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fka.m4a: „Ich bin ein Träumer und möchte Geschichten schreiben”

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Musikgeeks wissen Bescheid: Das digitale Alias m4a hinter dem Akronym fka ist ein Apple-Audio-Codec. Der britische DJ und Producer fka.m4a, hat sich diese Matrix-inspirierten Zeichen direkt in seine Artist-Imago eingebrannt und knackt damit den House-Algorithmus von Sehnsucht und Euphorie zwischen Italo Disco, High-NRG und Progressive House. Damit hat sich der 28-Jährige innerhalb von zwei Jahren von pandemischen Wohnzimmer-Streams bis hinter die Decks der Panorama Bar oder des Tomorrowland katapultiert.

GROOVE-Autor:innen Alexis Waltz und Lea Jessen haben sich mit dem Wahlberliner getroffen, um zu verstehen, wie sich eine Vorliebe zu Londoner Queer-Pop in Berlin zu housig-elektronischem Sound transformieren konnte, welche Rolle die Künstlermutter Peggy Gou dabei gespielt hat – und was die Geschichte hinter der neuen EP ist, die in dieser Woche erscheint.

Wir treffen uns, passend zum herbstlichen Oktober, in einem weitläufigen Café in Friedrichshain, wo Professionals konzentrierte Gespräche führen. Als fka.m4a uns erkennt, grinst er und lässt das Jacken-Gelage für einen kurzen Moment auf dem Sofa zurück, um uns zu umarmen. Die bunten Tattoos am Hals bilden einen Kontrast zu seinem ansonsten dunklen Outfit.

Digitale Tagebucheinträge ins Clublicht gießen

Die Hände am Ingwertee wärmend, erinnert sich fka.m4a sofort an seinen liebsten Sommertrack zurück: „Safe” von Monkey Safari. „Ich mag Musik, die Menschen mit Emotionen verbinden, egal ob mit Nostalgie oder Freude”, meint der DJ. Deshalb versucht er spontan an Tracks ranzugehen. „Wenn ich mir einen Plan mache, bin ich gestresst und es funktioniert nicht. Ich mag emotionales Storytelling – Geschichten mit einem Anfang und einem Ende. Meine erste EP war von einer nostalgischen Liebesgeschichte inspiriert. Ich bin ein Träumer und mag es, Welten zu schaffen”, erklärt er.

So auch bei der aktuellen EP Rapture In Bloom, die vor ungefähr acht Monaten mit dem nun dritten Track „Friends of Desire” begonnen hat. Der erste Solo-Besuch nach einer längeren Berghain-Pause und die „sexual energy” der Crowd inspirierten ihn zu „Grip.” Die EP beschreibe die Intimität, die wir vom ersten Schritt bis zum Höhepunkt durchleben. Eine dauerhafte Inspiration für den Künstler seien vor allem Frauen.

Von Lady Gaga zu Honey Dijon

Der 28-Jährige ist im Londoner Stadtteil Wembley aufgewachsen. Bereits als Kind faszinierten ihn der Facettenreichtum und das Feiern von Andersartigkeit von Lady Gaga sowie das Selbstbewusstsein und die Resilienz von Stars wie Beyoncé oder Rihanna. Mit 18 ist er zu Pop und R’n’B ausgegangen, um dann schließlich vom Guestlist-Host zum Pop-DJ in den queeren Clubs Westlondons aufzusteigen – einen Sound, den er auch nach seinem Umzug nach Berlin im SchwuZ oder bei der schwulen Berliner Partyreihe GMF verfolgte. In dieser Zeit, um 2017, hat fka.m4a erstmals elektronische Musik erlebt – in London waren House Music und das damit verbundene Nachtleben komplett an ihm vorbeigegangen. Bei einem Set von Honey Dijon erkannte er, dass diese Musik eine Kunstform ist. „Ich war sofort inspiriert”, erklärt der Brite. „Als ich dann wieder meine Pop-Sets gespielt habe, wollte ich irgendwann auf den elektronischen Floor der GMF wechseln, um dieses Gefühl mit in meine Sets zu bringen. Da war es aber immer leer, weil 95 Prozent der Leute Pop hören wollten”, sagt der DJ schmunzelnd. „Die Musik und das Gefühl waren der Grund, weshalb ich 2019 endgültig nach Berlin gezogen und nach der Pandemie vollständig in die Szene der elektronischen Musik eingetaucht bin.”

fka.m4a (Foto: aka.m4a)
fka.m4a (Foto: Tony Stewart)

Die 180-Grad-Wende

Wenn fka.m4a an sein Leben vor fünf Jahren denkt, schüttelt er nur ungläubig den Kopf, so viel ist in dieser Zeit passiert. „Es war wie eine Explosion aus dem Nichts, alles ist auf einmal passiert.” Der Wendepunkt war die Pandemie, in der fka.m4a einige DJ-Sets gepostet hatte. Sein HÖR-Stream ging viral, daraufhin kam seine heutige Agentur auf ihn zu und vermittelte 2021 die ersten zwei Berlin-Gigs: Club ØST und Panorama Bar. fka.m4a sei sich bewusst darüber, dass die meisten DJs viele Jahre dafür gebraucht haben, um in der Panorama Bar aufzutreten. „Ich glaube aber, mein Sound und meine Vision haben eine klare eigene Identität.”

Zeitgleich hat fka.m4a durch einen Bekannten, der als Peggy Gous Assistent tätig war, die Star-DJ selbst kennengelernt. Gou war auf der Suche nach neuen Künstler:innen, mit denen sie zusammenarbeiten kann. Sie nahm ihn unter ihre Fittiche, bot erste Support-Slots an und wurde zu einer Art Mentorin. „Sie hat mir beigebracht, resilient und hartnäckig zu bleiben. Ich bin ihr sehr dankbar dafür”, erzählt fka.m4a. „Peggy ist Teil meiner Reise – uns verbindet viel, wir sind bis heute in Kontakt.”

DJ-Ich vs. Producer-Ich

fka.m4a ist nun seit acht Jahren DJ und seit zwei Jahren Producer. Anfangs sei es schwer gewesen, diese zwei Stränge in Sets zu kombinieren. „Mittlerweile komme ich der Sache immer näher”, ist der Künstler überzeugt. Ein langsamer Aufbau und leichte Tracks, mal technoider und mal etwas tranciger, funktionierten gut. Schwer findet fka.m4a es allerdings, clubtaugliche Tracks zu machen. „Alle haben nämlich den Druck, einen Track zu produzieren, der viral geht.”

Musikalisch befindet sich alles unter dem „House-Dach”, es sei schwer, sich auf Genres wie Chicago-House oder Melodic-House festzulegen – dafür mag fka.m4a zu viele Stile. „Ich möchte nicht in Genres denken”, so der Künstler. Um als Act zu funktionieren, sei eine völlige Genrefreiheit allerdings unbrauchbar. Das Einzige, was fka.m4a nicht mag, sind Pop-Edits in House- oder Trance-Sets. „Ich komme aus dem Pop und höre sowohl Pop als auch elektronische Musik jeden Tag – aber eben getrennt voneinander.”

Therapeut der Nacht

Während seiner Sets schafft fka.m4a eine offene, positive Atmosphäre, die Menschen miteinander verbindet und sie glücklich macht. Seine Musik soll nicht nur gehört, sondern gefühlt werden – sie soll Emotionen wecken und Raum für Gemeinschaft bieten.

Wäre er nicht DJ und Produzent geworden, hätte fka.m4a sich wohl der Psychotherapie gewidmet. Was zunächst widersprüchlich klingt, ergibt bei näherer Betrachtung durchaus Sinn: Mit seiner ruhigen, einfühlsamen Art gelingt es ihm, emotionale Prozesse anzustoßen und Menschen auf ihrer Reise zu begleiten – sei es auf der Tanzfläche oder im Gespräch.

Foto: fka.m4a
Foto: Tony Stewart

Genau aus diesem Grund hat fka.m4a in diesem Jahr das Label CONTR4ST gegründet. Die Botschaft von Liebe und Emotionalität will er wie in seinen Sets auch über das Label und die dazugehörigen Event-Serien verbreiten. fka.m4a bezeichnet sich selbst eher als Marathon-Typen anstatt Sprinter. Auch jüngere Künstler:innen will er supporten.

Wir lassen nun die Wärme des Cafés hinter uns, denn es gibt zu tun: fka.m4a nimmt in unserem Beisein noch ein kurzes Promo-Video für den GROOVE Fundraiser #3 auf. Wir verabschieden uns in Vorfreude auf sein dortiges Set.

Die EP Rapture in Bloom erscheint morgen (17. Oktober) auf CONTR4ST.

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