Sonntagmorgen. Nach zwei Autostunden von Saragossa hinaus in die Steppe kommen wir endlich beim Monegros Festival an: Techno in voller Wucht. Unser Fahrer fährt direkt hinter die Bühne. Ich gehe die Rampe hinauf und erblicke ein Riesenmeer von Menschen wie bei einem Open-Air-Konzert, die in dieser sonst öden, unfassbar weiten Landschaft den Teufel tun würden, sich der rauen Kälte der Nacht und der unausweichlichen Hitze der Sonne auszusetzen, wäre es nicht für dieses in jeder Hinsicht kompromisslose Festival, auf dem am Vorabend bis zu diesem Morgen unter anderem Carl Cox, Boys Noize und Skrillex gespielt haben. Ich muss an Nymas Worte denken: „Sobald du einen Club betrittst oder auf einer Festivalbühne stehst, ist jede Müdigkeit mit einem Schlag aus deinem Körper getrieben.“

Das Leben auf Tour ist eine körperliche Herausforderung. Das ständige Unterwegssein, nicht selten in verschiedenen Zeitzonen, das ewige Warten an Flughäfen, die langen Partys und die Afterpartys, denen man nicht immer widerstehen kann und will, machen die Müdigkeit zu einem dauerhaften Begleiter. Es ist absolut wichtig, seine Ruhephasen effektiv zu nutzen, was für Ian Hussey kein Problem darstellt. Er kann, so verrät er mir, überall schlafen – zu jeder Zeit und so lange er gerade kann. „Die Fähigkeit, gut schlafen zu können, ist eine meiner Stärken. Schlaf ist bei diesem Job essenziell.“ Hinzu kommen eine gesunde Ernährung, viel Wasser und die körperliche Fitness. „Du musst in einer guten Gemütsverfassung sein und du musst dich vorbereiten. Der Job ist sehr anstrengend.“

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Collins

Welche Eigenschaften sind es sonst noch, die ein potentieller Tourmanager mitbringen sollte, um eine langfristige Zusammenarbeit zu gewährleisten? Dazu sagt Malle, dass zuallererst eine gewisse innere Reife notwendig ist. „Du musst schon wissen, wer du bist.“ Zurückhaltende Menschen werden sich nicht behaupten können: Durchsetzungsvermögen ist unabdingbar, genauso wie eine gute Aufmerksamkeit und souveräne Präsenz. „Du überschreitest da Grenzen – von wenig Schlaf bis überhaupt keinen Schlaf. Jeder denkt, das sei ein cooler Job. Du reist herum, machst Party in allen möglichen Clubs. Aber das ist es leider nicht. Du musst bei den Shows hochkonzentriert sein. Letzten Endes geht es da um einen Haufen Geld. Da darf nichts schiefgehen. In dieser Zeit musst du zu einhundert Prozent deinen Job machen.“ Das setzt wiederum eine Bodenständigkeit und Disziplin voraus. Wenn Letzteres etwa dem Künstler fehlt, dieser ständig vor sich selbst beschützt werden muss, umso schwerer wird es dann für den Tourmanager, die Maßlosigkeit zu bewältigen. Ehe er sich versieht, verfällt auch er den Versuchungen dieses Lifestyles mit all seinen Absurditäten und Eskapaden, den Vorzügen und Extras, sei es in Form von noblen Hotels und feinen Restaurants.

„Es gibt auch Leute in meinem Beruf“, erklärt Collins Wenzel, der Magda seit sechs Jahren begleitet, „die immer im Vordergrund stehen möchten. Das mache ich eben nicht.“ Das entspricht auch gar nicht seinem Charakter. Wir sitzen in seiner Wohnung nahe des U-Bahnhofs Hallesches Tor in Kreuzberg. Er ist ein typischer everybody‛s darling. Ein Deutsch-Ghanaer mit einer stattlichen Präsenz, die der Größe seines herzensguten und bescheidenen Wesens gleichkommt. Er lebt seit seiner frühen Jugend Hip-Hop-Kultur in seiner Gesamtheit – von Graffiti über Breakdance bis zum Rap. Noch heute produziert er Beats, von denen zwei in einer Endlosschleife laufen, als wir bei ihm im Wohnzimmer sitzen und uns unterhalten. Längst feilt auch er an Technotracks, die Magda von Zeit zu Zeit spielt.

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