Aus dem Umfeld von Minus sind nur wenige Produzenten hervorgegangen, die für sich bestehen können. Marc Houle ist einer von ihnen. Auf seinen sechs Alben und diversen Maxis hat er von Anfang an zwei stilistische Stränge verfolgt: Zum einen den düsteren, atmosphärischen, forschenden Technosound, der zu seinem 2010er Opus Magnum Drift geführt hat; in der anderen Linie ironisiert er die Rituale der Clubkultur mit einem nerdigen Kosmos abseitiger elektronischer Klänge: Schalt dein Hirn an, Raver. Auf dieser Linie liegen „Techno Vocals“, „Fusion Pop“, „Where is Kittin?“, und auch sein vorheriges Album, Undercover. Cola Party macht da weiter, schon mit dem Titel ist das klar. In jedem Track nimmt er einen anderen Stil oder Topos auf die Schippe: Bei „Over The Top“ lässt er quadrophonisch aufgeblasene Achtziger-Synthi auf Neunziger-Techno-Bassgedonner clashen. „I Don’t Want To Know About You“ ist einer von Houles genialen, einzeiligen Rohrkrepierer-Pop-Songs. „S.T.E.A.K.“ erinnert mit seinem am Bizarren, Abstrusen interessierten Achtziger-Pop-Verständnis an Legowelt. „Cola Party“ handelt vom Paradox, nüchtern feiern zu wollen. Bei „Jackn’ Jill“ und „Hot Sauce“ fressen sich überschlagende Snaredrums in an Luke Slater erinnernde Technobretter. „Raybans In Bahrain“ ist eine lustige Replik auf „Sunglasses At Night“. „Gimme Gimme“ zielt auf High-Energy-Electro-Pop à la Yello. All das ist geistreich, witzig und technisch brillant umgesetzt. Allein der Raver kommt in diesen Tracks zu kurz. Ihm fehlt ein Flow, von dem er getragen und beharrlich weiter getrieben wird. Indem die Grooves den Raum zwischen Bassline und Kickdrum so weit öffnen, sind sie immer nur Startschuss, nur Aufforderung zum Tanz.
Stream: Marc Houle – Cola Party