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Techno-Kapitalismus: So läuft der Tanz ums große Geld

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Diese extreme Situation existiert, seit die Clubmusik stärker als je zuvor weltweit stattfindet. In den vergangenen zehn Jahren hat sie auch abseits von Trance und Mainstream-House eine unvorstellbare Erfolgsgeschichte hingelegt. Techno und House wurden in den USA erfunden. Doch dort blieb der Musik quasi bis vor drei Jahren der Erfolg versagt. In den Neunzigern fanden Techno und House hauptsächlich in deutschsprachigen Raum, in Großbritannien, den Beneluxländern, Frankreich und Japan statt. Mit dem Minimal-Sound und DJs wie Ricardo Villalobos fing Südeuropa Feuer. Danach ist Südamerika dazukommen, vor zwei Jahren auch die USA. Entwicklungen die früher Jahre dauerten, passieren nun in Monaten. Katrin Schlotfeldt von der Booking-Agentur Artist Alife, Bookerin von unter anderen Tale of Us, beschreibt die Situation wie folgt: „Frankreich ist zurzeit stark, UK öffnet sich immer mehr für Musik vom Kontinent. Südamerika ist schon seit einigen Jahren ein boomender Markt. Neuerdings touren die Künstler zweimal im Jahr durch die USA.“ Seit kurzem arbeitet Artist Alife in Berlin im Verbund mit einer Management-, sowie Veranstaltungsagentur, betreut werden hier beispielsweise die Karrieren von Loco Dice, Chris Liebing oder Marcel Dettmann. Ed Karney von Grade, Manager von Künstlern wie Seth Troxler, Jackmaster und Eats Everything ergänzt: „Orte wie Australien oder eben Brasilien waren immer drei bis vier Jahre zurück. Das ist jetzt anders. Diese Szenen entwickeln sich viel schneller. In Brasilien boomt die Wirtschaft. Die neue Mittelklasse will ausgehen und sich amüsieren. Früher waren in Südamerika Sasha oder Steve Lawler groß. Dann kam Cocoon und jetzt halt viele andere.“


INTERVIEW

Die Bookerin: Katrin Schlotfeldt (Artist Alife)

Katrin Schlotfeldt ist eine der einflussreichsten Bookerinnen im deutschsprachigen Raum. Wir sprachen mit ihr über ihre Arbeit, die negativen Veränderungen der vergangenen Jahre in der Szene und wie man sich den Spaß dabei trotzdem nicht verderben lässt. Zum Interview.


Das Internet und das Reisen haben die Clubmusik an Orte gebracht, die für Vinylvertriebe und Musikzeitschriften zu entlegen waren. Heute gibt es in Brasilien eine voll funktionierende Szene mit lokalen Stars. Die internationalen DJs begegnen dort einem Publikum, das mit der Musik seit Jahren vertraut ist. Clubmusik ist mittlerweile fast überall auf dem Planeten vorstellbar. „Nick Warren spielte gerade in Angola. Das letzte Mal, als ich von dem Land las, tobte dort Bürgerkrieg“, sagt Ed Karney. Und Seth Troxler ergänzt: „Freunde von mir machen Partys im Irak. In Ländern wie diesen ist die Leidenschaft und Liebe unserer Musik noch fast unbekannt, aber es ist doch wunderbar mit der Musik auch, einen Hoffnungsschimmer dort hin zu bringen.“

Natürlich stellen die Bookings in den fernen Ländern die Agenturen vor Herausforderungen. Wer kümmert sich in dem Land um das Wohlergehen und die Sicherheit des DJs? Meistens arbeitet der Booker mit einem Sub-Agenten zusammen, der hilft, die Sprachbarriere zu überwinden und beurteilen kann, ob ein Veranstalter vertrauenswürdig ist. Mit wem man kooperiert und in welchen Ländern man spielt, ist auch eine politische Frage. In vielen der aufstrebenden Staaten wie Brasilien, Russland, Indien, China oder Korea ist zum Beispiel Tabaksponsoring noch legal. Dort spielt die dazugehörige Industrie eine maßgebliche Rolle im Club- und Festival-Geschehen. Wie positioniert man sich als Künstler und Booker dazu? Manager Ed Karney meint: „Wir arbeiten nicht mit Zigarettenherstellern zusammen. Das ist eine moralische und ethische Frage. Wir arbeiten auch nicht in Dubai und anderen Ländern des Nahen Ostens. Deren Politik lehnen wir ab.“ Doch mit dieser Meinung gehört er in der Szene zu einer Minderheit.

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