Fotos: Simone Arena / Movement
Das Movement dürfte in aller erster Linie als Detroiter Festival bekannt sein, das ursprünglich seiner in der eigenen Stadt vergleichsweise unpopulären Techno- und House-Szene ein öffentliches Forum bieten sollte. Inzwischen ist es zu einer groß angelegten, mehrtägigen Veranstaltung mit internationalem Booking und über 120 Acts auf unterschiedlichen Bühnen herangewachsen. In den 14 Jahren seiner Geschichte gab es einige markante Veränderungen in der Organisationsstruktur. So waren für jeweils einige Ausgaben Detroiter Techno-Größen wie Carl Craig, Derrick May und Kevin Saunderson für die Organisation beziehungsweise die programmatische Ausrichtung verantwortlich. Viel Geld wurde dabei immer wieder in den Sand gesetzt, in Folge dessen umstrukturiert und auch der Name geändert: von Detroit Electronic Music Festival zu Movement zu Fuse-In und schließlich zum aktuellen Movement Electronic Music Festival.
Der europäische Ableger heißt schlicht Movement und feierte in diesem Jahr in Turin bereits seine neunte Ausgabe. Warum ausgerechnet in Turin, mag man sich fragen. Außer dass beides Autostädte sind beziehungsweise waren (Turin ist der Firmensitz von Fiat), fallen einem erst einmal keine großen kulturellen Gemeinsamkeiten auf. Wie so oft stecken persönliche Kontakte hinter den Dingen. Die drei europäischen Veranstalter sind gut mit Derrick May befreundet, der den unabhängig produzierten Ableger in Turin von Anfang an unterstützt und wohl auch dafür gesorgt hat, dass seine Detroiter Kollegen beim Booking nicht übersehen oder dass diese die Bookings überhaupt annehmen. May fehlte dieses Jahr zum ersten Mal, angeblich weil er mit seiner kleinen Tochter Halloween feiern wollte.
Wie populär dieser reimportierte Volksbrauch inzwischen in Europa geworden ist, ist am Abend des Festivals nicht zu übersehen: Zwischen all die Kids mit ihren altersüblichen Shopping-Mall-Look mischen sich Gespenster, Skelette, Hexen und aus Filmreihen bekannte Serienmörder. Das Publikum ist jung, über 22 ist hier kaum jemand. Turin verfügt nicht über eine nennenswerte Clubszene, die Kids sind also froh, dass mal was passiert – 25.000 finden ihren Weg zum Movement.
Moodymann
Die Party findet in einer gigantischen Halle außerhalb des Stadtzentrums statt. Der technische Aufwand entspricht dem europäischen Festivalstandard, alles ist gut organisiert und die Masse schiebt sich reibungslos durch die Hallen. Der Sound auf dem Mainfloor ist allerdings zum großen Teil unbefriedigend – so eine zugige Halle lässt sich nun mal schwer mit zwei Lautsprechertürmen rechts und links der Hauptbühne beschallen. Besser waren die kleineren Nebenfloors, die vielleicht tausend Leute fassen und durch niedrigere Decken und einem Minimum an Deko so etwas wie Club-Gefühl aufkommen ließen. Auch wenn es bezeichnend ist, dass auf der Hauptbühne das TechHouse-Triumvirat Better Lost Than Stupid (Martin Buttrich, Matthias Tanzmann und Davide Squillace) zur allgemeinen Begeisterung spielten und Acts wie Jeff Mills, Moodymann und Keith Worthy auf dem kleinen Clubfloor – für die Atmosphäre und den musikalischen Wirkungsrahmen war das wahrscheinlich die beste Lösung. Die Detroiter spielten dann auch sehr entspannt auf, der musikalische Spannungsbogen von Worthy zu Moodymann zu Mills war klug programmiert.
Ellen Allien
Auf der Hauptbühne konnte Ellen Allien nach dem schwarzgewandten Laptop-Trio mit einem erfrischenden Techno-Set aus Neuem und Klassikern wie Mike Dearborns „Deviant Behaviour“ bestechen, während in einem der drei Nebenfloors Steffi ihren Panorama-Bar-geschulten No-Nonsense-Sound spielte – nachdem Timo Maas mit Anne Clarks „Our Darkness“ an sie übergeben hatte. Bis 6 Uhr morgens ging das Movement, danach gab es noch eine offizielle After Hour mit 1000 Leuten und zweiten Sets von Squillace und Allien. Und dort, in einem im besten Sinne schäbigen Warehouse-Club, ohne den ganzen konzertanten Aufbau einer Festivalbühne und der damit verbundenen einseitigen Blickrichtung, kam dann endlich so etwas auf wie Rave-Stimmung.