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Anna Adams (objekt klein a) – Groove Resident Podcast 9

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Foto: Adele Dittrich Frydetzki (Anna Adams)

„Auf die Residents kann man sich verlassen, persönlich und inhaltlich. Sie kennen den Club, die Gäste, die Anlage, und sie sind ein Grundpfeiler der musikalischen Identität eines Clubs, also ebenso wichtig wie die Architektur, der Raumklang oder die Gestaltung“, sagte einst Nick Höppner in der Groove. Mit unserem zweimonatlichen Resident Podcast wollen wir ihnen den gebührenden Respekt zukommen lassen.

Schon ein Blick auf die Tracklist von Anna Adams‘ Mix für unseren Groove Resident Podcast zeigt, dass der Lokalkolorit auch in der Plattentasche steckt: Ein frühes Release von Avalon Emerson auf dem shtum-Ableger des Dresdner Labels Uncanny Valley findet sich dort genauso wie ein Track von einer der dienstältesten Techno-Legenden der Stadt, Lockertmatik. Der Mix selbst ist als eine Art virtuelle Führung durch den Club gedacht, der sich innerhalb von nur drei Jahren als eine führende Institution etablieren konnte: Die Räumlichkeiten und Klangeigenschaften des objekt klein a werden aus Resident-Perspektive in musikalische Form gebracht.

Wie andere Clubs auch ist das objekt klein a von den wirtschaftlichen Konsequenzen der Schließung beeinträchtigt, die in Reaktion der COVID-19-Pandemie stattfand, und fungiert derzeit lediglich als Biergarten. Über einen Soli-Shop sammelt das Team aktuell Geld, um über die Runden zu kommen. Nach einer ganzen Reihe von Clubschließungen in der Elbstadt während der letzten Jahre scheint dies dringender denn je zuvor, auch weil damit kulturelle Gegenprojekte angeboten und sozialpolitische Organisation ermöglicht wird, wo in der vergangenen Zeit regressive Politik in den Parlamenten die Überhand gewann. Diverse Kulturzentren hatten sich unter dem Namen Klubnetz Dresden e.V. bereits Anfang des Jahres zusammengeschlossen, um sich effektiver für ihre Interessen einsetzen zu können.


Das objekt klein a wurde im Jahr 2017 per Crowdfunding aus der Taufe gehoben, nachdem sich regionale Crews mit dem Ziel einer Clubgründung zusammengetan hatten. Wann bist du als Resident hinzugestoßen und wie kam es dazu?
Auf einem privaten Geburtstag hat mir ein Freund und objekt-klein-a-Mitglied ziemlich betrunken erzählt, dass sie darüber nachdenken, mir die Resident-Stelle anzubieten. Das muss Ende 2017 gewesen sein. Ein paar Wochen später kam dann die offizielle Anfrage. Zu dem Zeitpunkt war schon klar, dass ich für ein halbes Jahr für eine künstlerische Recherche nach Los Angeles gehen würde und ich fand es toll, dass sie mich trotz der räumlichen Distanz vertreten haben. Ich war nach LA für ein gutes Jahr in Amsterdam, bin seit Anfang 2020 wieder in Dresden und froh, jetzt wieder dichter am Club dran zu sein.

Wie lief dein erstes DJ-Set dort?
Ich habe dort schon gespielt, bevor ich Resident wurde. Mein erster Gig war eine wunderbare Gastveranstaltung des feministischen Kollektivs böse&gemein, zu dem ich damals gehörte, und dem ich immer noch sehr nahe stehe. Die Veranstaltung war eine Mischung aus Input, Performance, Live-Musik und Party. Ich habe den großen Floor mit einem Techno-Set eröffnet. Es war aufregend und schön, mit meinen Freund*innen dort zu feiern und diesen Ort kennen zu lernen.

Was hast du im Laufe deiner Residency im objekt klein a gelernt?
Durch meine Residency-Position ist mir deutlich geworden, dass jeder Gig davon bestimmt ist, wer ich wo bin. Jeder Gig ist unterschiedlich, das Standing ist immer ein anderes. Spiele ich ein Closing als Resident/Local oder spiele ich als Headlinerin zu Gast in einer anderen Stadt – das bringt jeweils einen ganz anderen Anspruch, andere Vorteile und Herausforderungen mit sich. Mir ist die Anbindung an eine lokale Szene wichtig, sie bildet einen Referenzpunkt für Erfahrungen in anderen Städten.

Gab es einen besonders denkwürdigen Abend?
Im wortwörtlichen Sinne denkwürdig in Erinnerung geblieben sind mir besonders Rahmenprogramme wie Talks und Vernetzungstreffen. Hier nochmals Props an böse&gemein, die 2017 ein empowerndes dreitägiges Festival mit Workshops, Screenings und Diskussionen veranstaltet haben. Auch die sexy Party Reihe Teaser von oka-Resident Nono finde ich eine wichtige Erweiterung der Clubkultur in Dresden. Außerdem ist es immer ein Highlight, wenn ich mit meinen Heroines spielen darf: Lux, Avalon Emerson, und in der Party Reihe XXY_ von oka-Resident Albrecht Wassersleben mit Dr. Rubinstein und Inga Mauer.

Welche Anforderungen bringt der Job des Residents für dich im Vergleich zu einzelnen Gigs in anderen Clubs mit sich?
Das bringt eigentlich kaum Anforderungen oder Verpflichtungen mit sich, eher Vorteile wie zum Beispiel die Anlage und Räume zu kennen. Und es ist natürlich toll, wenn viele Freund*innen da sind, wenn ich spiele. Wenn ich’s dort verkacke, dann hören es aber auch alle. (lacht) Der Club ist auch ein Ort für Vernetzung mit anderen DJs.

Das objekt klein a hat sich von Anfang an als sozialpolitisch ausgerichtetes Projekt präsentiert. Ist dir eine Positionierung der Clubszene persönlich wichtig? Inwiefern bist du als Resident in das außermusikalische Geschehen des Clubs eingebunden?
Mir ist eine sozialpolitische Positionierung von Clubs und generell in der Clubszene wichtig. Themen wie Sexismus und Rassismus lassen nicht nicht aus der Clubkultur raus-x-en. Eine „Im Club sind wir alle gleich“-Politik finde ich fatal. Ich finde, dass das Thematisieren auch über zum Beispiel Statements und Awareness-Konzepte hinaus gehen sollte, indem es Veranstaltungen mit Aktivist*innen gibt, politische Themen direkt im Club diskutiert werden und die eigene Politik öffentlich kritisch hinterfragt wird. Vernetzung mit nicht-Musik-fokussierten Bereichen finde ich dabei wichtig und hilfreich und auch authentisch, denn eine umfassende Politik kann nicht alleine bewältigt oder bewegt werden. Ich bin bisher in keine außermusikalischen Aktivitäten eingebunden.

Aktuell ist der Dancefloor des objekt klein a geschlossen und wird es vermutlich auf lange Zeit noch bleiben. Wie lässt sich deiner Auffassung nach in der derzeitigen Situation die Clubszene am besten unterstützen?
Ich denke die Clubszene kann vor allem durch drei Dinge unterstützt werden: Aufmerksamkeit, Einsatz und Geld. Mit Aufmerksamkeit meine ich das sichtbar machen der schwierigen Situation. Mit Einsatz meine ich zum Beispiel weiterhin für den Club zu arbeiten, aufzulegen, Promo zu machen, auch wenn dabei gerade keine Bezahlung möglich ist… Für Soli Streams spielen, Aufrufe und Kampagnen teilen, mitorganisieren. Im objekt klein a läuft nun ein Biergarten-Betrieb an: ok.abhängen! Dort zu spielen ist eine schöne Möglichkeit den Club als Ort lebendig zu halten. Und Geld, well: Spenden, so viel es geht!

Die Dresdner Szene schloss sich bereits im Januar zum Verein Klubnetz zusammen, mittlerweile lobbyiert der Interessenverband für einen Notfallplan für die sächsische Musikwirtschaft. Glaubst du an ein Entgegenkommen seitens der Politik?
Ich möchte das auf einer lokaleren Ebene beantworten: Zu diesem Moment steht die Entscheidung des rot-grünen Dresdner Stadtrates über eine Unterstützung der freien Kulturstätten aus. Der finale Entschluss fällt voraussichtlich im Juli. Ich bin tatsächlich gerade positiv gestimmt, was in Bezug auf Politik in Dresden nicht so häufig der Fall ist. Vielleicht versteht die Regierung langsam, nach dem Ausfall des Tourismus, wie wichtig die lokale, freie Szene ist und wie viel Arbeit sie leistet, um eine lebendige, facettenreiche Landschaft zu schaffen. Das wäre jedenfalls wünschenswert.

In der entsprechenden Pressemitteilung ist von einer drohenden Pleitewelle im Kultursektor die Rede. Wie bist du als DJ von den wirtschaftlichen Konsequenzen der COVID-19-Pandemie betroffen?
Da der Großteil meiner Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit als Künstlerin und DJ kommt, bin ich selbst stark betroffen. Um zwischenmenschliche Beziehungen nicht mit privaten Krediten oder Ähnlichem zu belasten, habe ich auf staatliche Soforthilfe zurückgegriffen.

Was war die Idee hinter deinem Beitrag für unseren Resident-Podcast?
Ich habe bei meinem Mix an die Räume im oka gedacht, bin im Kopf immer wieder durch sie hindurch gelaufen. Das objekt klein a ist für mich ein Ort, der sich räumlich und atmosphärisch immer weiter verändert, er fühlt sich in seiner materiellen Struktur sehr organisch an. Mir gefallen die Wegeführungen dort sehr, es gibt kaum Deadends, aus fast jedem Teil des Clubs gibt es einen Ausgang zum Außengelände, das wiederum – besonders im Sommer – weitläufig ist und ebenso Nischen für Rückzug bietet. Die beiden Indoor-Floors haben eine recht unterschiedliche Atmosphäre. Klein a ist warm, bunt, belebt, dort habe ich automatisch Lust mit Menschen im Kontakt zu sein, andere zu beobachten. Groß A ist dunkel, eckig, schwarz, mit harten Kontrasten, dort kann ich beim Tanzen mehr in mich abtauchen und das Außen ausblenden. In meinem Mix habe ich versucht, dieses Bewegen durch die Räume abzubilden: verschiedene Farbigkeiten von Musik, eine Verschnaufpause zwischendurch, ein harter Bass-Drop, wenn ich den Floor wechsele, dumpfe Klänge auf den Toiletten, Nacht, Tag.

Last but not least: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Vor der Pandemie wurde ich von Dr. Pop und John Meckel DJ vom oka gefragt mit ins Booking einzusteigen und habe da große Lust drauf. Die Pläne liegen nun auf Eis, werden aber hoffentlich aufgenommen, sobald wir wieder veranstalten dürfen. Ich habe in der Vergangenheit immer mal wieder Edits von Tracks und Songs produziert. Das möchte ich zukünftig gern intensiver verfolgen. Außerdem bin ich mit dem Dresdner Label Uncanny Valley, das mich auch künstlerisch vertritt, im Gespräch, gemeinsam an einer Compilation zu arbeiten. Stay tuned!

Stream: Anna Adams – Groove Resident Podcast 9

01. Pontus Björland – Unknown (Jens, 2016)
02. Godzilla vs. Metalhead – Destroy My Brain (Acid Planet, 1995)
03. Terrance McDonald – Mind Over Matter (Saber, 1991)
04. Reless – Cycle (World Talk, 2017)
05. Karlist – Skins Off (Russian Torrent Versions, 2014)
06. Moonman – Galaxia (Sci-Fi, 1996)
07. Dimitri S. – Filter Slide (Dance Drugstore, 1994)
08. Space Cube – Disruptive (Force Inc. Music Works, 1992)
09. Lem – Dump (Drowned, 2016)
10. Avalon Emerson – Sword And Rose Forever (Shtum, 2015)
11. Erdem Tunakan & Alpha Tracks – Back From U.S. (Cheap, 2017)
12. Area – Area-1 (R. Sound) (Intelligence, 1994)
13. Optica – Rising High (Kinetix, 1993)
14. Juju & Jordash – Dubsex (Golf Channel, 2012)
15. Bazz – Factory Beat (55 Mix) (Diki, 1990)
16. Overmono – Telephax 030 (XL, 2017)
17. Andy Stott – Massacre (Modern Love, 2007)
18. Lockertmatik – 313 – 0351 (Shtum, 2017)
19. Seawash – Close (Vox) (Delsin, 2012)

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