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CARIBOU Swim (City Slang/V2)

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„Odessa“ erschien vorab und erfüllte seine Aufgabe: Der Popsong aus funky Drums mit Schellenkranz-Begleitung und mittiger Jünglingsstimme deutete an, dass von Caribou auch in diesem Jahr etwas zu erwarten war. Swim macht es spannend, denn auch in der Tracklist dieses dritten Albums von Dan Snaith steht „Odessa“ ganz am Anfang. Was dann folgt, ist indes weitaus mehr, als man sich nach dem Stück mit dem Unfallvpopeo ausmalen durfte. Denn danach spielt Caribou erst so richtig auf: Swim ist ein Triumph.

„Sun“ etwa operiert mit weichem Snarezischeln. Dazu sind Orgeltupfer zu vernehmen. Sie weichen den treibenden Beat auf, ohne ihn seiner Durchschlagskraft zu berauben. Nur ein Wort gibt Snaith hier von sich: „Sun“. Dies wird jedoch in immer neuen Variationen durch das Arrangement geschickt, bis es wie ein Mantra wirkt. Die einzige Bedeutung des Worts liegt nun in seinem Klang. Derweil hat sich aus der analogen Schlagzeug-Programmierung ein kubistischer Synthesizer herausgeschält. Im weiteren Verlauf des Albums erweist sich dieses Prinzip als identitätsstiftend. Jeder Track erfährt Klangverschiebungen. Sie überraschen, wenn sie unterschwellig verlaufen. Ebenso liebt Caribou die abrupten Breaks, etwa wenn „Hannibal“ nach zwei Dritteln vom Afterhour-Strahler zum Percussion-Zombie mutiert.

Im richtigen Moment hat Dan Snaith die richtigen Menschen um sich gesammelt. Sie hatten die richtigen Ideen, sie hatten die Instrumente und davon nicht zu wenige. Und aus dieser Addition ergibt sich ein glücklicher Moment. Einer, in dem alles aufgeht, woran Snaith zunächst als Manitoba, nach der Klage eines Punksängers schließlich unter dem Namen Caribou gearbeitet hat. Swim. Diese Tracks, neun an der Zahl, zeigen, dass es möglich ist: neue Musik zu machen, Sounds, die so noch niemand gehört hat. Die überwältigen, ohne dass „Überwältigung“ auch je nur ein Ansinnen von Caribou und seinen Mitstreitern gewesen wäre. Die Expressivität von Rock, das Antidesign des Freejazz, die Sensibilität für all das, was mit den Sinnesorganen nicht wahrgenommen werden kann. Das Aquarellene der Beach Boys. All das steckt in Swim, ohne dass Caribou es als Referenz ausstellen müsste. Wie konnte es zu diesem Wurf nur kommen? Offensichtlich hat Snaith der Auftritt für das Festival All Tomorrow’s Parties im September 2009 in New York schwer geprägt. Er erhielt das Budget für eine fünfzehnköpfige Band – darunter Four Tet, der Anführer des Sun Ra Arkestra, Marshall Allen, und Jeremy Greenspan von den Junior Boys. Inspiriert von dieser Erfahrung engagierte er eine vierköpfige Gruppe aus Freejazz-Bläsern. Sein „eigenes Klangvokabular zu finden“, das ist laut Snaiths Aussage das Ansinnen gewesen, als er mit den Aufnahmen zu Swim begann. Es ist das Vokabular, das wie kein anderes zeigt, was zurzeit möglich ist.

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