Gespenstisches Grummeln, kosmische Klänge, Melodien aus dem letzten Winkel des Alls: Mit „The Opening Scene“ fällt der Vorhang zum neuen, bereits sechsten Album von Peter M. Kersten alias Lawrence. Doch wer auch in den restlichen zehn Stücken von Films & Windows nach beatbefreiter Klangforschung oder Genreausfahrten abseits des gewohnt weiten wie tiefen Housekosmos des Hamburgers sucht, wird bis auf den knapp vierminütigen Abspann „Teenage Barb“ enttäuscht.
Dass er Ambient, Hip-Hop oder Downbeat, also den mitunter wichtigsten Kitt für heutige House-Alben, beherrscht, hat Lawrence bereits zu Genüge bewiesen. Statt sich diesem aber in Form wegzehrender Interludes zu bedienen, bleibt Lawrence dieses Mal lieber auf (fast) kompletter LP-Distanz seinem Stil treu. Ein Stil, der seine Aha-Momente noch immer aus den feinen Nuancen einfacher gestalterischer Elemente und dem Fallenlassen im Groove ohne eine Spur von Effekthascherei zieht. Wahlweise schweben oder fließen Lawrence’ Tracks, nie aber zielen sie geradewegs auf den großen Knall. Und schon gar nicht auf die Peaktime, sondern den Moment, wenn Beine und Kopf langsam weich und die Sonne am Horizont immer größer werden. Dann nämlich, wenn nicht mehr maximal effektive und steroid aufgepumpte Kickdrums, sondern wehmütig-sphärische Melodieläufe und träumerische Flächen, die den Hörer mitnehmen und in Trance versetzen, im Mittelpunkt der Party stehen. Wenn man vom Sound nicht mehr umgeblasen, sondern mit Gefühl durch den Rest der Nacht getragen werden möchte.
Nur wenige beherrschen diese Art Dancefloor-Blues so perfekt wie Lawrence, Films & Windows beweist das erneut eindrucksvoll. Allerdings kaum beim ersten – vielleicht nicht einmal dem zweiten – Hördurchlauf, weil dabei nur wenige Details oder Strukturen, lediglich einige Melodien und Momente hängen bleiben. Wohl aber der Wunsch, noch einmal einzutauschen in ein Album, aus dessen zunächst scheinbarer Gleichförmigkeit sich Mal um Mal weitere, ganz neue Welten auftun. Spätestens beim vorletzten Track, dem bereits von einer früheren Dial-Single bekannten „Creator (Final Call)“, einem Meisterwerk zwischen den frühen Soul Capsule der Nullerjahre und einem gezähmten Carl Craig, wird allerdings klar, dass man es bei Films & Windows mit einem der zwar unscheinbar- sowie feinsinnigsten, aber dennoch gehaltvollsten House-Alben des bisherigen Jahres zu tun hat.
Stream: Lawrence – Films & Windows (Album Preview)