersten Stück der neuen EP Lake Lemuria von Poly Chain könnte man das glauben. Auch die anderen drei Stücke erinnern an Selected Ambient Works 85-92. Es gibt schlechtere Referenzen. Für die aus Kiew stammende Producerin Sasha Zakrevska sind es hingegen neue Wege, die sie hier beschreitet. Ihr Sound klingt druckvoller als je zuvor, und die gesamten 20 Minuten der bei Die Orakel veröffentlichten Vinyl-12-Inch klingen wie aus einem Guss. Selbst wenn Poly Chain hier den einen oder anderen ausgelatschten Pfad kreuzt, sucht sie in diesem Spiel mit Referenzen stets die autarken Momente. Wie auf „Desna”, wo die Kickdrum sich dem Folgen eines Musters verweigert, oder auf „Cloud Animal”, bei dem der Synthbass in den Antigroove driftet. Sebastian Hinz

Skudge & Nihad Tule – Taken 002 (Taken)

Skudge & Nihad Tule - Taken 002 (Taken)

Elias Landberg und Nihad Tule sind bescheidene Künstlerpersönlichkeiten, die sich lieber hinter ihren Geräten verschanzen, als im Licht zu stehen. Nach zwei gemeinsamen Releases auf Skudge (Landbergs Label) erscheint nun die mittlerweile vierte Maxi des Duos. 

Und wieder ist es dieser schnörkellose, an Detroit geschulte Sound, dessen dubbige Untertöne und stilistische Simplizität den Reiz ausmachen.

„Cyclic Dawn” startet zurückgenommen und geradlinig, langsam erheben sich eisige Flächen über der muskulös federnden Bassline. Ihre Mutationen machen das einzige melodische Element inmitten einer elektronischen Kälte aus. Dieser edel anmutende Minimalismus erzeugt einen erhabenen, fast majestätischen Eindruck, der sich bei längerer Laufzeit nur noch verfestigt.Auf der B-Seite dagegen geht es doller zu: „Mediation” vereint gelungen einen hypnotischen Lead mit verspielt-hüpfendem Rhythmuskonstrukt – die perfekte Balance zwischen irrer Bewegtheit im Track und beständigem Beat. Der Abschluss dann ein wilder Hardware-Ritt aus dem Lehrbuch, mit ständigem Acid-Gezwitscher, sengenden Hi-Hats und Co. Leopold Hutter

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