Sie haben ihre Firma kurz „Karhard“ getauft – ähnlich wie „Berghain“ eine Kombination der Bezirksnamen Kreuzberg und Friedrichshain ist. Und in der Tat sind sie mit dem Club nicht nur namenstechnisch eng verbunden. Das Projekt war eines ihrer ersten und beschäftigt sie seit der Entstehung des Büros vor fast zehn Jahren immer wieder. Als sie das Gebäude im Januar 2003 zum ersten Mal betraten, wuchsen dort noch Bäume und die vereisten Wände waren mit Moos bedeckt. Die ersten Aufräum- und Bauarbeiten wurden wegen Geldmangels mithilfe von Clubpersonal bestritten. Karsten erinnert sich: „Das war lustig, denn wie oft kommt es wohl vor, dass auf einer Baustelle die Vogue und die Cosmopolitan gelesen werden?“

Über einen Zeitraum von mittlerweile fast zehn Jahren wurde der nutzbare Teil des Komplexes schrittweise erweitert. Nach und nach entstanden dort die Panorama Bar, das Berghain, der Sommergarten, der Fetischclub Lab.oratory, der Bierhof, die Eisbar, das Kaminzimmer, die Raucherlounge und die Panorama Bar Lounge – ein stetig wachsendes Ensemble, das sich längst nicht mehr nur auf das eigentliche Kraftwerksgebäude beschränkt.

Wichtiger Faktor für den Erfolg ist fraglos der Zauber des imposanten Baus. Karhard verstehen es, den ortseigenen Charakter mit geringfügigen Eingriffen erfahrbar zu machen und zu stärken. „Ich fasse das als Kompliment auf, wenn man mich fragt: Umbau? Was habt ihr denn gemacht?“, sagt Thomas. Als erprobte Clubgänger sind sie mit den Berliner Urlocations vertraut und sprechen ihre Sprache. Auch wenn im Berghain heute, was Design und Sicherheit angeht, kaum noch etwas dem Zufall überlassen wird, soll das entspannt-provisorische Gefühl der Anfangszeiten erhalten bleiben.

Das ist den Betreibern wichtig, die in Gestaltungsfragen eng mit den Architekten, Handwerkern und Clubmitarbeitern zusammenarbeiten. Oft verfuhr man nach dem bewährten Prinzip, Vorgefundenem neue Funktionen zu geben: Isolatoren wurden zu Lampen, Trafokästen zu Tresen. Aber es gibt auch allerhand neu Entworfenes, was sich geschmeidig ins Ambiente fügt. „Wir mögen Projekte, bei denen wir besonders Tief ins Detail einsteigen und da weitermachen können, wo die Arbeit der Architekten sonst meist aufhört. Wenn man uns ließe, würden wir sogar bei der Speisekarte noch mitreden.“

Ergebnis der verspielten Raumführung, mit der Karhard den Besucher durch das Berghain-Labyrinth leitet, sind Orte des Suchens und Streunens, des Entdeckens und Erstaunens. Der Club ist eine raumgreifende Welt in ständigem Wandel, in der verschiedene Zeit- und Wirklichkeitsschichten koexistieren dürfen. Ihre Reibungen und Kontraste erzeugen ein atmosphärisches Spannungsfeld. „Wir möchten, dass der Club intuitiv funktioniert. Man soll reinkommen und sich irgendwie fühlen.“

Berliner Abbruchcharme

Ab und zu gepflegt aus der Rolle zu fallen gehört hier zum guten Ton, ist in die Populärkultur eingegangen. Das Partygeschäft und der orangegeflügelte Feiertourismus sind ein unentbehrlicher Industriezweig der Stadt mit dem selbst gewählten Etikett „arm, aber sexy“. Die Berliner Unterwelt ist im global village zu einer erfolgreichen Marke geworden, die in verschiedensten Ausprägungen erhältlich ist.

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