Foto: Ben Palhov (Red Axes). Zuerst erschienen in Groove 167 (Juli/August 2017).

Clubmusik mit Rockgitarren – eine Ehe, die meistens zum Scheitern verurteilt ist. Allerdings nicht, wenn Red Axes die Sache in die Hand nehmen. Wie man den Spagat zwischen Dancefloor und Moshpit auf natürliche Weise meistert, zeigt das israelische Duo anhand seines neuen Albums The Beach Goths.

Dori Sadovnik und Niv Arzi schauen etwas zerknautscht drein, als sie in der Hotellobby ankommen. Eigentlich sollten sie gerade beim Londoner Radiosender NTS an den Plattenspielern stehen, um ihr Live-Set heute Nacht im Club Village Underground zu bewerben. Aber Red Axes haben die Rechnung ohne die englischen Einreisebehörden gemacht. „Es gab keine Probleme wegen dem Arbeitsvisum. Wir steckten einfach zu lange in der Warteschlange am Flughafen“, sagt Sadovnik. „Aber was soll’s, kein Grund, um sich zu ärgern.“ Stattdessen: das Positive sehen. Durch den Ausfall können die beiden zumindest etwas Schlaf nachholen. Denn nachts zuvor spielten sie in ihrer Heimatstadt Tel Aviv auf einer Party mit DJ Tennis drei zweistündige Sets zwischen Mitternacht und 7 Uhr früh – und fuhren dann direkt zum Flughafen.

Diese Attitüde – Dinge nicht zu ernst zu nehmen – zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Red Axes. Seit 2011 veröffentlichen die beiden Platten, die zwischen den Stühlen sitzen. Oder richtiger: Tracks, die verschiedener kaum sein könnten. Bestes Beispiel dafür sind zwei ihrer EPs von 2015. Auf der einen Seite steht „Abro“, erschienen auf Damian Lazarus’ Label Crosstown Rebels. Ein sanftes Stück Ibiza-House, garniert mit einer melancholischen Pianomelodie und süß klingenden Glocken, bei dem jedem Raver im Sonnenaufgang das Herz aufgeht. Auf der anderen Seite des Red-Axes-Spektrums steht die Platte Ahuzat Bait. Fünf verschrobene, düstere Tracks zwischen New Wave und Surf-Rock mit hebräischem Gesang, die wie verlorene Aufnahmen der israelischen Postpunk-Legenden Minimal Compact klingen. Der Clou: Beide Platten erschienen innerhalb von zwei Monaten.

Viele Künstler mit derart eklektischem Output würden sich für eine der beiden Veröffentlichungen wohl ein Pseudonym zulegen – um ihre Fans nicht zu verwirren, oder sie gar zu verschrecken. Red Axes haben darauf keine Lust. „Wir mögen Deep-House, wir mögen Punk und afrikanische Musik. Wir mögen eigentlich jede Art von Musik“, sagt Arzi. „Und den meisten Leuten, die ich kenne, geht’s ähnlich.“ Er scheint damit recht zu haben: Vergangene Woche spielten Red Axes einen Gig beim Boiler Room in Vilnius – als fünfköpfige Band mit Gitarre, Schlagzeug und Synthesizer, heute Nacht tritt die Formation als Elektronik-Live-Duo zur Primetime auf. Der Jubel ihrer Fans ist ihnen in beiden Fällen sicher. Wie es Red Axes so meisterlich schaffen, diese beiden Welten miteinander zu vereinen – und in beiden zu reüssieren? Eine mögliche Antwort darauf findet man in der Bandgeschichte.

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