burger
burger
burger

KANN: „Man muss selber was machen, damit was passiert“

- Advertisement -
- Advertisement -

Vorschaubild: Map.Ache (links), Bender (rechts), gute Laune (drumrum). Alle Fotos von Ria aka Lux, mit freundlicher Genehmigung von KANN

Zehn Jahre alt wird das Leipziger Label KANN in diesem Jahr – in House-Zeitrechnung eine kleine Ewigkeit. In der Zeit hat sich das Label mit einem melancholischen, tendenziell reduzierten House-Sound überregional einen Namen gemacht und ist dennoch seiner Heimat, Leipzig, verbunden geblieben. Ähnlich stark wie seine Wurzeln ist der Stamm des Labels. Nach und nach hat er sich über die Jahre aufgebaut: Dazu zählen abgesehen von den drei Gründern, Sevensol & Bender und Map.ache, Künstler wie Falke, Polo oder Philipp Matalla. Ein paar von ihnen sind auf der bald erscheinenden Jubiläumscompilation Family Horror X Good Times zu finden. Freunde des Labels und neue Aliasse sind auch dabei. Damit auch sicher alle unterkommen, gibt es eine KANN-Tour, die sich über das ganze Jahr durch verschiedene Clubs erstrecken wird. Es dürften also ein paar intensive Monate vor der Truppe liegen. Bevor es so richtig losgeht, haben wir uns mit zwei Drittel der Labelbetreiber unterhalten, Sevensol alias Alex und Map.ache alias Jan (zusammen: Manamana). Es wurde überraschend wenig in Erinnerungen geschwelgt. Stattdessen ging es reflektiert um die eigene Labelarbeit, einen „KANN-Sound“ und natürlich Leipzig.

 


 

Ist KANN immer noch sehr verwurzelt mit Leipzig? Oder meint ihr das hat sich inzwischen ein bisschen gelöst?
Jan: Ich glaub, es ist immer noch verwurzelt. Also es war sicher so, dass man auf Sachen gestoßen ist, zum Beispiel mit Mary Yalex oder mit Falke. Das waren echt Leute, die uns Sachen geschickt haben, die kannten wir vorher nicht. Die waren dann aber auch aus Leipzig und, ja, es ist eher Zufall, dass tatsächlich immer noch die meisten Artists aus Leipzig kommen. Aber ohne Konzept oder so, das hat sich so ergeben, nach wie vor.
Alex: Wenn man hier lebt und arbeitet, dann lernt man Leute kennen. Jetzt mal abgesehen von Mary und Falke. cmd q zum Beispiel, den haben wir erstmal privat kennengelernt und dann hab ich mal seine Musik gehört, man hat Partys zusammen verbracht, und dann ist das natürlicher, dann was zusammen zu machen, als wenn man nur eine Demo pickt. Und ich glaube, es ist uns schon auch wichtig, die Leute an irgendeinem Punkt kennenzulernen. Wenn das vorher passiert und man darauf Lust hat und Potenzial sieht, dann macht das alles viel mehr Sinn. Und sich immer mal zu treffen und auszutauschen, das vereinfacht das schon alles und macht mehr Spaß.

Klar, der persönliche Faktor ist schon wichtig. Wenn ihr euch schon über zehn Jahre in diesem Umfeld bewegt, hätte ich gedacht, dass dann vielleicht langsam keine neuen Leute mehr im Umfeld auftauchen und sich das dann anders gestaltet.
Jan: Ich glaub schon, dass das so Leipzig-mäßig sichergestellt ist, da der Hype schon immer noch anhält. Das heißt, viele junge Leute kommen hierher, die Bock haben auf die Stadt. Das war bei Janosch zum Beispiel so, cmd q, der ist kein gebürtiger Leipziger. Über den Zuzug an neuen Leuten ist auch sichergestellt, dass immer ziemlich viel kommt. Das merkt man auch am Institut fuer Zukunft zum Beispiel, den Club, was für eine krasse neue Generation da aufkommt. Wir kommen noch aus so einer Zeit, wo die Szene Leipzig eher noch ein Dorf war, wo sich jeder noch kannte. Das hat sich schon verändert in letzter Zeit, was hier total gut ist. Es passiert nicht alles an einem Platz und einem Ort, sondern es wurden ein bisschen verschiedene Viertel erschlossen und dadurch ist natürlich sichergestellt, dass es viele neue Leute gibt, die alle gute Sachen machen. Also ich zumindest bin dann immer erstaunt, da hört man irgendwelche Leute und dann aha, krass, Leipzig? Noch nie gehört.
Alex: Es gibt viele Leute die sich irgendwie dafür interessieren, Techno- und House-Partys zu machen, aufzulegen, Musik zu produzieren und auch mehr, die in den letzten Jahren ihre eigenen Projekte antreten. Kann ist da wahrscheinlich schon so eine Sache, von der jeder schon ein bestimmtes Bild hat, weil das schon ein paar Jahre alt ist. Es liegt dann ein bisschen mehr an uns, dass man Leute fragt, wie jetzt bei der Compilation. Wir hatten auch schon immer Lust, neben uns, auch junge Leute der ganzen Sache nahezubringen und ihnen das leichtzumachen, da irgendwie einen Release an den Start zu bekommen… zu motivieren irgendwie auch.

Sevensol & Map.Ache als Manamana

Ich hör manchmal von anderen Labels, dass die Labelmacher bei einzelnen Tracks sehr insistieren und pushen und sagen „Nein, der Track ist scheiße, du kannst es besser“, oder so. Wie geht ihr da vor?
Alex: Also ich glaube, dass wir da nicht so mega pushy sind. Wenn wir was da drin sehen, dann wollen wir das auch gar nicht so krass zur Perfektion austreiben. Tatsächlich hat sich nämlich auch gezeigt: Wenn man so viele Veränderungen daran vornimmt, dann gibt es ja auch das Risiko, dass sich irgendwas dabei verliert, was man vorher toll fand. Irgendwie was Rohes in dem Stück, so eine Schönheit. Manchmal vermisse ich das persönlich irgendwie und denke, wir könnten noch krasser bei manchen Sachen reingehen, um unsere Erfahrung, wie Sachen funktionieren, zu nutzen. Aber das machen wir nicht. Und das ist auch okay, fühlt sich ganz gut an. Wie siehst du das, Jan?
Jan: Nee, das würde auch nicht so passen. Wir hatten da ehrlich gesagt auch noch nie so ein Konzept. Das ist für eine Art von Labels, die sehr konzeptionell oder sehr visionär sind, Labels die genau wissen was sie wollen. Da sind wir, glaub ich, ein bisschen offen. Wir wissen selber oft nicht so richtig, was wir wollen, oder wissen, dass wir vieles gut finden und lassen uns dann eher auf ein Feeling ein. Mit den Leuten, bei denen wir was sehen, und lassen die dann eher so machen. Wir suchen uns dann natürlich ein Stück raus, wo wir sagen, das passt zu uns. Aber wir gehen da nicht so krass rein, dass wir sagen „Ah, das muss jetzt so“. Da hat Alex schon Recht, das hat natürlich seinen Vor- und Nachteil. Du könntest noch schärfer so was Ästhetisches haben, wenn du eine krassere Vision hättest. Aber… da geht’s eher um so ein Feeling, was übertragbar ist auf verschiedene Musik und auf verschiedene Art und Weise. Da fühlen wir uns eigentlich am wohlsten mit.
Alex: Ich find es auch interessant mit Leuten zu arbeiten, wenn man was da drin sieht, es aber noch nicht Skills-mäßig oder so perfekt ist. Aber es gehört trotzdem zum Weg, dass sich das auch entwickelt, auf beiden Seiten. Auf Label- und auf Künstlerseite. Dass man vielleicht auch eine Entwicklung hört.

Ihr wollt dann auch Raum für Fehler zulassen, damit die Person sich selber weiterentwickeln kann?
Jan: Ja. Zulassen wie die Leute so sind, die die Platte gemacht haben.
Alex: Und wir kennen ja alle in House und Techno ganz viel Musik. Wenn man jetzt eine Vision hat, dann ist das oft auch an etwas gemessen, was man von anderen kennt. Man kann natürlich die eigenen Sachen auch darauf hintreiben, aber wir haben viel Lust darauf, dass das trotzdem eigen klingt und es deswegen vielleicht nicht allen Parametern entspricht, wie man das zu machen hat.

In diesem Text

Weiterlesen

Features

A100 in Berlin: Nie wieder Autobahn

Berliner Clubs und Initiativen haben wieder gegen den Ausbau der A100 demonstriert – wir haben uns vor Ort umgehört.

Waking Life 2024: Der Schlüssel zum erholsamen Durchdrehen

Das Waking Life ist eine Anomalie in der Festival-Landschaft, was programmatischen Anspruch und Kommerzialität anbetrifft. Wir waren dabei.

Stimming auf dem Beethovenfest: „Mein Statement für die Gewaltenteilung”

Stimming setzte sich beim Beethovenfest für Demokratie ein und ließ 22 Leute gegen seine Synthesizer antreten. Was es damit auf sich hat, hat er uns im Interview verraten.