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FELIX DENK / SVEN VON THÜLEN Der Klang der Familie: Berlin, Techno und die Wende (Suhrkamp)

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Vor der Lektüre überwog die Skepsis. Noch ein Buch über Berlin und Techno – braucht die Welt das wirklich? Ist nicht spätestens seit Tobias Rapps (ebenfalls bei Suhrkamp erschienenem Werk) Lost and Sound: Berlin, Techno und der Easyjetset bereits alles zum Thema gesagt? Und wieso werden Frankfurt, Mannheim und andere Städte, die für die Techno-Historie dieses Landes ebenfalls von Bedeutung sind, mal wieder außen vor gelassen?

Die Autoren von Der Klang der Familie, der Journalist Felix Denk und der De:Bug-Mitarbeiter und DJ Sven von Thülen, begründen die Beschränkung auf Berlin im Vorwort mit dem Ausnahmeausnahmezustand, der nach der Wende in der wiedervereinigten Stadt herrschte und der in Verbindung mit dem Aufkommen von Techno zu einer Kultur führte, die so an keinem anderen Ort vorstellbar wäre. Die Entstehung des heute allgegenwärtigen Feierhauptstadt-Mythos erzählen Denk und von Thülen als Ost-West-Geschichte und als Porträt einer Generation, die sich einen glücklichen historischen Zufall zunutze machte. Eine der großen Stärken des Buches ist es, dass die Autoren auf eigene Interpretationen verzichten und ausschließlich die Protagonisten der Szene selbst zu Wort kommen lassen. Der Klang der Familie ist aus etwa hundertfünfzig Interviews zusammengesetzt, wobei Denk und von Thülen nicht nur die längst bekannten DJs, Produzenten und Clubbetreiber befragt haben, sondern auch Türsteher, Tänzer und Leute, die im Hintergrund tätig waren. Aus diesen Interviews haben die Autoren in bewundernswerter Fleißarbeit einen vielstimmigen Chor zusammengesetzt, der die Geschichte der Berliner Techno-Kultur von ihren Ursprüngen in den Untergrundszenen der achtziger Jahre in der geteilten Stadt über die abenteuerliche Eroberung der Freiräume Ostberlins nach dem Fall der Mauer und die Etablierung der Detroit-Connection bis hin zur Kommerzialisierung Mitte der neunziger Jahre erzählt. Dank des dramaturgischen Gespürs der Autoren bleibt diese oral history über weite Strecken hinweg so spannend wie ein Thriller. Sehr geschickt ist auch der Titel des Buches gewählt: Der Track „Der Klang der Familie“ von 3Phase feat. Dr. Motte war als Hymne des Future Sound Of Berlin konzipiert und sollte die Einheit der Partyfamilie überhöhen, wurde dann aber zum Zankapfel zwischen seinen Produzenten und zu einem Symbol für den zunehmenden Konkurrenzkampf innerhalb der Szene.

Nach mehr als 400 Seiten sind die anfänglichen Zweifel schließlich wie weggeblasen. Ja, dieses Buch ist nötig! Mehr noch: Es hat das Zeug zu einem unverzichtbaren Standardwerk, nicht nur für Techno-Historiker, sondern für alle, die sich für das Alltagsleben im Berlin der wilden Wendejahre interessieren.

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