5Yaeji – Blowing Up The Workshop: Karaoke Mix


Vor allem im Zusammenhang mit Perel las man in den letzten Monaten immer wieder von sogenannten Hybrid-Sets, die Auflegen und vokale Live-Performance verschmolzen. Yaeji geht in ihrem 40-minütigen Karaoke-Set für Blowing Up The Workshop einen ähnlichen Weg, agiert dabei stimmlich aber deutlich zurückhaltender als Annegret Fiedler. Das gilt auch für die Selektion der Tracks, denen die Amerikanerin mit ihrer unverwechselbaren, säuselnden Intonation neue Facetten verpasst. Am besten gelingt das eindeutig bei Chaos In The CBDs „Accidental Meetings“, das sich zu einem großartigen Duett mit Jaye P. Morgans Vocal-Sample entwickelt. Doch auch zu den restlichen Stücken passt Yaejis assoziativer, mal aus Wörtern, mal aus Summen bestehender unaufdringlicher Gesang hervorragend. Ganz gleich, ob es sich um rasante Breaks oder Footwork von DJ Rashad handelt. Maximilian Fritz

4Pinch – XLR8R: Influences 11


Am Anfang ist es still. Dann drehte jemand am Knopf eines FM-Radios und wir hören, wie die Nadel durch das Frequenzband gleitet. Die Popmusik und Popkultur der Achtziger schwappt aus dem Äther, Kylie Minogue und die Lasergewehre aus der Transformers-Animationsserie. Irgendwann reißt das monströse Gitarrenriff von Guns N Roses´“Welcome to the Jungle“ abrupt ab, und Beavis & Butthead lachen sich schlapp. Es ist der Dubstep- und Bass-Music-Act Pinch, der sich hier durch das M-TV-Age skippt. Für den „Influences“ Podcast von XLR8R arbeitet er seine musikalische Sozialisation nach und lässt dabei auch nicht das erste Kapitel aus.

Aus den Guilty Pleasures der Teenagerzeit schält sich der Dub von Mad Professor oder Scientist heraus. Mit Hardcore-Tracks von DJ Mayham oder Flowers wirft Pinch uns in die wüsten Raves der frühen Neunziger. Mit DJ Die und Dillinja kommen wir beim Drum & Bass der klassischen Phase an. Dann reißt das Breakbeat-Kontinuum ab, und er richtet sich mit dem Berliner Techno von Basic Channel ganz neu aus. Faszinierend ist dieser Mix nicht nur durch seine biographische Schlüssigkeit sondern auch durch die Pausen, die Pinch oft setzt, die jede Tune als Artefakt aus einer anderen Zeit aufblitzen lassen. So verdichten sich diese Schnappschüsse zu Schlüsselsituationen eines musikverrückten Lebens. Alexis Waltz

3CCL – HNYPOT 291: CCL’s Ode to the Queer Steppas


Für die Podcast Serie des DJ-Kollektivs und Labels Honey Soundsystem hat die in Seattle lebende CCL diesen außergewöhnlichen Mix aufgenommen. Sie nennt ihn „Ode to the Queer Steppas“ und widmet ihn ebenjenen in der ganzen Welt. In den ersten 30 Minuten mag der tanzende Beigeschmack des Wortes „Steppas“ verwirren. Denn CCL verwebt Dubstep mit dichten Trommelrhythmen mit Dub und schafft so einen komplex pulsierenden Strom, der auf Tanzflächen mindestens für Irritation sorgen würde.

Mit der zweiten Hälfte gewinnt der Mix an Fahrt. Ein wilder Mashup aus Bandulu und Marie Davidson markiert den Übergang in eine Phase, die sehr viel knackiger daherkommt. Nun ist die Party in vollem Gange. Um den Kreis zu vollenden, bettet CCL die Hörer*innen gegen Ende in entschleunigte, futuristische Bass Music, zum Beispiel von Pinch und Shackleton. Ein Mix, der sich an der Schnittstelle zwischen “zu kompliziert für den Club” und “unheimlich tanzbar” befindet und gerade damit besticht. Cristina Plett

2Anatolian Weapons – Digital Tsunami 159


Dass Tracks von Anatolian Weapons aus Athen ihren Weg in die Sets von Lena Willikens gefunden haben, ist keine Überraschung: Seine entkoppelten, vielschichtigen Synthpattern entwickeln eine Psychedelik, die die Hirnwindungen ineinanderflechtet, die Willikens oft in ihren Sets zelebriert. Diese Set von ihm selbst ist eine Entdeckung. Der spröde, technoide Sound erinnert an Ron Morelli und dessen Label L.I.E.S.. Anatolian Weapons klingt dabei aber weniger noisig und vor allem weniger aggressiv. Ebenso kommt er ohne Selector-Exotismen aus. Er verwebt Krautrock, Space Disco, Techno und lokale folkloristische Musik aus dem Balkan, aus Anatolien und besonders aus der entlegenen griechischen Region Epirus an der albanischen Grenze. In seiner Entschiedenheit, in die Krassheit und Einzigartigkeit der Sounds einzutauchen, klingt er durch und durch zeitgenössisch. Manchmal blitzen in dem Set aber ganz andere Epochen auf. Mal meint man sich auf einer krassen Jam irgendwann in den Siebzigern zu befinden, mal auf einem der Goa-Raves, auf denen er in den Neunzigern die elektronische Musik kennengelernt hat. Alexis Waltz

1Fatima – Dekmantel 206


Mit dem Club und elektronischer Tanzmusik hat Fatimas Dekmantel-Mix erwartungsgemäß so gut wie nichts zu tun. Stattdessen verarbeitet die Soul-Sängerin Trip Hop, R’n’B und Hip Hop zu einem 47-minütigen Manifest gegen die allmählich einsetzende Winterdepression. Hier zählen keine glatten Übergänge oder galantes Mixing, Fatima versteht sich eindeutig als Kuratorin und verlässt sich ausnahmslos auf prägnante Vocals. Diese schieben sich entweder gerappt oder gesungen über die gemächlichen Beats. Zum Warmwerden vor dem Weggehen eignet sich das keineswegs, selbst für die meisten Afterhours geriet der Mix wohl zu entschleunigt und distinguiert. Seine Stärken spielt er dagegen eindeutig auf Zug- bzw. Fernbusfahrten über die Kopfhörer aus. Kontemplation pur! Maximilian Fritz

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