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Zeitgeschichten: CAN

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Es passt ins Gesamtbild, dass ihr mit einem eurer unkonventionellsten Alben, sofern der Begriff im Zusammenhang mit Can überhaupt Sinn ergibt, einen der größten internationalen Erfolge gefeiert habt. Das Album „Flow Motion“ von 1976 mit der Discosingle „I Want More“ war ein Riesenhit in UK. Es gab einen ziemlich legendären Auftritt bei „Top Of The Pops“. Wie habt ihr das Aufkommen von Disco damals verfolgt?

Czukay: Disco war einfach auf den Punkt gebrachter Rhythmus, das hat uns natürlich interessiert, auch wenn wir keine totalen Discofreaks waren. Wir hatten ja immer schon stark groovebasierte Musik gemacht. „I Want More“ war dann vielleicht die Zuspitzung all dessen.


Video: CanI Want More (Live bei Top Of The Pops)

Schmidt: Es war ja nicht unser erster Discohit. „Mother Sky“ von dem Album Soundtracks ist damals zum Beispiel viel in den Diskos gespielt worden, das darf man nicht vergessen. Auch wenn es natürlich eine ganz andere Form von Discomusik war. Ich bin Ende der sechziger Jahre, Anfang der Siebziger selbst noch viel in Diskos gegangen und habe getanzt. Ich glaube, es gab immer schon Sachen, die ich toll fand, andere eben nicht. James Brown war wahnsinnig wichtig für Can. Sly Stone natürlich auch. Bei Can gab es immer schon Stücke, auf die man tanzen konnte. Auf andere konnte man eben nicht tanzen, aber das war ok. Man muss ja nicht immer tanzen. Dann setzt man sich halt mal hin und hört einfach nur zu.

Gab es jemals Überlegungen, Can noch einmal zu reaktivieren, oder war dieses Kapitel spätestens mit dem Tod Michael Karolis 2001 besiegelt?

Schmidt: Nein, dieses Kapitel ist besiegelt. Can wäre nur denkbar mit Michael. Wir hätten uns aber auch mit Michael nie noch mal auf die Bühne gestellt und „Spoon“ oder „Vitamin C“ performt. So etwas finde ich schrecklich. Wir hätten, wenn überhaupt, etwas ganz Neues gemacht, das man von Can so nicht erwartet hätte. Jaki Liebezeit, Burnt Friedman (langjähriger musikalischer Partner von Liebezeit, Anm. d. A.), Jono (Podmore alias Kumo, musikalischer Weggefährte und Schwiegersohn Schmidts, Anm. d. A.) und ich haben kürzlich mal ein bisschen zusammen im Studio gearbeitet. Mal sehen, was dabei herauskommt. Aber auch wenn es personelle Überschneidungen gibt: Das ist nicht Can, sondern etwas völlig anderes.

Czukay: Malcom (Mooney, Anm. d. A.) hat mal versucht, Can in den USA wieder auf die Beine zu stellen, indem er Texte von sich neu vertont hat. Aber mit einer völlig anderen Begleitband. Ehrlich gesagt, das ging ziemlich in die Hose. Bei Can war es ja so, dass der Sänger nur ein Instrumentalist unter vielen ist. Can waren nie eine Backingband für einen Sänger, sondern ein gleichberechtigtes Kollektiv. Das war eben nur in einer bestimmten Konstellation vorstellbar. Ich glaube, da muss man sich nichts vormachen. Aber wir können mit Fug und Recht behaupten, dass wir ein musikalisches Erbe hinterlassen haben. Und es ist doch toll zu sehen, wie sehr sich auch jüngere Musiker immer noch davon inspirieren lassen.

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