Melbourne, Australien, meldet sich lautstark und pustet dabei in die richtigen historischen Fanfaren. Prequel hatte ja bereits auf EPs wie Freedom Jazz Dance oder Polite Strangers für das Londoner Label Rhythm Section eine sehr spezifische Vorstellung von House zurückgebracht in die Clubs. Eine, und hier passt der Begriff, pulsierende Version von House, die stark erinnert an die Frühzeiten von New-York-House-Music, die flaumiger daherkam als die Klänge aus Chicago.
Zudem vermixt Prequel Teilchen aus HipHop, Jazz und Spoken Word. So wurde etwa „Saints“ 2017 zum Hit in den Clubs, als Prequels Melbourner Freund, der MC Cazeaux O.S.L.O., zu einem über-klassischen Beat eine Kaskade lateinamerikanischer und afro-amerikanischer Künstler*innen aufzählte, die Säulenheiligen eben: Octavio Paz, The Buena Vista Social Club, Billie Holiday …. Gerade auch diese HipHop- und Jazz-Referenzen machen Prequels House zu einem New Yorker House, geboren um 1990 herum, und doch ganz fresh. Auch auf seinem ersten Album, das jetzt erscheint: Love Or (I Heard You Like Heartbreak).
„Love Is Not The Message“ meditiert sprechend im titelgebenden „Love Is“ abermals Cazeaux O.S.L.O. über das Thema der 12 Tracks. Um weiter fortzuführen, es sei eher eine Methode. Dazu ein trippelnder Beat, der klingt, wie eine Salsa-Prozession aussehen könnte, tänzelndes Voranschreiten bei konstanter Rotation der Körper. Im dazugehörigen Video, weitere sollen folgen zu den Tracks von „Love Or“, gehen Harry und Sally spazieren, lächelt Uma Thurman keck, filmt sich Strahlemann Joaquin Phoenix, und die arme Whoopi Goldberg muss den Geist des Patrick Swayze manifestieren. Das alles ist die Illusion von Liebe, und doch überrascht es, wie sehr viele dieser Filmszenen als Marker der Liebe gesetzt sind.
Prequel liebt es, Versatzstücke viermal, achtmal, 32-mal zu loopen, alle paar Takte darf mal ein neues Fingerschnippen aufpoppen oder, Sensation, eine Snare Drum irgendwann dann.
Und natürlich muss Prequel, bürgerlich Jamie Lorusso-Zyskind, aufgewachsen in einer jüdisch-italienischen Familie, hier keine Antwort geben, wir sind hier schließlich nicht in der Ratgeber-Literatur. Was er stattdessen tut: House und Liebe uniten. Das geht schon mit dem richtig guten, richtig altmodischen Intro los, mit dem Sprachsample „I Need Your Love“ zu Cocktail-Jazz und sagt damit: Classico! Das ist so der Geist. „When Love Is New“ zeigt die Verliebtheit als 360°-Panorama der Verspultheit, einen Zustand, in dem sich die Welt biegt und zur gleichen Zeit alles viel, viel schneller abläuft und total langsam. Bei 125 Schlägen pro Minute hat der Beat Raum, sich aufzubauen. Prequel liebt es, Versatzstücke viermal, achtmal, 32-mal zu loopen, alle paar Takte darf mal ein neues Fingerschnippen aufpoppen oder, Sensation, eine Snare Drum irgendwann dann. Die Offbeats in der Rhythmus-Sektion haben das Synkopische von lateinamerikanischen und afro-kubanischen Musiken.
Um ihnen Kontrast zu geben, taucht mittendrin ein Ruhe-Break auf und macht Platz für eine Violine. „I Tried To Tell Him“ hat die ausgeprägt körperlichen Drum-Sounds der Masters At Work-Produktionen, mit dem Unterschied jedoch, dass wie schon in früheren Prequel-Tracks das „Jazzige“, hier ein Piano-Geklimpere, ja wirklich Geklimpere, keine tragende Rolle spielt, sondern im Gegensatz dazu abläuft als Nebengeschichte. Am Ende: Applaus aus einer TV-Show. „I’ll Never Stop Loving You“ vergeht ähnlich, ein jackender Groove, ein Sopransaxofon, eine Frauenstimme. Weitere Interludes und das Outro bestehen im Grunde komplett aus Samples alter Stücke. Eines der wenigen Fotos zeigt Prequel unter einem großen Poster sitzend, darauf die berühmte Maske des Rap, MF DOOM, vom Kollabo-Album „Madvillain“ mit Madlib. Diese rohe Energie bei gleichzeitiger Leidenschaft für das Physische und Wuchtige, die zeichnet dieses House-Album aus. Heute nur L.I.E.B.E. für dich, mein Schatz! Diese Worte gehen über und verhallen in das große „And That’s The Story Of Their Love“. Hebt an, zu kicken.