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Zeitgeschichten: Robert Görl / DAF

Das Herz macht Bumm

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Fast forward: Wie bist du in den frühen Neunzigern in der Münchner Technoszene angekommen?
Nach meiner Asienreise wagte ich mich zurück in die weltliche Gesellschaft. Wohnung suchen, Rechnungen zahlen, das ganz normale Spiel ging wieder los. Also dachte ich mir: Schuster, bleib bei deinen Leisten, du musst wieder eine Platte machen. Peter Wacha [alias DJ Upstart; Anm. d. Verf.], den Chef von Disko B und vom Optimal-Plattenladen, habe ich auf einer seiner Partys damals kennengelernt, noch bevor er das Ultraschall gemacht hat. Trotz meiner Mönchsphase bin ich wieder voll in die Nachtwelt eingestiegen während der großen Technozeit, war auch auf der Loveparade, stand auf den Wägen und so weiter. Ich war zwar schon Mitte 40, aber ich fühlte ich mich wieder richtig jung. Da konnte ich locker noch die ganze Nacht ausgehen und nicht nur einmal, sondern viermal die Woche. So hat sich das eingespielt, und Peter Wacha wollte bald was mit mir machen. Daraus wurden dann ab 1993 einige Singles und vier Alben bei Disko B.

Zum Beispiel Sexdrops (1998), das du zusammen mit Karl O’Connor alias Regis produziert hast. Wie kam das zustande?
Davor hatte ich schon zusammen mit Klaus Kotai und DJ Good Groove (Psycho) Therapie gemacht. Es war immer schön, einen technisch erfahrenen Partner zu haben. Wahrscheinlich hat Peter Wacha Regis mir irgendwann vorgestellt und vorgeschlagen, dass wir etwas zusammen machen sollten. Regis hat mich dann direkt nach Birmingham eingeladen und wir haben innerhalb einer Woche dieses Album gemacht. Das geht ja auch schnell bei Techno (lacht). Der harte Industrialsound von Karl hat mir sehr gefallen, und er war auch ein großer DAF-Fan. Am meisten hat mich an Techno übrigens gereizt, dass Gesang auf einmal total out war. Da war diese richtig große Szene, die keinen Bock mehr auf Sänger hatte. Das gab es noch nie.


Stream: Robert Görl – Scoops

Nach deiner letzten Techno-LP Final Metal Pralinées (2000) brauchtest du vermutlich wieder mal eine Pause?
Richtig, und dann habe ich bei Gabi angerufen. Der war sofort wieder angefixt.

Warst du bei dieser erneuten Reunion denn wieder in der Lage, Schlagzeug zu spielen?
Ich war zwar wieder kerngesund, aber Schlagzeug spielen war noch weit weg. Ich musste meinen Metall-Arm ja schonen. Auf dem Album Fünfzehn Neue DAF Lieder (2003) hört man auch nur Drumcomputer. Vorerst haben wir auch keine Gigs gespielt, nur einen ganz speziellen in einem Berliner Club zur Loveparade, wo auch Marusha auflegte. Wir haben die DAF-Tracks einfach auf Dubplates gepresst, aufgelegt und Gabi hat gesungen.

Auflegen war für dich aber nie wirklich ein Thema?
Ab und zu hat mich jemand dazu überredet. Ich bin immer so sehr mit meiner eigenen Musik beschäftigt gewesen, dass ich selten auf etwas anderes gehört habe. Das DAF-Grundprinzip war immer, nicht so zu klingen wie irgendeine andere Band. Und das haben wir auch geschafft.

Heute kopiert ihr euch dagegen selbst. Damit folgt ihr immerhin dem Prinzip, nach keiner anderen Band zu klingen.
Das steht natürlich schon lange im Raum. Aber ich sehe es so: Es ist meine Handschrift. Jeder, der etwas von mir haben möchte, weiß genau, was man erwarten kann. Einen berühmten Maler erkennt man auch an seiner Handschrift.

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