Es gibt Musiker, die schreiben Songs und produzieren Tracks, weil es ihnen ein inneres Bedürfnis ist. Sie würden es auch ohne Label oder ermutigendes Soundcloud-Feedback tun. Und es gibt Musiker, die brauchen einen äußeren Antrieb, um sich ins Studio oder an ihren Laptop zu setzen. Die erste Art von Musikern macht nicht zwangsweise bessere oder schlechtere Musik als die zweite. Giorgio Moroder und Paul Kalkbrenner gehören, zumindest heute, zur zweiten Sorte Musiker.
Moroder hat sich zu einem neuen Album, seinem ersten seit Jahrzehnten, entschlossen, weil er seit seiner Zusammenarbeit mit Daft Punk einen zweiten Frühling erlebt und nochmal den großen Hit will. Kalkbrenner hat sich zum Ziel gesetzt, so seine Plattenfirma, sich „auf das nächste Wahrnehmungs-Plateau zu hieven“. Um diese Ziele zu erreichen, haben sich beide entschlossen einen Vertrag mit Sony Music, einem der letzten drei verbliebenen Major-Labels, abzuschließen. Nicht in erster Linie weil das Unternehmen den höchsten Vorschuss zahlte, sondern – ein eher seltener Grund – weil das Label in beiden Fällen als Vocal-Lieferant diente. Der Alt-Star Moroder nahm das Angebot an, weil er nach eigener Aussage, so mit den für ihn interessantesten jungen Sängerinnen (u.a. Charlie XCX und Sia) zusammenarbeiten konnte. Der Mittelalt-Star Kalkbrenner sagte zu, weil ihm das Label sein riesiges Archiv für Gesang-Samples (u.a. D-Train, Jefferson Airplane, Luther Vandross) öffnete.
Wirklich überzeugen können beide Alben nicht. Giorgio Moroder setzt zwar immer wieder eigene klangliche Kennzeichen wie Vocoder oder seine markanten Bassläufe ein, vor allem klingen die neuen Songs aber wie minderwertige Kopien von Daft Punks Discosound auf Random Access Memories und vor allem Nile Rodgers Gitarrenspiel. Besonders überflüssig: Britney Spears mit einer Coverversion von „Tom‘s Diner“. Paul Kalkbrenner hat seinen Sound diesmal stärker verändert als in den letzten zehn Jahren. Neben den gesampleten Vocal-Hooks schlägt sich das aber lediglich in einem druckvolleren Klang und stärker stampfende Bassdrums nieder, die klingen als wollen sie mit der EDM-Konkurrenz auf den großen internationalen Festivalbühnen mithalten.
Video: Paul Kalkbrenner – Feed Your Head
Video: Giorgio Moroder – Déjà-vu feat. Sia