Wenn nun also alternative facts die neuen Wahrheiten werden, dann möchten wir an diesem Montagmorgen das Prinzip des alternative Mondays vorschlagen, an dem wir alternativ zur Arbeit gehen – soll heißen, wir machen Urlaub. Unsere Office Charts geben dabei die Reiseroute vor: Von Manchester, wo sie das Raven erfunden haben, ins Berghain, wo spanische DJs direkt vom Kreißsaal hinter die DJ-Kanzel hüpfen, weiter in Gamelan-Gebiete und die grüne Lunge der japanischen Hauptstadt und zum Schluss mit Abstecher über Italien nach San Francisco. Und wie sieht euer alternatives Wochenprogramm aus?

5. Cleric – Resurrection (Figure)

Cleric hat einfach die wuchtigste, am trocken stampfendste Bassdrum des Technoversums im Repertoire. Jorden Hodgetts kommt aus Manchester, wo ja bekanntermaßen das Raven erfunden wurde. Und so wundert es nicht, dass seine Tracks immer extrem energiegeladen und stürmisch den Floor aufmischen. Auch seine neue Figure bildet da keine Ausnahme. „Ressurect“ ist der böse strahlende Hit der EP, dessen erhabene Hookline durch eine zeitweilig Breakbeat-Einlage nur umso zwingender erscheint. Konsequenterweise gibt es mit dem 3pm Mix auch ein schöne Breakbeat-only-Version. „Turbine“ ist dann ein völlig okay bleepende Technonummer, die aber ebenso wie „Shackled Minds“ eher eines dieser Tracks ist, die gut im Mix funktionieren, aber auch schnell wieder vergessen sind.

4. Regal – Acid Is The Answer (Involve)

Auch Gabriel Cassina alias Regal hat schon auf Len Fakis Figure Label veröffentlicht, seine Künstlerbio weiß außerdem zu berichten, dass er einer der jüngsten spanischen Künstler sei, der jemals im Berghain gespielt hat –als ob das eine eigene DJ-Kategorie wäre. Auf seiner neuen Maxi auf Involve gibt es zuerst mit „Action“ und „Rem“ zwei wuchtige, Neunziger-Rave-beeinflusste Tracks, der eigentliche Hit „Acid Is The Answer“ befindet sich jedoch auf der B-Seite. Ein essentieller Acid-Track, der augenzwinkernd Danny Tenaglias Signature-Vocal „Music Is The Answer“ abwandelt und mit geschickter Vocal-Manipulation für ordentlich Dancefloor-Bambule sorgt.

3. Lawrence – Yoyogi Park Remixes (Mule Musiq)

Yoyogi Park war Lawrences letztjähriges Album für Mule Musiq, auf dem er den gleichnamigen Park in Tokio ein kontemplativ elegantes House-Album gewidmet hat. Nach dem Krawall unserer zwei vorhergehender Charts Positionen lassen wir uns hier die Nerven von solch feinstofflich agierenden Produzenten wie Kettenkarussell, Roman Flügel und Lake People wieder glatt bügeln. Unsere Favoriten: Roman Flügels wie immer gekonnt umgesetzter Remix von „Clouds & Arrows“, auf dem er als Hauptthema ein extrem upliftendes 70er-Synth-Thema setzt, und Lake Peoples Piano-House-Version von „Simmer“.

2. Shackleton & Vengeance Tenfold – Sferic Ghost Transmits (Honest Jon’s)

Sam Shackleton befindet sich seit langem schon in seinem ganz eigenen Orbit. Nach seinem erst vor einem halben Jahr erschienenes Album Devotional Songs, das er zusammen mit dem exzentrischen englischen Theaterschauspieler Ernesto Tomasini aufgenommen hatte, schiebt er nun mit Sferic Ghost Transmits (ebenfalls auf Honest Jon’s) schon wieder ein ganzes Album nach, dieses Mal lässt er den Spoken Words Künstler Vengeance Tenfold seine Musik betexten. Und die ist abstrakter als jemals zuvor: Gamelan Percussion, abgrundtiefe Bässe, elektronische Experimente und Tenfolds recht barsche Stimme ergeben ein ebenso forderndes wie eigenwilliges psychedelisches Werk.

https://www.youtube.com/watch?v=g_FW9_QubzA

1. East Wall – Eyes Of Glass (Dark Entries)

Zum Abschluss ein strahlendes Italo Disco Finale. East Wall war eine italienische Electro Dark Wave Band, die 1982 von Fabrizio Chiari (Ex-Keyboarder von Kirlian Camera) und der Sängerin Wilma Notari gegründet wurde. 1984 namen sie ihre Debütsingle „Eyes Of Glass“ auf, die nun neu gemastert von dem wie immer Kompetenz beweisenden Reissue-Label Dark Entries aus San Francisco wiederveröffentlicht wurde. „Eyes Of Glass“ ist seit langem in Sets von Genre-affinen DJs wie Intergalactic Gary zu hören, die umwerfende Akkordfolge und Notaris so naiv wie herzzerreißender Gesang klingt auch 2017 noch absolut großartig.

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