Alle Fotos: Henry W. Laurisch

In diesem Interview zum fünften Jubiläum des IfZ, des Institut fuer Zukunft, kommen zwei Musikerinnen und Aktivistinnen zu Wort, die den Sound des Clubs wie niemand anders geprägt haben: Maria, die den Leser*innen eher als Solaris bekannt sein dürfte, war von Beginn an Bookerin & Resident im IfZ. Im letzten Jahr wurde sie als Bookerin des Clubs von Neele, ebenfalls IfZ-Resident, abgelöst. Im Rahmen seiner Reportage über den Club hat Steffen Kolberg mit beiden gesprochen.

Maria und Neele, aus was für Zusammenhängen kommt ihr? Und was ist eure Geschichte mit dem IfZ?
Maria: Ich bin seit 2011 DJ und bin recht früh auf die Vertigo Crew gestoßen. Das war eine der Gruppen, die das IfZ mitgegründet haben. Ich war dann an der Gründung des KreV, des Kulturraum e.V., beteiligt, der zwar mit dem IfZ zusammenhängt, aber ein Stück weit unabhängig von diesem agiert. Relativ schnell war klar, dass ich mich wohl auch für das Booking eignen würde, weshalb ich das dann neben KreV und Studium noch anteilig mit übernahm. Noch vor der Eröffnung habe ich mich um die Programmkonzeption und die ersten Veranstaltungen gekümmert, ab dann war das eigentlich mein Hauptjob. Inzwischen bin ich Resident und sonst nichts mehr, den Bookingjob hat Neele wunderbarerweise übernommen.

Neele: Ich habe lange im Conne Island in Leipzig Connewitz gearbeitet und dort die Programmplanung inklusive Kultur- und Politveranstaltungen gemacht. Die entstehende IfZ-Crew hat sich damals immer bei uns im Backstage getroffen, und damals wurden wir aus dem ConneIsland-Bookingbüro ständig für Fragen rübergeholt. Ein Teil des IfZ ist aus dem Conne Island entsprungen, personell, konzeptuell und auch politisch. Nach langer Zeit war mir nach einem Tapetenwechsel, und das war genau zu dem Zeitpunkt, als Maria hier aufhörte. Dann saß auch ich plötzlich hier.

“Man wollte eben nie nur ein Club sein, in dem die Leute tanzen, sondern man wollte auch politisieren und einen Schutzraum schaffen für Leute, die anecken im Mainstream.” MARIA

Welche Akteurinnen und Intentionen standen hinter der Gründung des Clubs?
Maria: Es gab da, wie erwähnt, die damals vergleichsweise junge Vertigo-Crew, die an verschiedenen Orten in Leipzig ihre Partyreihe veranstaltet hat. Sie hatte diesen Fetisch-Charakter, war Sex-positiv und musikalisch im Bereich Industrial Techno verortet. Das waren schon ziemliche Alleinstellungsmerkmale vor zehn Jahren in Leipzig. Damals gab es eine Unzufriedenheit darüber, keinen festen Ort zu haben und den Traum eines eigenen Ladens. Als die Crew ein Wohnhaus hier nebenan für ein gemeinsames Wohnprojekt in Betracht zog, stieß man auf diese Location. Außer Vertigo waren noch andere Crews beteiligt, nämlich das namensgebende Institut fuer Zukunft und Homo Elektrik. Es war von Anfang an klar, dass man nicht einfach nur wieder eine Disco aufmachen, sondern Raum für mehr schaffen will: politische Veranstaltungen, Theater, Workshops und so weiter. Dafür ist der Kulturraum e.V. da.

Neele: Im letzten Jahr gab es den ersten großen Generationenwechsel im IfZ. Man hat sich bewusst dazu entschieden, sich zu öffnen und neue Crews hereinzuholen. Es kommen mehr neue Leute dazu. Das braucht es auch, weil der Laden immer größer wird, wir mehr Veranstaltungen machen und uns professionalisieren. Das IfZ hat es geschafft, am Ball zu bleiben, was ja oft schwierig ist für Läden, die älter werden. Sei es personell oder konzeptuell.

Darkroom mit oder ohne Concierge? 

Am Anfang dominierten in der Wahrnehmung Industrial Techno, Darkroom und Fetischpartys. Das hat sich ein Stück weit gewandelt. Was hat sich denn konzeptuell und musikalisch in den letzten Jahren verändert?
Maria: Megaviel. Der Club sollte sich im Techno-Bereich, weil das eben auch zur Gründungsgeschichte gehörte, um die Vertigo-Reihe herum aufbauen. Aber das Booking war extrem gewagt. Das waren Sachen, die schon sehr nonkonform und eben nicht four to the floor gewesen sind, die sich inzwischen teilweise in der edgy deconstructed club music-Szene bewegen. Es ging darum, sich von den Haupt-Techno-Veranstaltungen, die den Leipziger Underground dominierten, abzuheben. Das ist natürlich total in die Hose gegangen, denn die Konkurrenz war groß. Selbst bei gut tanzbaren Techno-Veranstaltungen ist es teilweise noch so, dass die Gästezahl unberechenbar ist. Das musste sich also schnell ändern, und so hat dieser experimentelle Charakter abgenommen, was sehr schade ist.

“Das IfZ ist auch aus einem Unmut heraus entstanden. Nicht mal das Conne Island als linkester Club der Stadt hat es geschafft, offen, hierarchiefrei und geschlechtergerecht zu sein. Deshalb hat man sich dann selbst daran gemacht, so einen Freiraum zu schaffen.” Neele

Neele: Aus Conne-Island-Sicht fanden wir das früher immer ganz geil, dass das IfZ die coolen Acts gemacht hat, die wir uns halt nicht leisten konnten. (beide lachen) Aber wir haben auch ganz schnell gesehen, dass das so nicht lange gut geht. Inzwischen hat man seinen Rhythmus aber gefunden: Samstag ist im IfZ straight Techno, man kann hier herkommen und bekommt dann auch zu 90 Prozent diese Samstagspackung. Und Freitag ist immer noch der experimentellere Tag, wo man auch mal draufzahlen kann, was aber eben kulturell wertvoll ist. Das IfZ hat ein paar Jahre gebraucht, um seinen Modus zu finden. Aber welchen anderen Club gibt es, der in den ersten zwei, drei Jahren plus macht? Es ist so schwierig, sich zu etablieren. Diese Findungsphase ist immer noch Teil des Clubs und ich will sie auch nicht missen.

Gibt es den Darkroom überhaupt noch?
Neele: Ein, zwei mal im Jahr findet sich eine Crew, die den Darkroom wiederbeleben will, aber das ist tatsächlich nicht so einfach. Weil da wirklich ein ganz genaues Konzept dahinterstehen muss. Macht man das mit Concierge oder ohne? Was ist mit einem Notfallbutton? Da gehen viele Fragen mit einher und das stellt man sich wirklich einfacher vor, als es ist.

Maria: Man kann nicht einfach aufmachen und das laufen lassen.

Neele: Aber zum Thema Fetisch: Auch wenn der Darkroom so nicht existiert, ist im IfZ in dem Bereich ein Stück weit eine Normalisierung eingetreten. Man sieht teilweise auch Frauen oben ohne oder Leute im Geschirr auf normalen Partys, nicht nur auf expliziten Fetischpartys. Es ist egal, ob du hier in Turnschuhen und Jogginghose kommst oder eben im Geschirr. Das ist das coole an dem Dancefloor.

Nicht bloß Club sein

Welcher Anspruch stand damals über das musikalische hinaus hinter der Eröffnung des Clubs, und wie hat sich das über die Jahre gewandelt?
Maria: Es war wichtig, die inhaltliche Arbeit mit dem Kulturraum e.V. zusammen auszugestalten. Das hieß zum einen, diversity zu supporten, was zu dieser Zeit ziemlich Mangelware war. Dazu gehörte, ein ausgeglichenes female- und LGBT-Booking zu realisieren, was am Anfang teilweise nicht so gut gelungen ist. Jetzt sieht das besser aus. Ansonsten sollte einen Raum für Performances, Workshops und politische Diskussionen geboten werden. Auch eine Reflektion der eigenen Arbeitssituation im Clubbetrieb und der Selbstausbeutung in DIY-Projekten war schon immer Anspruch. Man wollte eben nie nur ein Club sein, in dem die Leute tanzen, sondern man wollte auch politisieren und einen Schutzraum schaffen für Leute, die anecken im Mainstream.


Der Groove Podcast von Neele

Neele: Es sollte ein neuer Freiraum geschaffen werden. Das Conne Island ist ja ein bisschen damit vergleichbar: Ein Freiraum, bei dem alle mitmachen können, der weitestgehend hierarchiefrei funktioniert und den Anspruch von ausgewogenen Line-Ups hat. Aber auch da gibt es natürlich Probleme und die Crews waren nicht immer zufrieden damit, wie es dort lief. Ich glaube, es war auch aus einem Unmut heraus, dass es nicht mal der linkeste Club hier geschafft hat, solchen Ansprüchen zu genügen, dass man sich dann selbst daran gemacht hat, so einen Freiraum zu schaffen. Man ist dem in vielen Sachen schon ein Stück näher gekommen, gerade was prekäre Arbeit angeht. Aber es ist immer noch nicht vorzeigbar, auf gar keinen Fall. Wir arbeiten alle ein paar Cent über dem Mindestlohn. Das ist auch stetig Thema. Es ist allen bewusst und klar, dass die Löhne irgendwie angehoben werden müssen. Aber es ist halt auch der Osten, es ist Leipzig. Man ist einfach schon überall an der Grenze. So etwas geht nur über Jahre, Stück für Stück.

Kollektivbetrieb versus Wirtschaftlichkeit

Gab es auch Dinge, die man zurückstellen musste, wo man gemerkt hat, das funktioniert so nicht?
Maria: Ganz klar der Anspruch an das musikalische Programm. Es war einer der Hauptansprüche, dass man sich öffnet hin zu neueren, experimentelleren Ausrichtungen in elektronischer Musik und darüber hinaus. Auch das diversity-Ding war am Anfang schwierig umzusetzen. Dann wurde die Größe komplett überschätzt. Das IfZ hatte ja einen ganz guten Vorlauf vor der Eröffnung – sehr viel Hype, sehr viel Support. Die ersten Monate liefen auch super, weil alle natürlich neugierig waren – dieses Riesenprojekt und das Berghain-von-Leipzig-Gerede. Das lief erstmal ganz gut und ist dann superschnell gecrasht, denn es ist halt einfach zu groß für eine Stadt wie Leipzig. Da sind wir schon ziemlich auf die Nase gefallen. Dann musste man in vielerlei Hinsicht Abstriche machen, was Bezahlung und Bookings anbelangt. Und auch die ganzen Bogenschläge, die Diskrepanzen zwischen organisatorischer Alltagsarbeit und der Umsetzung der politischen Ansprüche.

Neele: Dennoch ist das hier ein Freiraum und man arbeitet immer darauf hin, dass dieser weitestgehend hierarchiefrei ist. Man kann immer Sachen einbringen, die einen nerven. Wenn man merkt, dass es zu wenig Diversität gibt – das beliebte Beispiel sind Frauen auf den Line-Ups -, dann macht man das halt zum Thema. Seit 2019 trifft sich hier das Feat. Fem Kollektiv einmal im Monat: Da sitzen dreißig Frauen, diskutieren miteinander, planen Veranstaltungen. Dann gibt es nicht nur die Ableton-User-Group, sondern auch die Female-Ableton-User-Group. Man züchtet sich also auch die eigenen Künstlerinnen heran und schafft sich Abhilfe bezüglich des Anspruchs, den man verfolgt.

“dreiMonatlich gibt es ein großes Plenum, das offen ist für alle, die in diesem Club irgendwas machen und auch für Interessierte. Da kann man sich einbringen und auch Themen vorher auf die Tagesordnung setzen lassen. Das isT nicht ÜBLICH in vielen Technoclubs.”  NEELE

Maria: Die Sache mit der Hierarchie und dem kollektiven Anspruch ist tatsächlich auch lange problematisch gewesen: Man ist eine Gruppe, die wächst und alle können immer mitarbeiten und haben Entscheidungsgewalt. Das hat sich als schwierig in dieser Dimension herausgestellt. Es gab oft große Diskussionen und Streit über Entscheidungen, die das Büro getroffen hat und die dann in der Crew teilweise auf Unmut gestoßen sind. Ich glaube, das hat man sich am Anfang auch ein bisschen anders vorgestellt.

Neele: Das ist die große Diskussion im IfZ: Kollektivbetrieb versus Wirtschaftlichkeit. Man ist eine GbR, man muss Geld erwirtschaften. Aber auf der anderen Seite soll die Möglichkeit der Teilhabe am Projekt sehr niedrigschwellig sein, alle Personen sollen mitmachen können. Das ist total schwer, und man wird das auch nie ganz auflösen können. Es muss nur immer wieder allen bewusst sein und es muss auch immer wieder eine Diskussion darum stattfinden. Und so wurden Instrumente und Methoden geschaffen, das alles einzubinden. Es gibt zum Beispiel eine Art Clubrat, der ehrenamtlich agiert. An den kann man sich immer wenden, wenn man irgendwelche Probleme hat oder wenn man Probleme im Club sieht. Die arbeiten das auf und stellen es zur Diskussion. Alle drei Monate gibt es ein großes Plenum, das offen ist für alle, die in diesem Club irgendwas machen und auch für Interessierte. Da kann man sich einbringen und auch Themen vorher auf die Tagesordnung setzen lassen. Das ist, glaube ich, nicht normal in vielen Technoclubs.

Kritische Männlichkeit, prekäre Arbeit, Antisemitismus

Wie steht es um das Geschlechterverhältnis im Clubbetrieb?
Neele: Die Crew, in der es wahrscheinlich am schwierigsten ist, Frauen bzw. weiblich gelesene Personen zu finden, ist die Security. Und selbst da sind wir jetzt bei einem Drittel. Das IfZ ist ein Laden, in dem es normal ist, dass Frauen überall mitmachen. Man muss das hier gar nicht so oft zum Thema machen. Aus Booking-Sicht ist es mir trotzdem noch zu wenig, aber dieser Kampf ist auch nicht morgen gewonnen. Ich habe da noch Ausdauer.

Wie versucht das IfZ, Politik und Party zu verbinden?
Neele: Da gibt es verschiedene Ebenen. Stadtpolitisch haben wir letztes Jahr ganz schön viel gerissen. Wir haben uns sehr bei der Abschaffung der Sperrstunde in Leipzig engagiert. Inzwischen liegt der Antrag auf Landesebene in Dresden. Es gibt auch eine gut funktionierende Clubkommission. Die Berliner sind immer total neidisch auf uns, dass wir so gut mit allen Clubs zusammenarbeiten und das nicht so ein Ellenbogen-Booking ist, sondern wir uns gegenseitig unterstützen. Ansonsten steckt man mit dem Kulturraum e.V. schon sehr in linken Diskussionen. Der Verein hat sich selbst ein sehr hohes Niveau erarbeitet, das hätte niemand gedacht vor fünf Jahren. Es geht da inhaltlich um alles – kritische Männlichkeit, prekäre Arbeit, um Antisemitismus. Und weiterhin gibt es politische Statuten im IfZ, den Anspruch an Emanzipation, Empowerment, Antirassismus und so weiter.

“Stimmt, das war wirklich ein Riesenskandal, als es hier dann zehn Euro Eintritt gekostet und so ziemlich jeder Gast an der Tür diskutiert hat. Inzwischen wird mehr gesehen, warum das so viel kostet.” Maria

In Sachsen könnte ab Herbst vielleicht die AfD mitregieren. Was bedeutet das, wenn man Teil der politischen Feierszene in Sachsen ist?
Neele: Wir wappnen uns schon. Es wird problematisch werden für solche Projekte wie das IfZ und das Conne Island. Man versucht, das so gut wie es geht mitzudenken, sich auf allen Ebenen zu vernetzen, aber es ist halt Sachsen.

Maria: Die AfD ist ja nur ein Symptom des Problems, genauso wie zum Beispiel die Verschärfung des Polizeigesetzes. Ich kann mir vorstellen, dass es zukünftig noch viel mehr Schikane geben wird und Steine, die nonkonformen Kulturprojekten in den Weg gelegt werden. Ich glaube, es wird viel schwieriger für solche Freiräume, weil es in jeder Hinsicht einen Rechtsruck gibt.

Neele: Man spürt das auch jetzt schon. Die AfD sitzt im Stadtrat von Leipzig und man wird schon mit sehr vielen kleinen Anfragen schikaniert. Nichtsdestotrotz machen wir unsere gute kulturelle und politische Arbeit weiter. Wir sind der Stadt sehr wohlgesonnen und diese auch uns, wir haben guten Kontakt zum Kulturamt, zur Uni, zum StuRa [dem Student_innenrat der Uni Leipzig]. Es gibt da sehr wenige Reibungspunkte. Aber uns ist total bewusst, dass sich das ab September ändern kann. Und dass dann auch eine Stadt vielleicht nicht mehr so viel Handhabe hat, uns zu schützen.

Ja nicht mehr als 8 Euro verlangen

Wie hat sich die Feierkultur in Leipzig in den Jahren seit Eröffnung des IfZ verändert?
Neele: Sie hat sich krass verändert. Ich würde auch nicht sagen, dass das nur am IfZ liegt. Leute ruhen sich gerne darauf aus, zu sagen: Ihr als neuer großer Club habt alles verändert. Da ist man tatsächlich oft im Visier von Gentrifizierungsgegnern, aber das ist Quatsch. Wir arbeiten alle für Mindestlohn, halten die Preise so niedrig, wie es geht, sodass sich alles trägt. Abgesehen davon, dass das hier alles kollektiv selbst geschaffen ist. Das hat nichts mit Gentrifizierung zu tun. Aber Leipzig ist halt eine der Städte mit dem meisten Zuzug, und man merkt das schon, gerade in den letzten fünf Jahren. Es war schon immer eine Stadt, in der es viele Off-Locations und Projekte auf Zeit gab, und die verschlingt es gerade viel mehr als so einen großen, mittlerweile zum Glück doch schon etablierten Club.


Der Groove Am Deck Podcast von Maria/ Solaris 

Also einfach mehr Druck, auf die kleineren, temporären Locations?
Neele: Ja. Wobei das meiner Meinung nach gar nicht so sehr an den großen Clubs liegt. Das Conne Island und die Distillery hier gegenüber waren die ersten, die in der Größe Techno- und House-Partys gemacht haben. Ich glaube, die beiden haben schon am meisten zu spüren bekommen, dass es jetzt hier noch einen anderen Ort gibt. Nichtsdestotrotz gehen insgesamt viel mehr Leute aus. Ich frage mich immer, wo jedes Wochenende diese Massen herkommen.

Maria: Ich finde das auch total verrückt. Was mir auch immer im Gespräch mit Leuten auffällt, die Leipzig nicht so gut kennen: wie viele große Technoclubs es gibt, die irgendwie parallel existieren können in einer Stadt, die eine halbe Million Einwohner hat.

Neele: Letztes Jahr, als es das So&So noch gab und das Mjut neu war, gab es in dieser Stadt acht Läden mit einer ähnlichen Größe – sehr groß. Das ist krass. Und dazu kommen immer noch kleine Läden, die so aus dem Nichts aufploppen. Eine positive Entwicklung finde ich, dass Leute inzwischen gewillt sind, Geld für Kultur auszugeben und die Eintrittspreise akzeptierter sind als früher. Früher hieß es, ja nichts über acht Euro machen, obwohl man eigentlich hätte zwölf nehmen müssen. Nur damit überhaupt Leute kommen. Ich finde es sehr gut, dass das inzwischen anders ist. Die Mindestgagen sind stabiler. Natürlich spielt man irgendwo seinen Gig immer noch für Spritgeld. Aber dass man dennoch besser planen kann und gesehen wird, dass Platten Geld kosten, finde ich wirklich eine gute Entwicklung.

Maria: Stimmt, das war wirklich ein Riesenskandal, als es hier dann zehn Euro Eintritt gekostet und so ziemlich jeder Gast an der Tür diskutiert hat und das IfZ in irgendwelchen Medien als ‘scheiß Hipsterladen’ bezeichnet wurde. Inzwischen wird mehr gesehen, warum das so viel kostet. Dass es nicht darum geht, sich zu bereichern.

Die Zukunft des Institut fuer Zukunft 

Ihr seid beide hier auch Residents. Ist es für euch etwas besonderes, sowohl organisatorisch beteiligt zu sein – oder gewesen zu sein – als auch musikalisch im Club?
Maria: Ich fand es schwierig, weil ich mich dann selber nicht irgendwo reinbuchen wollte. Ich habe dann teilweise eher auf meinen Gig verzichtet, um andere einzubauen.

Neele: Das kann ich zu hundert Prozent nachvollziehen, mir geht es gerade genauso. Ich bin immer ganz froh, wenn mich externe Veranstalter fragen, ob ich auflegen will. (lacht) Dennoch gibt es nichts geileres, als in Trakt I auf der Kirsch-Audio-Anlage zu spielen. Das ist wirklich kaum vergleichbar mit anderen Läden.

Maria: Zum Spielen ist es nach wie vor mein Lieblingsladen. Es macht einfach unglaublich viel Spaß auf verschiedenen Ebenen.

Wie sehen die nächsten fünf Jahre aus? Was gibt es für Zukunftspläne?
Neele: Das ist wirklich schwer zu sagen. Wir versuchen auf jeden Fall, noch fünf Jahre zu machen, aber es hängt auch viel von äußeren Faktoren ab. Niemand weiß bis heute so richtig, was aus diesem Gebäude wird. Wir rennen immer wieder allen neuen Vertragsverlängerungen hinterher, was recht nervig ist, weil man so nicht lange planen und keine Bauarbeiten auf lange Sicht durchführen kann. Das ist schon sehr anstrengend. Aber gerade sind wir eigentlich ganz positiv gestimmt, dass das hier auch noch fünf Jahre gehen kann. Und es gibt auch noch so viele Leute, die uns besuchen wollen. Das dauert schon noch fünf Jahre, bis die alle hier waren.

Und was erwartet uns zum fünfjährigen Jubiläum?
Maria: Vom 17. bis 21. April ist das fette Geburtstagswochenende, mit fast all unseren musikalischen Steckenpferden. Es wird auch eine Platte von Residents und dem erweiterten Umfeld geben, das erste Mal vom IfZ.

Neele: Es kommt auch eine Foto-Ausstellung – mit Fotoverbot. (beide lachen) Es war ein sehr schwieriges Unterfangen, ein Fotoprojekt über einen Club zu machen, in dem es ein Fotoverbot gibt. Die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass kein Foto im Internet landet, war Analogfotografie. Und so wurden wir im letzten Jahr von den zwei Künstlerinnen Dana und Sophia begleitet. Wir haben es alle noch nicht gesehen und sind selber sehr gespannt. Die Ausstellung wird am 18.4. eröffnet und läuft dann eine Woche in der Galerie für Zeitgenössische Kunst.

Unsere Reportage über das IfZ findet ihr hier.  

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