Letzte Woche haben wir uns bereits eine kleine Verzögerung erlaubt und auch in der zwölften Kalenderwoche kommen unsere Office Charts mal wieder etwas später als gewohnt. Wir brummeln eine verschämte Entschuldigung, geloben Besserung und schieben es solange auf den Produktionsstress der neuen Ausgabe der Groove – einige munkeln sogar, unser Online-Redakteur sei dreister Weise auf einen Kurzurlaub verschwunden und hätte den Rest der Redaktion im Stich gelassen. Wie dem auch sei, wollte hier definitiv gut Ding Weile haben: Der Amsterdamer Tracey, die Hardware-Posse London Modular Alliance und Überflieger Ryan James Ford sowie das House-Urgestein Nick Höppner und der in diesem Jahr verdächtig zurückhaltende DJ Sotofett sollten uns mit ihren neuen Singles noch weit über diese Woche hinaus beschäftigen. Was nicht heißen soll, das wir nächste Woche nicht wieder pünktlich für euch da wären.
In der Amsterdamer Clubszene ist er kein Unbekannter: Tom Ruijg legt hauptsächlich unter seinem Geburtsnamen auf und hat in den vergangenen Jahren Platten auf Soweso oder Karat veröffentlicht. Als Tracey legt er nun seine Debüt-EP auf Tom Tragos Voyage Direct Label vor. Und man sollte sich den Namen unbedingt merken: „Skyfall“ hält spielerisch die Balance zwischen Glückselig-über-die Wiesen-laufen-Melodien mit einer gesunden Note New Age auf einem bassstarken Dance-Fundament, wie man es auch bei vielen britischen Post-Detroit-Tracks der frühen 90er Jahre kannte. Tape Records-Gründer Deniro begradigt die Nummer in zwei Mixes zu etwas direkter pumpenden, Acid-lastigen Tracks.
4. London Modular Alliance – Home Grown EP (Hypercolour)
Only gear love is real love – das würden die drei Mitglieder der London Modular Alliance wahrscheinlich sofort unterschreiben. Koova, Yes Effect und Pip Williams bilden eine Gruppe Modular-Liebhaber, die bisher vor allem live aufgetreten ist und dabei großen Wert auf Improvisation, beeindruckenden Kabelsalat und das Abhandensein eines Computers Wert legt. Nach zwei EPs auf Applied Rhythmic Technology und Brokntoys kommt nun mit der Home Grown EP das London Modular Alliance-Debüt auf Hypercolour. Es sind vier Tracks mit klassischen Electro-Rhythmen und erfreulich straffem Arrangement, die nichts von der Orientierungslosigkeit besitzen, die vielen Modular-basierten Jams oft zu eigen ist.
3. Ryan James Ford – Firepark (Shut)
Der im kanadischen Calgary aufgewachsene und 2011 nach Berlin gezogene Producer Ryan James Ford hat in den vergangenen zwei Jahren drei Platten veröffentlicht, die erste auf Marcel Dettmanns MDR, die zweite auf seinem eigenen Label Shut, die dritte auf dem gleichnamigen Label von Answer Code Request – wer solche Protegés hat, muss sich um seine Reputation erst einmal keine Sorgen machen. Firepark schließt mit seinen vier Tracks nun nahtlos an seine vorangegangenen Maxis an, lässt aber auch verstärkt softeren Ambient-Tönen und luftigen Breakbeats Raum wie in „Rohmie Sinkt“. Der Tracktyp Berghain-Brecher-mit-Gefühl, für den Ford bisher stand, gibt es hier mit „Fatih Servet“ aber auch wieder zu hören. Schöne EP.
2. Nick Höppner – Box Drop EP (Ostgut Ton)
Vorab-EP zu dem dem im Juni erscheinenden neuen Album des Berliner Panorama Bar-Residents (und ehemaligen Groove-Redakteurs) Nick Höppner. Wie immer bei ihm ist das Spiel zwischen komplexen Harmonieebenen, Funktionalität und der Freude an großen Gefühlen (hier vor allem auf der B1, „Still“) deutlich herauszuhören. Höppners Stärke ist ja, dass er sich eben nicht beschränkt und keiner gerade angesagten Soundmode hinterherläuft, sondern seit Jahren eine Musikalität im House findet, die zumindest bei deutschen Producern selten zu finden ist. Drei perfekte Tracks für die kommende Open Air Saison.
1. DJ Sotofett – Borft EP (Borft)
Ist das wirklich die erste DJ Sotofett-Platte in diesem Jahr? Scheint so. Aber keine Angst, der Mann der allein im vergangenen Jahr acht Maxis (darunter einige zugegebenermaßen in Kollabo-Projekten enstandene) herausgebracht hat, zeigt weiterhin keine Anzeichen des Schwächelns. Die neue 5-Track-EP erscheint bei dem schwedischen Label Börft Records, das inzwischen auch seit 30 Jahren besteht. Unter den Tracks ist zwar kein Hit wie „Current 82 (12 Mix)“ zu finden, mit „Ol Pa Ibiza“ ist aber eine augenzwinkende Piano-lastige Hommage an den frühen House-Sound der Baleareninsel zu hören und mit „Nekta Ol Pa City Club“ ein famos nagendes Stück Acid-House.