Foto: Presse/Fabric

Update 08. September: Wie Resident Advisor berichtet, kündigte das Fabric an, gegen die Schließungsbeschluss durch den Islingtoner Rat anzugehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass dies glückt: Bereits 2015 konnte der Londoner Club verschärfte Sicherheitsmaßnahmen abwehren (siehe unten).

Seit mehreren Wochen ist der Londoner Club Fabric bereits geschlossen. In einem Abstand von neun Wochen waren zwei Jugendliche nach Partynächten im Londoner Club an den Folgen von Drogenüberdosen gestorben. Nach einer langen Debatte über die Sicherheit des Clubs kam es heute Nacht zur Entscheidung, dass die Fabric permanent geschlossen bleiben wird. Die Fabric-Betreiber trafen sich gestern zu einer sechsstündigen Sitzung im Londoner Rathaus von Islington mit Polizei und Verwaltung.

Als Reaktion auf die tödlichen Vorfälle blieb der Club zuerst für ein Wochenende geschlossen, um polizeiliche Ermittlungen zu ermöglichen. Als die Polizei beim Gemeinderat die Schließung des Clubs beantragte, reagierte die Szene mit Empörung. Eine Petition für den Erhalt des Fabric sammelte rund 150 000 Unterschriften und unzählige DJs setzten sich unter dem Motto #savefabric für die Rettung ein. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, der seit kurzem im Amt ist, positionierte sich schon im Wahlkampf als Befürworter der Clubszene. Er musste sich aber auch eingestehen, dass er nicht in Lizensierungsverfahren eingreifen kann. Nach dieser schlechten Nachricht äußerte Khan Sorge um die Clubkultur der englischen Hauptstadt:

Bei den Verhandlungen prallten zwei Welten aufeinander. Einerseits die Betreiber des Fabric, die den Club in den vergangenen Jahren als Vorzeigebeispiel für sicheres Clubbing führten. Auf der anderen Seite die Polizei, der Rat der Islington Town Hall und das Lizensierungskomitee. In den Verhandlungen fiel die Polizei mit einer Zero-Tolerance Einstellung auf. So sei die Fabric ein Ort, an dem Drogen und Kriminalität toleriert würden. Diese Darstellung steht im Kontrast dazu, dass man beispielsweise nur alleine auf die Toilettenkabinen durfte. Auch zahlreiche Aussagen von Partygästen deuten auf für Londoner Verhältnisse überdurchschnittlich strikte Sicherheitsmaßnahmen hin. Der Islingtoner Rat stellte absurde Zusammenhänge in den Raum, und schlug unter anderem ein Verbot von Clubnächten mit höherer BPM-Zahl als Drogenprävention vor. Der Rat hatte in Folge eines Todesfalls bereits 2014 versucht, Drogenhunde und ID-Scanner an der Tür einzuführen. Eine Maßnahme, die nach nur kurzer Zeit wieder abgeschafft wurde.

Das Lizensierungskomitee begründet die Schließung mit mangelnder Kontrolle der Betreiber: „There is a culture of drugs at fabric which management cannot control“, hieß es in einem Statement. In diesem Präzedenzfall scheint es um eine Diskussion mit Parteien zu gehen, die eine Welt ohne Drogen für möglich halten. Ein realistischer Umgang, wie ein Bestreben nach Safer Use, Aufklärung oder einem erhöhten Einlassalter wurde kaum diskutiert. Stattdessen wird mit der Schließung von Londons prägendstem Club ein fragwürdiger Schritt unternommen.

In den vergangenen acht Jahren war ein Clubsterben in der Stadt zu beobachten. Etwa 50% der Londoner Clubs schlossen in dieser Zeit. Kurz nach der gestrigen Entscheidung häufen sich nunmehr Vermutungen, nach denen die Sorge um sicheres Clubbing lediglich vorgeschoben worden sei. “Fabric was always going to close, drugs deaths notwithstanding. It’s not the police. It’s not drug laws. It’s likely a government that continues to roll back public services and institutions in an ever more calculating attempt to attract foreign money”, behauptet Alasdair Byers im britischen Independent. Die Tageszeitung hatte nach einer Freedom-of-Information-Anfrage Dokumente erhalten, welche für Byers die Vermutung nahelegen, dass die Schließung des Clubs von langer Hand geplant war.

Byers begründet diese – seiner Auffassung nach jahrelang unternommenen – Bemühungen seitens des Islingtoner Rats mit massiven Einsparungen im Rahmen staatlicher Austeritätsmaßnahmen. “Councils, police forces and other public services are being shunted off as overheads, whilst all the time new building projects and corporate investment appear. Fabric may have made money locally, yet that money never made it’s way back to the council and police in the area.” Sollte dem tatsächlich so sein, wäre das Fabric keineswegs aufgrund von Sicherheitsbedenken geschlossen worden sein- Vielmehr wäre es das Opfer von Gentrifizierungsmaßnahmen.

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