Fotos: Ivan Ikić. Dieser Beitrag ist in Groove 174, September/Oktober 2018 erschienen.
Als Teenager in den Neunzigern ging Tijana T. feiern, während Serbien von der NATO bombardiert wurde. Als Radio- und Fernsehjournalistin versuchte sie die junge Technoszene des Landes zu pushen. Sie interviewte Abe Duque auf dem Exit Festival, und der lud sie spontan dazu ein, zu seinem Live-Act zu singen. Sie nahm Platten mit verschiedenen Künstler*innen auf und bald machte sie sich auch als DJ international einen Namen. Einem rohen, analogen Technosound strotzt Tijana T. eine Emotionalität ab, die die meisten DJs nur mit konventionelleren Sounds erreichen.
SIV/ Palata Srbije (Ministerialgebäude)
Den Palata Srbije, der Palast Serbiens, kennt man in der Stadt eher als SIV. Das SIV ist ein architektonischen Juwel und für mich das schönste Gebäude Belgrads. Erst neuerdings wird die Modernistische Architektur aus der jugoslawischen Zeit international beachtet, zurzeit gibt es eine große Ausstellung darüber im Museum of Modern Art in New York. Wie viele ältere Menschen hier trauere ich Jugoslawien nach. Die Idee für dieses Gebäude entspricht der Idee von Jugoslawien. Es ist stolz, modern, integrativ und stark. Das Land war ein sozialistisches Paradies und dieses Gebäude erinnert auch heute noch daran, dass eine solche Gesellschaft möglich ist.
Šarlo (Bäckerei)
Diese Bäckerei verkauft vorzügliches Brot, aber eigentlich ist sie ein Treffpunkt und ein kulturelles Zentrum. Sie wird von einem der ersten Techno-DJs in Serbien, von Vlada Janjic, betrieben, sie ist nach einer serbischen New-Wave-Band aus den 80ern benannt. Vlada Janjic war einer der Macher des legendären, revolutionären Radios B92. Vor ungefähr 7 Jahren beschloss er, mit dieser Bäckerei eine neue “After-Party”-Location zu eröffnen. Sie befindet sich in einer unbeliebten Gegend von Belgrad, in der ich aufgewachsen bin, in der viele Obdachlose und Kleingangster leben. Janjic hat seinen Laden dort eröffnet, weil er an die Gegend und die Menschen dort glaubt.
Palma’s Boutique (Geschäft)
Es ist nicht einfach, in einem so gebeutelten Land wie Serbien jung, modern und unabhängig zu sein. Den Künstlern und Designern, die Palmas Boutique betreiben, ist das gelungen. In dem Laden gibt nur Arbeiten und Produkte junger serbischer Künstler*innen und Designer*innen: Kunst, Bücher, Mode, Designgegenstände. Und es ist wirklich beeindruckend, wie gut die Sachen sind! Mir persönlich macht das Hoffnung. In Belgrad zu leben ist eine Herausforderung, und es ist wirklich leicht, pessimistisch im Bezug auf die Zukunft zu werden. Aber wenn es solche Orte gibt und sie überleben können, mache ich mir nicht mehr ganz so große Sorgen.
Prolece (Restaurant)
Das Prolece ist ein traditionelles Restaurant, wie es sie früher in Belgrad überall gab. Diese Lokale verkauften gutes Essen zu fairen Preisen. Die meisten wurden von privaten Investoren übernommen und modernisiert und haben dabei ihren Charakter verloren. Das ist einer der wenigen Orte dieser Art, der überlebt hat. Dort geht es genauso zu wie vor 50 Jahren. Sogar die Kellner sprechen so wie früher, und die Küche ist so wie die unserer Großmütter. Du kannst da stundenlang sitzen und dich wirft niemand raus. Da gehen die alten Leute aus der Umgebung hin, aber auch junge Intellektuelle und Künstler. Alle sitzen zusammen und genießen das Beisammensein.
Drugstore (Club)
Das Drugstore ist der erste durch und durch konsequente Club der Stadt. In der Vergangenheit haben die Läden immer kommerzielle Kompromisse in der Musik gemacht. Das Drugstore ist das absolute Gegenteil, dieser Club ist so underground, dass es wehtut! Es ist beileibe kein gemütlicher Ort, die ehemalige Industrieanlage kann wirklich gruselig sein. Aber was ist schon Gutes aus Gemütlichkeit entstanden? Mich persönlich hat dieser Club herausgefordert und verwandelt. Meine House-Sets funktionierten dort nicht, ich lernte dort Techno zu spielen und wenig später begann meine internationale Karriere. Zusammen mit dem 20/44 ist dieser Ort meine spirituelle Heimat.
Museum Of Contemporary Art Belgrade (Museum)
Nach einer zehnjährigen Sanierung gibt es in Belgrad endlich wieder ein Museum für zeitgenössische Kunst. Irgendwann waren fast alle Museen der Stadt aufgrund des politischen Chaos und der Korruption geschlossen. Es beschämte mich, das meinen Gästen erklären zu müssen. Auch dieses Gebäude ist ein architektonisches Meisterwerk aus den frühen 1960ern. Die Sammlung umfasst serbische Kunst von 1900 bis heute. Es befindet sich an dem Punkt, an dem die Save in die Donau fließt, und es ist von einem riesigen Park umgeben.