Was Collins von anderen Tourmanagern unterscheidet, ist eine Art familiäre Verbundenheit, die er zwischen sich und Magda empfindet. Grundsätzlich muss die Chemie zwischen einem Tourmanager und dem Künstler stimmen. Man kann noch so viel Know-how und Professionalität einbringen, wenn man sich zwischenmenschlich nicht versteht, dann kann es in so einem engen Arbeitsverhältnis, das ein gewisses Maß an Freundschaft braucht, nicht funktionieren. Collins liebt es „mit ihr zu arbeiten. Dank ihr habe ich die Welt gesehen. Ich war auf jedem Kontinent. Hab’ in so vielen Städten so viele unvergessliche Momente gehabt. Ich konnte mich selbst ganz anders kennenlernen, mich auch ganz anders öffnen. Und das fand ich schön. So habe ich auch sehr viel über mich erfahren in den vergangenen Jahren.“

Sonntag, 9:35 Uhr. Und wieder müssen wir das Festival sofort verlassen, um nach Barcelona zu fahren. Wir checken in einem Luxus-Resort-Hotel ein, jedoch nur für knapp zwei Stunden, da wir noch heute nach Freiburg zum Sea You Festival am Tunisee reisen müssen. Chris spielt das Closing-Set. Auch wenn ein solcher Kurzaufenthalt in einem gehobenen Hotel dekadent erscheinen mag, in Wahrheit ist jede Minute, die du in einem sauberen Zimmer in einem bequemen Bett verbringen kannst, ein Segen. Ian Hussey begründet es wie folgt: „Es ist eine Art Kompensation dafür, so viel unterwegs zu sein, wenig Ruhe zu haben und wenig Zeit für sich selbst.‟

Die eigene Zeit zu Hause, wenn man wie Collins etwa im vergangenen Jahr 175 Tage unterwegs war, will man ganz bewusst nutzen. Malle betont hierbei, dass er versucht, ein normales Leben zu führen, so wie er seinen Job erledigt hat und seine Haustür aufmacht. Es sind dann neben den Freunden und der Familie auch die trivialen Dinge wie Wäsche waschen, die ihm das Gefühl vermitteln, bei sich zu sein. „Es ist unheimlich wichtig, wieder runter zu kommen, sich zu grounden und einfach zu sagen: Hier ist meine Base, hier habe ich meine Freunde, die Dinge, die ich liebe, die ich mir leisten kann. Das ist superwichtig.“

Empfindet man manchmal Heimweh? „Wenn ich Heimweh hätte,“ so Malle, „dann hätte ich den falschen Job.“ Man muss einfach nur konsequent dafür sorgen, seine sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten, „denn für deine Freunde bist du ständig unterwegs.“ Was treibt einen Tourmanager bei aller Rastlosigkeit und allen Entbehrungen nach so vielen Jahren noch an? „Das Reisen und die Menschen, die Begegnungen,“ sagt Ian. „Das ist natürlich immer noch ein Motor, der dahintersteckt“, ergänzt Malle.

Sonntagabend. Ben Klock ist an den Decks. Währenddessen fange ich an, Chris‛ Equipment aufzubauen. Dieses Mal ganz alleine. Liebing spielt im Zelt des Sea You Festivals vor den Festivalbesuchern, die trotz des Regens geblieben sind. Mein Crashkurs in Sachen Tourmanagement endet hier. Vom Rand aus genieße ich die letzten Minuten von Liebings Set – erschöpft, aber um eine Erfahrung reicher.

1
2
3
4
Vorheriger ArtikelGROOVE PRÄSENTIERT Caribou live (Oktober 2014)
Nächster Artikel25 JAHRE GROOVE Groove 151 (November/Dezember 2014)