Text: Jan Rödger
Erstmals erschienen in Groove 148 (Mai/Juni 2014)

Was hat der Pont du Gard mit dem Stummfilm The Three Ages von Buster Keaton zu tun? Wenn man Jeff Mills fragt, dann kann die Antwort nur Techno sein. Der heute 51-Jährige ist unablässig dabei, seine Vision von Techno mit anderen Kunstformen zu verschmelzen. Jüngstes Beispiel ist der Film Man From Tomorrow, mit Mills und seiner Musik als Haupdarsteller. Es ist kein Porträt des Technopioniers, sondern ein Experimentalfilm, bei dem Mills seine eher utopische und ziemlich kryptische Weltsicht präsentiert. Doch bei allem Futurismus schaut Jeff Mills auch gerne zurück. Ein Gespräch über den Film, Detroit, seine Mutter und warum er vielleicht doch lieber ein Hip-Hop-DJ geblieben wäre.

Jeff, dein neuer Film „Man From Tomorrow“ ist ein Film mit kryptischer Bildsprache. Es fehlt zudem eine klassische Erzählstruktur. Meinst du nicht, dass die meisten Menschen nach einer Geschichte oder zumindest einer Botschaft in Filmen suchen?

Vielleicht. Aber auch nur, weil wir darauf programmiert wurden, nach Geschichten zu suchen. Sobald es kein konventionelles Storytelling gibt, hast du als Zuschauer nur zwei Möglichkeiten: Entweder du lässt dich darauf ein oder du schaltest ab. Aber die, die sich darauf einlassen, können etwas Neues und Wundervolles erleben. In Man From Tomorrow wollten die Regisseurin Jacqueline Caux und ich die psychologischen Aspekte der Musikproduktion darstellen. Der Film spiegelt so auch die geistige Haltung wider, die ich beim Produzieren immer erreichen will.

Wir sehen eine Menge futuristischer Architektur, deren Oberfläche sich von Zeit zu Zeit schlagartig ändert. Gleichzeitig sehen wir Menschen in Bewegung, die bei der Oberflächenänderung sofort innehalten.

Grundsätzlich ist das ein Symbol für unsere Umwelt, die sich schlagartig ändern kann. Wenn das passiert, müssen auch wir Menschen uns anpassen.


Video: TrailerMan From Tomorrow

Wie in deiner Heimatstadt Detroit? Mit der Modernisierung der Autoindustrie schwanden auch die Arbeitsplätze. In den vergangenen 30 Jahren hat die Motor City dadurch sehr viele Einwohner verloren, 2013 musste sie sogar Konkurs anmelden.

Ehrlich gesagt habe ich Detroit ganz anders in Erinnerung, als es heute ist. Ich habe fast meine ganze Jugend in dieser Stadt verbracht und bin mit Anfang 20 weggezogen. Und als ich jung war, habe ich mich für Basketball, Radfahren oder Mädchen interessiert. (lacht) Zu dieser Zeit war Detroit eine Stadt der Mittelschicht – wie fast jede andere Stadt auch. Eigentlich sogar gehobene Mittelschicht, mit recht hohem Bildungsniveau und einem guten sozialen Klima. Man war an Kultur interessiert, der Zugang zum Rest der Welt war einfach. Allerdings war Detroit auch schon immer ein raues Pflaster, die Menschen haben sich daran gewöhnt. Klar, es gibt jede Menge verlassene Gebäude, sogar ganze Straßenzüge sind leer. Aber ein paar Blocks weiter findest du auch wieder eine lebendige Nachbarschaft, und diese Menschen gehen nirgendwohin!

Das Detroiter Kollektiv Scan 7 sagte mal, dass Detroit über drei natürliche Ressourcen verfügt: Trinkwasser, Salz und Techno. Richtig?

Ja, ich denke, das ist korrekt! (lacht) Ich glaube, dass sich dieser Ausspruch vor allem auf die anfängliche Entwicklung von Techno in Detroit bezieht. Denn das war schon irgendwie natürlich: Wenige der Protagonisten damals standen in Beziehung oder gar im Austausch zueinander, es gab viele Einzelgänger. Ich denke, dass das vermutlich auch zu den vielen Stilen geführt hat, die unter dem Namen Techno veröffentlicht wurden. Wir waren nicht alle im selben Raum und haben zusammen gejammt und diese Musik gemacht. Derrick May und Juan Atkins kannten sich, Kevin Saunderson kam später dazu. Aber der Rest hat so ziemlich unabhängig voneinander an seiner Version von Techno gearbeitet.

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