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Die Platten der Woche mit Ben Pest & Kursa, Benales, dBridge vs Forest Drive West, Kangding Ray und Theo Parrish

Ben Pest & Kursa – Hide Rate (Love Love)

Bass, Bristol, kann man nix falsch machen, es geht da eher um den Grad an Genialität und weniger um die Frage, ob das was wird. Was geworden ist es jedenfalls bei Ben Pest und Kursa. Hide Rate ist Euphorielevel: auf der Fanmeile nach circa 28 Leichtbieren Pierre ähm Krause grölen. Und dabei völlig losgelöst sein, das heißt: Den Bodenkontakt zwischen Beinen und Beton so gut es geht vermeiden, während man sein Leben nicht mehr packt. In unserem Fall wegen grabenzuschüttenden Burialbässen. Und Dubstepchaos. Den gesammelten Werken des Hardcore Continuums sowieso. Man kann da lang herumtun und noch ein paar Worte erfinden, die das umschreiben oder zusammenfassen, aber es bringt nix. Ich mein, Musiala erklärt ja auch nicht seinem Gegner, was sein rechter Fuß so kann und wie der jetzt so funktioniert. Er zieht einfach ab. Kabumm! Und dann weiß man es auch so. Also, bitte: Zuschauen, lernen. Gerade bei den Genialen! Christoph Benkeser

Benales – Constant Motion EP (Mitsubasa)

Einen dancefloorgleichen iPhone-Moment wird man mit Benales eher nicht erleben, weil, meine Damen und Herren: Der Franzose macht Techno. Und weil das vernünftiger Techno für, sagen wir Key oder Construct ist, hat sich da nix zu verändern. Er muss nur immer weitergehen, der Loop im Loop im Loop im Loop – und irgendwann, aha, verändert sich dann doch was. Wie hier für das nachhaltig sehr gute Label Mitsubasa. Das Teil heißt Constant Motion, und ausnahmsweise ist das mal ein sehr sinngemäßer Titel für eine Technoplatte. Er zeigt nämlich an, was der Schrittzähler auf deinem iPhone nicht anzeigt: Dass du während einer Klubnacht durchschnittlich 20.000 Schritte machst, ohne an Distanz zu gewinnen. Am Ende kommst du raus, wo du reingekommen bist. Und so ist das hier, und so wird das mit gutem Techno immer sein, solang alles so bleibt, wie es ist. Christoph Benkeser

dBridge vs Forest Drive West – EXITVS009 (Exit)

Das Zusammentreffen von Drum’n’Bass-Veteran dBridge und Forest Drive West, Vordenker der Breakbeat-Renaissance der späten Zehnerjahre, überzeugt auf allen vier Tracks. „Death Race 3000” ist kleinteilig, nervös und etwas manisch, das flirrende Drumming ist lebendig und unberechenbar, für einen Ruhepol sorgt der Bass, der einen einzigen, autistischen Puls setzt. „Vignette” klingt etwas wärmer und hypnotischer, erinnert an trippige Drum’n’Bass-Nummern wie das klassische „The Helicopter Tune” von Deep Blue. Bemerkenswert ist, wie dBridge und Forest Drive West Pads und Flächen in den Beat weben. Mit seinem pulsierenden Bleep, der klingt wie ein Robert-Hood-Stück bei minus 50 Grad auf einer verwaisten Raumstation, ist  „Van Mij” der Ausnahme-Track auf dieser EP. „Spiteful Lips” macht noch überraschend das Dubstep-Fass auf und klingt dabei so schwergängig wie weggetreten. Alexis Waltz

Kangding Ray – Polar EP (Spazio Disponibile)

Kangding Ray darf zwar mit Fug und Recht als Techno-Act bezeichnet werden, sein Sound unterscheidet sich in seiner radikalen Mehrdimensionalität aber beträchtlich vom vantaschwarzen Einheitsbrei. Über, unter, neben, rund um Kick und Bass tut sich beim Franzosen nämlich viel. Da macht die Veröffentlichung seiner Polar EP auf Donato Dozzys und Neels Spazio Disponibile, das Plastizität im Sounddesign quasi zur Maxime erhebt, natürlich Sinn.

Am eindeutigsten für den Dancefloor produziert ist der Titeltrack, der mit Backbeat und metallischem Flirren eine stilsichere Endlosschraube formt, die vage Assoziationen mit Voiski weckt. Wo dieser aber geifernd die Abfahrt sucht – nicht falsch verstehen, auch das macht großen Spaß –, ruht David Letellier, so Kangding Rays bürgerlicher Name, in sich. Er glättet Kanten dort behutsam, wo sie seiner Vision von Balance in die Quere kommen. Wollte man einen billigen Gag reißen, würde man sagen: Seine Musik ist alles andere als eine „Asymmetric Lifeform”, wie der sanft wogende Ambient-Track der Platte betitelt ist, im Gegenteil: Sie hält motorisch präzise das Gleichgewicht. Maximilian Fritz

Theo Parrish –  Lovely Edits Vol.1 (Lovely Edits)

Theo Parrish kombiniert in Lovely Edits Vol. 1 seine Edits von zwei Klassikern aus den Siebzigern und schafft es, die Hörer:innen genau in diese zurückzuversetzen. George Dukes „I Want You For Myself” bringt eine romantische und sinnliche Stimmung mit sich. Die sanfte, soulige Melodie und der entspannte Groove schaffen eine intime Atmosphäre, die in Kombination mit den gefühlvollen Vocals dazu einlädt, sich zurückzulehnen und den Augenblick zu genießen.

Dem gegenüber steht B.T. Express’ „Peace Pipe” mit einer energiegeladenen und fröhlichen Stimmung. Die treibenden Funk-Rhythmen und die kraftvollen Bläser-Arrangements bringen Lebendigkeit und Optimismus in das Stück. Dieser Song strahlt Freude aus, animiert zum Tanzen und sorgt für eine ausgelassene Stimmung. Diese abwechslungsreichen Klangfarben laden dazu ein, die emotionale Bandbreite der Musik der Siebziger zu erleben, von sanften, sinnlichen Momenten bis hin zu kraftvoller, mitreißender Energie. Kim Stuckmann

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