Foto: Presse (Adam Port)

„Bei uns funktioniert alles wie in einer Beziehung“, sagte Adam Port noch vor Kurzem im Groove-Feature über seine Crew keinemusik. Soll heißen: Wenig Ego, hin und wieder ein Kompromiss und vor allem viel gegenseitiges Verständnis. Kein Wunder, dass spätenstens nach acht Jahren harter Arbeit nun das erste große Ding ansteht: Mit You Are Safe haben Port, &ME und Rampa ein Album vorgelegt, das sich ganz ohne Ego-Gehabe vielschichtig zeigt. So vielschichtig wie auch Adam Ports Beitrag zu unserem Groove-Podcast, der mit viel 808s und Heartbreak anfängt, über Tears For Fears in Richtung Dancefloor schliddert und schließlich in den Armen der eigenen Crew endet. Scheint nicht die schlechteste Beziehung zu sein – im Gegenteil.

Du bist mit New York- und Dischord-Hardcore groß geworden und hast dich dann dem Hip Hop zugewandt. Wie kamst du von dort aus zur Dance Music?
Genau, meine Teenager-Jahre habe ich mit Hardcore – nicht Gabber, sondern Gitarren-Punk und -Hardcore – verbracht. Als mir dieser irgendwann musikalisch nicht mehr viel gegeben hat, habe ich angefangen, mich mehr mit Rap auseinanderzusetzten. Zu der Zeit habe ich auch angefangen, vermehrt Schallplatten zu kaufen. Ich hatte beim Vinyl immer den Eindruck, dass ich mehr für mein Geld bekomme, da die Cover größer sind und man mehr zum Anfassen hat. Das war dann auch der Punkt, wo ich vom Musikfan zum DJ geworden bin. Als Hip-Hop-DJ hat es mich irgendwann frustriert, dass man immer Hits spielen musste, um die Leute auf den Dancefloor zu halten. Sobald man etwas spielte, was die Leute nicht kennen, merkte man es schnell am Vibe und der Anzahl der Tanzenden. So kam es schließlich, dass ich bei House gelandet bin. Da musste ich auch von Null anfangen mit meinen Kenntnissen beim Platten kaufen. Ich kannte so gut wie keine Labels und nur wenige Artists. Am Anfang fühlte es sich an wie ein Dschungel, aber irgendwie auch spannend. Das war, bevor man das Internet nutzte, um an Informationen zu kommen. Ich bin immer in Clubs gegangen, um dort den Vibe zu spüren und dann im Plattenladen etwas zu finden, was diesen Vibe auch herstellen konnte.

Für das Album You Are Safe hast du mit &ME und Rampa zusammen gearbeitet. Wieso dieser doch recht ungewöhnliche Schritt und wie gestaltete sich der Arbeitsprozess?
Ist das so ungewöhnlich? Ich wette, das haben viele vor uns schon getan. Bei uns war es einerseits die Idee, keinemusik noch mehr nach vorne zu stellen und uns als Einzelkünstler in die zweite Reihe zu packen. Andererseits die Faulheit eines jeden, ein Soloalbum zu machen. Als die Idee aufkam, ein gemeinsames Album zu machen, war es jedem von uns klar, dass es automatisch vielfältig sein wird, da wir alle etwas anders ticken und verschiedene Sachen gut finden. Im Groben hat jeder Tracks solo gemacht und dann in den grossen Topf geworfen. Wir haben dann in unseren wöchentlichen Meetings die Tracks besprochen und gesagt, was wir an denen gut oder schlecht finden. Anschließend wurden m Studio die besprochenen Änderungen gemacht oder Tracks komplett verworfen. Es war auch eine sehr unstressige und schöne Arbeit. Wir hatten nicht zu viel Druck und genügend Zeit die Sachen auszufeilen. Es gab aber eine grobe Idee mit Künstlern, mit denen wir bereits regelmäßig gearbeitet haben, etwas auch für das Album zu machen. So kommt es auch, dass Nomi Ruiz und Jennifer Touch mit dabei sind.

Du hast auch mit anderen Artists wie etwa Ruede Hagelstein oder der bereits genannten Jennifer Touch zusammen veröffentlicht. Was macht für dich eine gute Zusammenarbeit aus?
Ein verlässlicher Partner, der Studio-Termine einhält und an sein Telefon geht, ist schon mal eine gute Basis. Aber das Wichtigste für mich ist, dass mein Projektpartner seinen eigenen Stil hat und seine eigene Vision von Musik und Produktion besitzt. Von der Zusammenarbeit mit Jennifer Touch lernte ich beispielsweise sehr viel. Sie geht die Dinge ganz anders an als ich und will Sachen absichtlich unperfekt und roh haben. Ich mag es sehr, mit ihr an Stücken zu schrauben.

Im aktuellen Groove-Feature betonst du, dass ihr “etwas Positives” machen und euch vom derzeitigen Trend hin zum Düsteren und Dystopischen hin abgrenzen möchtet. Was genau stört euch an dieser Entwicklung und wie versucht ihr, dem entgegenzuwirken?
Wir machen nichts Positives, um uns abzugrenzen. Wir machen es, weil es so rauskommt – aus jedem einzelnen von uns. Was stört an düsterer Musik? Dass sie düster ist. Ich gehe doch nicht in den Club, um schlecht drauf zu sein. Im Gegenteil.

In diesem Jahr bist du als DJ weit herumgekommen, warst in den USA, Brasilien, Israel und Europa unterwegs. Ist als DJ es nicht sehr anspruchsvoll, sich mit ständig wechselnden und sehr unterschiedlichen Crowds konfrontiert zu sehen?
Es geht. Heutzutage ist fast alles global, was unsere Szene betrifft. Durch das Internet wissen alle überall auf der Welt Bescheid, was wo abgeht und was nicht. Das heißt, ich werde zu 99,9 % Prozent von Promotern gebucht, die wissen, was ich spiele und wie meine Produktionen klingen. Sie buchen mich auch nur, wenn sie denken, dass mein Sound mit deren Crowd funktioniert. Natürlich gibt es leichte Unterschiede und Nuancen. Man muss sich vor Ort anpassen, aber das kann und will ich nur in einem bestimmten Rahmen. Anspruchsvoller ist es, gute neue Musik zu finden und nicht drei Monate immer den gleichen Sound zu spielen. Das ist das, was viel Aufwand und Zeit kostet.

Dein Beitrag zu unserem Groove-Podcast liebäugelt mit klassischem Pop, sogar Tears For Fears sind darin zu hören. Was war deine Idee dahinter?
Einen Mix zu machen, der grob meinen Musikgeschmack abdeckt und den man in ein paar Jahren immer noch hören kann, ohne, dass er veraltet klingt.

Last but not least: Wo können wir dich in nächster Zeit hinter den Decks erleben und was sind deine weiteren Pläne als Produzent und Mitbetreiber von keinemusik?
Zum Ende des Jahres versuche ich immer nicht zu viel zu spielen, Zeit im Studio zu verbringen und die Feiertage mit der Familie zu genießen. Es kommen noch ein paar Shows in Griechenland, Deutschland, Japan und Bali. Den Januar mache ich komplett frei und im Februar kommt eine kleine, aber feine Keinemusik Album-Tour mir Rampa und &ME. Im Moment arbeite ich an zwei Remixen. Der eine ist für Eskimo Recordings und der andere für Sven Väth. Es wird auch ein Remixpaket von dem You Are Safe-Album kommen, an dem wir dran sitzen.


Stream: Adam Port – Groove Podcast 136

01. Corbin – Ice Boy
02. Strapontin – I’m a Cliche Edit Service 71
03. Tears For Fears – Head Over Heels (Talamanca System Tribal Persuasion Remix)
04. Perel – Si R3
05. Tunnelvisions – Uele
06. José González – Stay in the Shade (Pablo Fierro Edit)
07. Samurai Yasusa, Olwethu – In Need (Kenny Dope Mix)
08. Octo Octa – Adrift (Avalon Emerson’s Furiously Awake Version)
09. Phil Kieran, Sonns – Castro Novo
10. Jennifer Touch – Wordless (Llewellyn Remix)
11. Keinemusik (Rampa, Adam Port, &ME) – Lover (feat. Jennifer Touch)

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.