Pianisten-Wunderkind Francesco Tristano hat durch seine beiden Soloalben auf Infiné, Not For Piano und Auricle/Bio/On, sowie seine Aktivitäten mit Carl Craig und Moritz von Oswald bereits für einige echte Geniestreiche gesorgt – und dabei fleißig an der allseits diskutierten Verschränkung von Klassik und Club beziehungsweise „E“ und „U“ gearbeitet. Das war nicht nur äußerst erfrischend, sondern hat auch auf ganz natürliche Weise Welten miteinander vereint, die bisher nur schwer miteinander vereinbar schienen. Gemeinsam mit Rami Khalifé, ebenfalls am Piano, sowie dem ehemaligen Cassius-Drummer Aymeric Westrich wird als Aufgang seit einiger Zeit genau dieser Ansatz konsequent fortgeführt.
Doch während Tristano bei seinen Solowerken den Club zwar stets fest im Blick hatte, diesen aber letztendlich immer nur am Rande streifte, werfen sich Aufgang nun mitten drauf auf die Tanzdiele. Und sie tun dies mit dem liebenswürdigen Enthusiasmus von kleinen Jungs, die der große Bruder gerade eben zum ersten Mal mit seiner Modell-Eisenbahn spielen lässt. Nachdem mich bereits die EP „Sonar“ weggeblasen hatte, setzt das Debütalbum der Herren nun noch mal eins drauf, schaffen sie es hier doch, das euphorisierende Moment moderner Clubmusik mit der Virtuosität der Julliard-trainierten Pianisten Tristano und Khalifé zu paaren – und dabei auf aufregende Weise neue Wege auf dem Dancefloor aufzuzeigen.
Die Wucht, mit der Stücke wie „Channel 7“, „Sonar“ oder auch das bleepig vocoderisierte „Good Generation“ die Einfachheit von Ravehooks mit virtuosen Pianoimprovisationen kombinieren und den Tracks dabei einen ungeahnten Facettenreichtum verleihen, ist bahnbrechend. Und vor allem schaffen es Tristano, Khalifé und Westrich, Clubmusik aus ihrer zunehmend linearen Eindimensionalität zu befreien und dabei eine derart mitreißende Energie zu entfalten, wie es einzelne Platten seit dem Detroit-Techno-Frühling Anfang der Neunziger kaum noch zu vermitteln vermochten.
Da erscheint es rückblickend auch nur mehr als naheliegend, dass Tristanos „Strings Of Life“-Coverversion einer seiner ersten Berührungspunkte mit Clubmusik war. Bei Aufgang schimmert die Freude an sowohl klassischem Klavierspiel als auch der Abfahrt im Club durch jede Note, und das ist nicht nur wohltuend frisch, sondern zuweilen einfach so schön, dass man feuchte Augen bekommt. Und, mal ehrlich, wann konnte man das zuletzt von einer Platte behaupten? Da bleibt nur zu hoffen, dass man Aufgang hoffentlich auch hierzulande bald live erleben kann, ist ihnen doch eins der wunderbarsten, originellsten und spannendsten Alben der vergangenen Jahre gelungen.