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Techno-Kapitalismus: So läuft der Tanz ums große Geld

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Niemand glaubt, dass ein Kollaps der Szene bevorsteht. Dazu ist bei allen Torheiten und Espressosortenwünschen zu viel Substanz da, haben sich die Ausgehgewohnheiten zu sehr verändert. Selbst wenn die elektronische Musik ihr globales Momentum verliert, wird es Gegenden geben, in denen es bergauf geht. „Auch in Indien könnte bald eine stärkere House-Szene entstehen“, mutmaßt Manager Ed Karney: „Noch können sich die Behörden nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass die Menschen diese großen Partys feiern wollen. Es gibt nicht einmal entsprechende Lizenzen. Auch in China gibt es keine Kultur des Tanzens. Im Club stellen sie die Tische auf den Dancefloor und zocken. Irgendwann wird sich House und Techno aber auch hier durchsetzen.“

Booker und Promoter sind sich einig: Weil sich die großen Namen auf die großen Events konzentrieren und viel außerhalb von Europa unterwegs sind, hat hierzulande der Nachwuchs eine Chance. Sicher ist, dass die Fans ihre Lieblings-DJs in der Regel seltener zu Gesicht bekommen werden. Eines der größten Probleme innerhalb der Szene ist sicher, dass die Promoter jenseits der Qualitätsclubs und einiger weniger Festivals immer noch fast ausschließlich die großen Namen brauchen.

Wem es gelingt, ein attraktives Paket aus Produktionen und Persönlichkeit zu schnüren, kann viel schneller als bisher eine Musikkarriere starten. Da kann man wie Eats Everything das putzige Bumpy-House-Bärchen geben oder wie das Label L.I.E.S. Brooklyner Hipstertum, Detroiter Klangesoterik und punkige Gegnerschaft verschmelzen. Die einen sehen darin ein multimediales Gesamtkunstwerk, die anderen ein schlüssiges Marketingkonzept.

Der Preis der globalen Aufmerksamkeit liegt darin, dass der Musiker weitgehend den Spielzügen des Systems folgen muss. Fest steht: Eine Stadt wie Plauen wird so schnell keinen Luciano mehr zu Gesicht bekommen. Aber dafür vielleicht einen jungen DJ, der sich seine Sporen noch verdienen muss oder einen Altgedienten, der sich in den Zentren nicht mehr halten konnte. Das bedeutet nicht, dass man schlechte oder schlechtere Musik hört, denn die Filter, die das Netz erzeugt, funktionieren. Auch etwas anderes hat sich verändert: Früher hast du als Fan deinen DJ ausgesucht, heute sucht er eher dich aus. Damit der DJ seine Reiseroute durch deine Stadt legt, musst du etwas zu bieten haben. Entweder du gehörst zur zahlungskräftigen, aufstrebenden Mittelschicht eines Zweite-Welt-Landes, die sich die hohen Eintritte leisten kann. Oder du hast das Glück Teil der Crowd eines Aushängeschilds wie Robert Jonson oder Output zu sein. Sonst bleibt allein die Möglichkeit, sich ins Festival-Proletariat einzuordnen. Verübeln kann man das seinem Headliner-Lieblings-DJ kaum: Alle, DJs wie Fans, sind heute mehr oder weniger Touristen. Seth Troxler bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Für fast dasselbe Geld kann ich im Club in meinem Hinterhof feiern oder in einen Zug steigen, um meine Großmutter zu besuchen. Oder ich fliege nach Berlin und feiere von Freitag bis Sonntag durch. Das ist verrückt. Aber das ist das moderne Zeitalter. So ist Jugendkultur heute. Vor zehn Jahren konnte man sich das nicht vorstellen. Da war alles lokaler.“

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