„We did it their way.“ Gebeten, etwas zum Ende von Sandwell District zu sagen, brachte Regis in einem Interview mit diesen fünf Worten zum Ausdruck, was mit zum Erfolg des Labels beigetragen haben dürfte: Mit wenigen Worten einen Mythos zu kreieren. Die stete Suche nach der großen Geste, nur um sie im nächsten Moment wieder zu zerstören – dieses Prinzip dürfte sich auch nach dem Ende von Sandwell District im Schaffen der Labelkünstler Regis, Function, Female und Silent Servant widerspiegeln. Dass sie dabei nicht auf ausgetretenen Pfaden wandeln, beweisen Nebenprojekte wie Sandra Electronics, Tropic Of Cancer oder die Zusammenarbeit mit Labels wie Blackest Ever Black, die allesamt Elemente des Post-Punk und Industrial in sich tragen.
Wenn auch nicht zu erwarten, so ist es dennoch plausibel, dass Juan Mendez alias Silent Servant sein erstes Solo-Album nun auf Hospital Productions, dem Label des Noise-Künstlers Dominick Fernow, veröffentlicht. Dieser produziert unter dem Pseudonym Vatican Shadow düster-melodische Klangcollagen, bei denen er mit Drumsounds experimentiert. Mendez, der nach der Label-Auflösung nach Kalifornien zurückgekehrt war, lernte in Los Angeles den Downwards- und Sandwell-Fan Fernow kennen. Kaum war die Idee für das Album geboren, ging es sehr schnell – in wenigen Wochen war Negative Fascination produziert. Trotz der lediglich 40 Minuten Spielzeit baut sich die Spannung im schwebenden Opener „Process“ nur langsam auf – ohne sich jedoch aufzulösen. Das geschieht erst in „Invocation Of Lust“, in dem auch die typische Servant-Kombination aus seufzend-schönen Melodien, trippigen Synthesizer-Schleifen und trockenem Drumming zu hören ist. Die in der Mitte platzierten Stücke „The Strange Attractor“ (mit seinem psychedelischen Wahnsinn) und das verzweifelt-schwere „Temptation & Desire“ scheinen die Geheimnisse der Negative Fascination zu beherbergen. „There are all these fucked up things going on, and we find a way to live within them. I’m fascinated by that“, sagt Mendez im Interview mit Fact. Seine Faszination für verstörende Dinge sei inspirierend für das Album gewesen. Und doch kommen bei aller Traurigkeit immer wieder solch erhabene Schönheit zum Vorschein, wie eine Kerzenflamme, die erst in tiefster Dunkelheit ihre Wirkung entfalten kann. Dieser Logik folgend, muss sich das epische „A Path Eternal“ am Ende natürlich im mäandernden „Utopian Disaster“ auflösen. Negative Fascination ist kein straightes Techno-Album geworden – was auch verwundern würde, wenn man weiß, wozu Silent Servant in der Lage ist. Wie nur wenige versteht er es, die weitreichenden Fäden seiner musikalischen Entwicklung zu einem eindrucksvollen Klangteppich zu verweben.
Video: Silent Servant – A Path Eternal