Als DJ, Producer und Macher des Labels Running Back hat Gerd Janson einen eigenständigen, äußerst experimentierfreudigen Housesound entwickelt. Der gediegenen Angepasstheit, in die House manchmal verfällt, setzt Janson einen hippiesken, grenzenlos neugierigen Umgang mit den Klängen entgegen. Janson eröffnet seinen Fabric-Mix mit einer komplexen, programmatischen Nummer von Luke Abbott. Mit einem flirrenden, anmutigen Xylophon und einem erdigen, akustischen Funk verschmilzt das Stück das Wehmütige mit dem Witzigen. Das sind zwei Qualitäten, die selten zusammen kommen. So vermittelt Janson, was er vorhat: die Versöhnung des Unversöhnlichen.
John Talabot verzaubert mit hauchenden Stimmen, Prince of Denmark entwickelt aus einer elliptischen Dubfigur eine zärtliche Poesie, Shan fasziniert mit einer berührenden Frankie-Knuckles-und Blaze-Paraphrase. Janson wechselt seinen Ton vom Verführerischen, Spielerischen ins Dramatische, Wagemutige. Den materialistischen, ernsten Acid von Boddika und Joy Orbison bricht er äußerst entschieden mit strahlenden, hoffnungsfrohen, discoiden SciFi-Sounds von Mateo Murphy. Geeeman gewährt mit einem abgehackten Downbeat-Groove eine Verschnaufpause, Glenn Underground geht mit seinen Discosamples zugleich frech und respektvoll um, und bei Inner Sense klingt das Hymnische gelassen. Der erste Höhepunkt des Albums ist „Return To Acid“ von Mike Ash: eine irrwitzig verbissene Acidfigur reißt den gewaltigen Groove des Tracks auseinander wie ein wütendes Rumpelstilzchen.
„Relate“ von Nick Höppner im The Black Madonna Remix verschmilzt die Drastik der großen Technotracks der Neunziger mit einer discoiden Rhythmik. Mit einem gelösten, tief zufriedenen Raven wechselt Janson in den dritten Akt. DJ HMC gibt einer apokalyptisch drohenden Wall of Sound eine housige Lebendigkeit. Aus deren Fauchen schälen sich die tollen, komplexen Percussions von Joe Claussell. Wie Roger van Lunteren in freudigen Singsang eine gänzlich unerwartete Acidfigur einbaut, erinnert an das erste Stücke von Luke Abbott. Wir sind wieder da, wo wir angefangen haben: bei der Versöhnung des Unversöhnlichen. Wir haben getanzt, gefeiert und gelacht und dabei hat uns Janson in jedem Stück mit der unauflösbaren, rätselhaften Eigentümlichkeit einer Musikerpersönlichkeit konfrontiert.
Ist damit alles gesagt? Nein. Janson gewährt zwei Zugaben, einen vierten Akt, eine Art Epilog. Jetzt geht es nicht mehr um Eigentümlichkeiten. Jetzt, am Ende, wird aus dem Vollen geschöpft. „Finished“ von Scott Grooves ist mit seinen schmetternden Claps und den sich melancholisch verlierenden Chords der perfekte Housetrack. Prins Thomas nimmt in seinem unveröffentlichten Remix von „Sun“ Caribous dicht gewebtes Klanggefüge auseinander. Was passiert? Auflösung, Driften, Nacktheit. Caribou scheint nicht mehr auf der Bühne zu stehen, sondern direkt neben einem. Dann verliert er sich irgendwo in der Crowd.