Foto: Ivana Neimarevic
Musik existiert nicht. Das zumindest schreibt Thomas Köner in den Linernotes zu seinem neuen Album Tiento De La Luz, das im Februar auf Denovali erscheinen wird. “Der Beat hat keine Präsenz und kann nur auf den folgenden Beat verweisen, die einzelne Note ist unmittelbar abhängig von ihren Nachbarn in der melodischen Linie, der Akkord ist verzichtbar nach seiner harmonischen Auflösung und ein abstraktes Geräusch hemmt das andere. Diese Elemente sind offensichtlich marginal, periphere Gesten, die ich in meiner Arbeit emphatisch peripherisiere.” Heißt: Es gibt höchstens das Klangereignis und seine Nachbarschaft. Noch weiter geht der Multimediakünstler: Das Jetzt existiere ebenfalls nicht, höchstens nur Zeitpunkte. Seitdem der Bochumer Produzent in den neunziger Jahren mit Porter Ricks schon die Gegenwart in buchstäblich zeitlosem Dub Techno auflöste, arbeitet er also solo weiter an der Erforschung und Transzendierung von Klang und Ort, Ton und Zeit.
Was kompliziert klingt, leuchtet schnell ein, wenn wir bei Köner weiterlesen. Der nämlich findet die Klangfarbe wichtiger. “Die Lehrbuch-Definition von Klangfarbe kann nur beschreiben, was sie nicht ist: Klangqualitäten, die nicht in Relation zu Tonhöhe, Lautstärke oder Dauer stehen”, schreibt er. “Klangfarbe ist deshalb das Abwesende und doch das absolut Präsente. Zum Beispiel, wenn eine Mutter ihrem Kind eine Geschichte vorliest, liest sie Wörter aus Buchstaben. – Aber das Kinder hört das ‘Ich liebe dich’ aus ihrer Stimme. Das ist die Resonanz. Ich schmeiße einen Kieselstein in den See und dort ist Resonanz. Wenn der Kieselstein dreckig ist, ist trotzdem Resonanz vorhanden.” Selbst wenn es Musik also nicht: Alles was klingt, klingt auch nach.
Einleuchtend übrigens ist genau das richtige Stichwort für eine Platte, die sich per Titel “la luz”, also dem Licht verschrieben hat. In Anlehnung an die lose musikalisch tradierte Kategorie des Tiento – womit gemeinhin im Spanischen Tastenmusik bezeichnet wird. Schon auf dem Vorgängeralbum Tiento De Las Nieves (“Schneetiento”) spielte das Klavier deshalb eine im wahrsten Sinne des Wortes tragende Rolle, die Tiento De La Luz treten neben Köners Elektronik auch traditionelle Instrumente wie die Viola da Gamba hinzu. Der fünfte von insgesamt sechs Tientos der im Februar erscheinende Platte, auf die mit Tiento De La Oscuridad eine Hommage an dunkle Klangfarben folgen soll, erinnert mit seinen schillernden Bläsereinsätzen an das elegische Pathos eines William Basinski. Resonanz heißt hier tiefgründige Melancholie. Wir haben “Tiento De La Luz 5” als exklusive Premiere für euch!
Thomas Köner – Tientos De La Luz (Denovali)
2. Tiento De La Luz 2
3. Tiento De La Luz 3
4. Tiento De La Luz 4
5. Tiento De La Luz 5
6. Tiento De La Luz 6
Format: CD, LP, Download
VÖ: 5. Februar 2016