Mit dem Piano in den Club, das hat man in der letzten Zeit schon häufiger gesehen und gehört. Während aber Tristano’sche oder von Oswald‘sche Ansätze, Klassik und Elektronik zu vereinen, sehr virtuos und experimentierfreudig daherkommen in ihrem Versuch, Elektronik, Rhythmik und Pianosounds miteinander zu verschmelzen und die Grenzen dabei komplett aufzulösen, akzeptieren Bocca Grande einfach, dass Piano und Rhythmussektion, ob nun organisch oder akustisch, ganz für sich stehen. Und so versucht das japanische Duo, bestehend aus Kousuke Ishida alias DJ Trio und Yuka Kobayashi am Piano, gar nicht erst, an diesem Umstand zu rütteln. Muss man ja auch nicht. Mehr noch als bei Tristanos Aufgang-Projekt ist hier Clubmusik mit klassischer Instrumentierung eben genau das, was es ist, nicht mehr und nicht weniger. Und das geht bei einem tollen Debütalbum wie L i t t l e P i a n i s t auch vollkommen okay so. Bocca Grandes Ansatz scheint dabei zugleich sowohl, vielseitiger zu sein als auch direkter im Club angesiedelt, und schafft es, barocke Bach-ismen mit trockenen Beats auf eine Weise zu verheiraten, die sich immer noch als „reduziert“ und „minimalistisch“ bezeichnen lässt. Vollmundige Breitwand-Epen sind aber genauso ihre Stärke, wie schon die wunderbare Vorab-Veröffentlichung „Procedere 2011“ bewies, die mit einem feinen Morgan-Geist-Remix versehen war.
Stream: Bocca Grande – Procedere 2011