Vorschaubild: Stefan Leuschel, alle weiteren mit freundlicher Genehmigung der Distillery
Die Leipziger Clubszene hat in den letzten Jahren hauptsächlich durch das progressive Institut fuer Zukunft für Aufmerksamkeit gesorgt. Doch in puncto Techno-Geschichte hat eine andere Institution in Leipzig Maßstäbe gesetzt: die Distillery. Am 18. September 1992 öffnete sie erstmals die Tür. Eine Crew aus neun Leuten hatte zuvor den Keller einer alten Brauerei in Leipzig-Connewitz leer geräumt und einen Raum geschaffen, der prototypisch für die Atmosphäre der ersten Techno-Clubs steht: stickig, dunkel, verrostet, herrlich illegal.
Die Crew wollte nicht länger nach Berlin fahren, um auf Techno-Partys tanzen zu gehen. Sie wollte in Leipzig ein eigenes Club-Zuhause aufbauen. Das ist ihr länger gelungen als es in den damaligen Nachwendewirren zu erwarten war – trotz des Umzugs in eine neue Location, die mittlerweile von einem geplanten Wohngebiet bedroht ist. Doch in diesem Herbst ist keine Zeit für Sorgenfalten, denn die Distillery feiert mit mehreren Partys ihr 25-jähriges Bestehen. Steffen Kache, einziges übrig gebliebenes Mitglied der Gründungs-Crew und heutiger Geschäftsführer, erzählt im Interview von seinen Distillery-Meilensteinen und wie es mit einem der dienstältesten Techno-Clubs Deutschlands weitergeht.
25 Jahre Distillery – was geht dir in diesen Tagen durch den Kopf?
Ich habe mir neulich den Distille-Film wieder angeschaut. Als der gedreht wurde, kamen die ganzen Erinnerungen vom Anfang hoch – und die sind noch immer sehr präsent. Die Grundlage wurde ja in der alten Distille gelegt. Das war so ein abgefahrener Laden. Wir waren damals auch alle völlig durchgedreht. Als die alte Location geschlossen werden sollte, haben wir im Rathaus demonstriert und dort Party gemacht. Drinnen war gerade eine Stadtratssitzung und die Leute sind natürlich gar nicht darauf klar gekommen. Ich finde es aber faszinierend, dass wir es in Leipzig geschafft haben, für die Stadtverwaltung eine Institution geworden zu sein. Wir werden jetzt ernst genommen – auch im Sinne der Szene. Klar, gab es schon Momente, in denen ich wegen der Behörden und Ämter alles hinschmeißen wollte. Aber trotzdem bin ich dankbar, dass ich mit der Distillery ein Lebenswerk verwirklichen konnte. 2001 hatte ich mal eine Phase, in der ich keine Lust mehr hatte. Da habe ich Rico vom SonneMondSterne-Festival kennengelernt und der war ganz euphorisch, als ich meinte, dass ich von der Distillery bin. Erst da wurde mir bewusst, was für ein Standing der Laden hat. Es kommen auch oft Gäste zu mir und bedanken sich – da merke ich, dass dieser Stress es auch wert ist. Natürlich habe ich auch das Gefühl, das mich der Laden jünger hält.
Was waren für dich Meilensteine in der Distillery-Geschichte?
Klar, der Umzug von der alten in die neue Location war ein Meilenstein. Dann natürlich viele Veranstaltungen, die großartig waren. Ich erinnere mich an Laurent Garnier, 2010 hat er hier acht Stunden mit Scan X live gespielt. Das war krass. Wichtig war auch, als der Stadtrat sich zur Distillery bekannt hat, so dass wir bei den Planungen des Geländes berücksichtigt werden. Aber es gab auch negative Meilensteine: Finanzamtsprüfungen, die sehr teuer waren und durch die wir überlegen mussten, ob wir das überleben. Dass geschafft zu haben, ist natürlich auch eine wichtige Erfahrung gewesen.