Im Beipackzettel für die Presse schreibt Bibio, dass er für dieses neue Album der Natur seinen freien Lauf gelassen hat. Aber ist das nicht immer so bei Bibio, der Ausnahmeerscheinung am Lagerfeuer-Glitch-Folk-Pop-Himmel, dessen Handschrift man immer und überall erkennt und der meines Wissens nach nie ein wirklich schlechtes Lied komponiert hat? Silver Wilkinson ist sein siebtes Album, verflixt ist es dennoch nicht. „The First Daffodils“ ist das schwebende Intro, mit einer nach innen gekehrten Gelassenheit. So beginnt auch „Dye The Water Green“, das teilweise in seiner Ziegelsteinscheune entstanden ist, Regensamples nutzt und eine eigenartige Schwermut verbreitet. Aber auch sonst scheint er oft die Natur seinem Studio vorgezogen zu haben: „À tout à l’heure“ ist in seinem Garten aufgenommen, es war wohl ein verträumter Tag, mit Gießkannentrommelei und Gitarrensolo im Blumenbeet. Mit der MPC hat er dann die letzten warmen Sonnenstrahlen programmiert, das Lied erinnert sehr an „Mind Bokeh“ von 2011. Ebenso wie „You“, doch ansonsten ist Silver Wilkinson weniger Pop, mehr Singer-Songwriter, also viel Gitarre und Gesang – aber das eben auf seine eigene Art. Als Ausreißer im Gesamtbild ist noch „Business Park“ zu nennen, eine Uptempo-Jam-Session im Geiste Boards Of Canadas. Die elf Titel sind abwechslungsreich und wie bei jedem vorherigen Album, entdeckt man weitere Facetten an Bibio, was großen Spaß macht. „Ich vergleiche meine Alben gerne mit den Jahreszeiten – nie gleich und immer Teil eines größeren Ganzen“, sagt er selbst dazu. Recht hat er, und ich fordere alle dazu auf, dieses fantastische Album laut bei offenem Fenster hören, denn dann kann sich auch der Frühling nicht mehr verstecken.
Video: Bibio – Silver Wilkinson (Album Sampler)