Die Fotos und Porträts in 313ONELOVE sind sehr abwechslungsreich und laden den Betrachter ein, die Individualität der jeweiligen DJs und Produzenten kennenzulernen. Unter den DJs gibt es sicher viele, die lieber ihre Musik als sich selbst in den Vordergrund stellen. War das eine Hürde, die Du bei Deinem Projekt zu bewältigen hattest?
Auf jeden Fall, die meisten Künstler aus Detroit stehen lieber im Hintergrund und lassen ihre Musik für sich sprechen. Das finde ich toll und auch wichtig. Umso schöner also, dass sie sich doch dafür entschieden haben, Teil des ganzen Projektes zu sein. Jeder hat etwas dazu beigetragen, womit er sich wohlfühlte. Mike Banks hat seine Arbeitshände gezeigt, Scott Grooves ein Gedicht geschrieben, andere haben ihre Hände und Ohren gezeigt. So blieb es echt und niemand musste etwas tun, was er nicht wollte.

Wie Du schon sagst, haben viele DJs und Produzenten, darunter Keith Tucker, Kevin Saunderson, Juan Atkins, Carl Craig und Tommy Hamilton, ihre Ohren und Hände vor der Kamera inszeniert. War es nicht schwierig, sie für diese Motive zu überzeugen?
Nein, eigentlich gar nicht. Manchen war das Ohr lieber als das Gesicht. (lacht) Natürlich ist es erst einmal komisch, wenn da jemand kommt und fragt, ob er Dein Ohr fotografieren darf. Aber alle haben das Konzept dahinter verstanden, nämlich ihre wichtigsten Instrumente zu zeigen.

Craig Huckaby
Craig Huckaby

Obwohl es in Deinem Fotoband kein Inhaltsverzeichnis gibt, folgt es trotzdem einer gewissen Dramaturgie. Das erste Foto porträtiert Ann Saunderson, das letzte Earl McKinney. Zwischen den vielen Porträts sind auch atmosphärische Aufnahmen von Clubs, Gebäuden und der Stadt Detroit. Besonders toll: die Seiten zum Ausklappen. Wie kam es zum vorliegenden Ergebnis?
Reine Intuition. Ich habe noch nie in meinem Leben ein Buch gemacht. Ich wusste, ich will keine Namensreihenfolge oder Seitenzahl. Ich habe mir jede Seite daumengroß ausgedruckt. Es entstand ein riesiges Puzzle auf dem Fußboden. Dann habe ich einfach nach meinem Bauchgefühl entschieden, was zusammenpasst oder harmonisch aussieht – auch bei der Auswahl der Materialien und den Ausklappseiten. Die ganze Produktion war nur eine Reihe von Entscheidungen. Du wirst irgendwann wahnsinnig. Deshalb: Kopf aus, Herz an.

Ende März gab es anlässlich der Veröffentlichung von 313ONELOVE eine Party im Berliner Tresor Club. Dein im Selbstverlag erschienenes Buch war anschließend in ausgewählten Shops, Plattenläden und im Internet verfügbar. Seit Wochen ist es nun erfolgreich ausverkauft. Wird es eine zweite Auflage geben?
Ja, die wird es geben, aber nicht mehr im Eigenverlag. Das ist zu viel Arbeit neben meinen normalen Jobs. Zudem plane ich, eine japanische Auflage produzieren zu lassen. Mal sehen, vielleicht erscheint die zweite Auflage noch vorher. Sie wird definitiv kleiner und günstiger sein (Anm. d. A.: Erstauflage lag bei 75 Euro) und auch bisher unveröffentlichtes Material zeigen. Die Erstauflage war eine limitierte Sammleredition.

Welche Pläne hast Du für die Zukunft?
In Zukunft wird es noch weitere 313ONELOVE-Projekte geben. Darauf freue ich mich schon sehr. Inzwischen habe ich auch einen gemeinnützigen Verein gegründet, um die Charity-Projekte in Detroit zu organisieren. Ansonsten kümmere ich mich natürlich weiterhin um meine Karriere als Fotografin. Ich habe verschiedene Projekte mit Künstlern im Visier, die unter anderem in der Film- und Fashionszene aktiv sind. Es wird also spannend. Ich freue mich darauf, nach dem Buchprojekt wieder mehr Zeit dafür zu haben.

313ONELOVE: A Love Affair with Electronic Music from Detroit Marie Staggat
313ONELOVE: A Love Affair with Electronic Music from Detroit
Marie Staggat
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