Foto: Presse (Fatboy Slim) Übersetzung: Franziska Finkenstein
Könnt ihr Euch noch daran erinnern, was 1998 alles passiert ist? Eine britische Gruppe namens Faithless behauptete, dass Gott DJ sei während die deutschen Scooter bloß wissen wollten, wie teuer der Fisch sei. In anderen Teilen der Welt gründete sich vor zwanzig Jahren eine Firma namens Google, Großbritannien und der IRA unterzeichneten einen Friedensvertrag und Bill Clinton musste sich unangenehmen Fragen stellen. Und was ist noch alles passiert? Wir sollten wohl nicht Norman Quentin Cook fragen. Denn der war damals hauptsächlich damit beschäftigt, sein Album You’ve Come A Long Way Baby zu produzieren. Das Hit-Album ist bis heute in so ziemlich jeder Top 50-Liste der wichtigsten elektronischen Alben vertreten. Er selbst beschreibt sich heute als „eine nette Zeitkapsel, und manches davon ergibt bis heute Sinn“, während das britische Musikmagazin NME ihn zum „Noel Gallagher der Dance Music in den Neunzigern“ erklärte, als das Album erschien. Cook ist ein Mann mit vielen Namen und Projekten: The Housemartins, Beats International, Freakpower, The Mighty Dub Katz, Stomping, Pong Frogs, Pizzaman and natürlich Fatboy Slim. Gregor Wildermann sprach mit Norman Cook über die Neuveröffentlichung des ikonischen Albums und den noch ikonischeren Videos dazu, über Wiederholung als musikalisches Mittel und welches Schicksal seinem Sohn bevorsteht.
Herr Cook, woran können Sie sich aus dem Jahr 1998 erinnern?
An nicht viel… Mir fällt es schwer, mich an irgendwas aus diesem Jahr zu erinnern. Ich war komplett auf Musik fokussiert und für ein Jahr in meiner Musikblase gefangen. Alles andere schien dabei unterzugehen.
Nicht einmal die Weltmeisterschaft in Frankreich mit David Beckham als Teamanführer?
Ja, ich erinnere mich, aber ich habe dem wenig Beachtung geschenkt. Ich war hauptsächlich im Studio eingeschlossen – das war’s.
In einigen früheren Interviews meinten Sie, dass sie es persönlich schwierig finden, Musik zu beurteilen und dass das Ihnen den Spaß am Leben nehmen würde. Hat sich das verändert?
Natürlich, wenn man älter wird, denkt man über darüber nach, wo man früher stand. Zu dieser Zeit war es sehr aufregend, weil ich das Gefühl hatte, dass alles jetzt passiert. Es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Für mich war es das musikalische Pendent zum Berliner Mauerfall. Musikalisch hat sich zu der Zeit in meinem Leben so viel verändert. Es war einer der Momente, in denen man nicht großartig darüber nachdenkt – man tut es einfach.
Warum war es für Sie so bahnbrechend?
Es fühlte sich an, als würde alles von dem, was ich gemacht und gelernt und vorher durchgemacht hatte, endlich zusammenkommen. Es war die richtige Zeit, um meine Plattensammlung und Synthesizer zu nehmen, die Lage der DJ-Kultur… Alles, was ich als Mitglied in einer Pop-Band wie die Housemartins und als DJ und Produzent gelernt habe – es fügte sich zu einem Ganzen.
Video: Fatboy Slim: Right Here, Right Now
Hatten Sie mit den technologischen Einschränkungen zu kämpfen?
In 1998 hatte ich 47 Sekunden Speicherkapazität. Deshalb hat jeder Track auf dem Album diese 47-Sekunden-Samples. Die haben irgendwie genügt, um nicht zu beschränkt zu wirken, dabei war keines der Samples in Stereo. Die größte Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Album lag darin, dass ich beim zweiten zwei Akai-Samplers benutzt habe.
Ich frage deswegen, weil es ein Charakteristikum vieler der Tracks war, auf einer Phrase oder einem Loop aufgebaut zu sein. Ist das eine künstlerische Entscheidung oder geht das auf die technischen Beschränkungen zurück?
Beides. Ich musste mich manchmal auf eine einzige Phrase stützen, dann habe ich versucht, eine Art Pop-Klangstruktur wie einen Refrain zu kreieren. Dann fand ich aber heraus, dass Wiederholung als gutes Mittel dienen kann. Als ich als DJ auftrat, fiel mir auf, dass, je mehr ich Tunes wiederholte, desto mehr und intensiver sich diese in die Köpfe der Leute reinfrästen. Ja, ich muss gestehen, es war eines meiner Hauptmittel.
Wenn man Tracks wie „Fucking In Heaven“ hört, kommt einem das Wort Ewigkeit nicht so schnell in den Sinn.
Zu der Zeit dachte ich, die Leute hören sich das Album ein, zwei Mal an und das war’s. Ich hätte mir nie erträumt, dass die Leute es heute – zwanzig Jahre später – immer noch hören. Das war nie mein Plan.