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Rosa Anschütz – Groove Podcast 333

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Foto: Anna Breit (Rosa Anschütz)

Rosa Anschütz überschreitet regelmäßig die Grenzen zwischen verschiedenen Künsten und auch ihre Musik schlägt immer wieder Brücken zwischen verschiedenen Genres. Dasselbe lässt sich auch vom zweiten Album der zwischen Wien und Berlin lebenden Künstlerin sagen: Goldener Strom, ihr Debüt auf Ellen Alliens BPitch Berlin, setzt auf stilistische und klangliche Kontraste. Ihr Mix für unseren Groove-Podcast ist sogar noch abwechslungsreicher ausgefallen, streift quer durch verschiedene Musikarten und bietet so einen Einfluss in die mannigfaltigen Interessen Anschütz’.


Wie liefen die letzten zwei Jahre für dich?

Immer wieder überraschend. Ich hatte mich schon mittlerweile gewöhnt, auf Momente zu reagieren, statt weit im Voraus zu denken. Das hat aus einigen Sachen die Schwere genommen, manchmal vermisse ich aber auch die Einschätzung. Ich konnte in den letzten zwei Jahren Musik veröffentlichen, habe Konzerte spielen können, mein Studium abgeschlossen und merke, dass es bald wieder einen Aufbruch geben wird.

Voriges Jahr hast du dein Studium der transmedialen Kunst an der Angewandten in Wien abgeschlossen. Was hat das Studium umfasst und worauf lag dein Fokus während der Studienzeit?

Mein Fokus bei dem Studium lag immer bei Sound. Ich habe meine Musikvideos für “Rigid” gemeinsam mit Raphael Haider und “Soft Resource” gemacht sowie Klanginstallationen wie das Radio Maria in der Michaelerkirche in Wien realisiert. Mir ging es bei den Arbeiten auch immer um das Interface, das den Sound vermittelt, das sich von dem Soundträger einer Bühnen-/Live-Situation unterscheidet. Ich habe irgendwann gerne mit Bluetooth-Speakern gearbeitet und sie irgendwo in dem Objekt versteckt, wie bei meiner Präsentation von meinen Votivobjekten bei einer Kunstmesse in Wien, „Parallel“, im Jahr 2020.

Deine künstlerische Arbeit und dein Schaffen als Musikerin greifen folgerichtig ineinander – mit dem multimedialen Werk “Du schöne Perle”, deine Diplomarbeit, hast du dich beispielsweise mit dem Prozess des Songwritings auseinandergesetzt. Wie würdest du das Verhältnis zwischen deiner künstlerischen Praxis und deiner Songwriting- beziehungsweise Studioarbeit beschreiben?

Ich mag die Inszenierung auf Bühnen und hatte überlegt, welche Künstlerinnen auch auf Bühnen performen, die ganz andere als meine sind. Ich habe die Musikerin und Parodisten Ellen Obier angefragt, die mit vielen Formaten, unter anderem mit „Ich bin alle Frauen“, auftritt. Sie empfindet Sängerinnen wie Shakira oder Cher nach. Ich habe den Songwriting-Prozess immer so gesehen, dass ich etwas ganz Persönliches noch einmal umformuliere oder umschreibe, damit es zugänglicher wird, mehrere Interpretationen zulässt. In meinen Arbeiten habe ich oft eng mit religiösen Begriffen und Objekten gearbeitet und in der Beschreibung des Selbst, im Innen und Außen, gibt es eine Metapher der inneren Burg mit mehreren Kammern, mit der man näher zum Kern vorrückt. Songwriting sehe ich auch als diese Verhandlung von Innen und Außen, so habe ich mehrere Situationen, Gedichte, Lyrics-Fragmente in einen Choral aus sieben Episoden gebaut, welchen Ellen für mich inszeniert hat. Diese ganzen Layer waren dann auf sechs Speaker im Raum verteilt, die das Chorale stützen sollten. Für mich ist die künstlerische Arbeit ein Ganzes, es kann mich ein Text dazu motivieren, etwas visuell darstellen zu wollen, genauso auch andersherum

Entsprechend des Themas deines Debütalbums Votive hast du tatsächlich zu jedem der Tracks eine Votivfigur erstellt. Hast du Ähnliches mit deinem neuen Album Goldener Strom vor?

Der Goldene Strom ist sehr viel dynamischer und auch seine ganze Entstehung, war ein Stream of Conciousness. Da war nicht viel Platz für visuelle Outputs, bisher. Aber das kann sich auch noch ändern. Vielmehr habe ich mich diesmal auf die Musikvideos konzentriert, die ich mit einem kleinen Team in Gent produziert habe: Alexander Deprez, Floris van Severen, Anna Lugmeier und Gilles Pollak. In den vier Videos nähern wir uns durch unterschiedliche Räume hindurch der Hauptbühne des Theaters. Das Album wehrt sich gegen eine sehr schnelle und wie ich finde oft unpoetische Gegenwart. Wir haben für drei Videos in einem alten Theater in Gent, dem Tinnenpot, gedreht, das durch Pandemie extrem bedroht ist. Wenn man es so sieht, sind viele kulturelle Stätten Trägerinnen oder Opfer unserer ökonomischen Entwicklungen und nicht mehr die großen industriellen Hallen.

Goldener Strom ist in stilistischer Hinsicht sehr vielseitig ausgefallen. Wie ist das Album entstanden und welche Themen sind während der Arbeit daran in es eingeflossen?

Einfach alles! Es war auf einmal viel Zeit da und ich viel am Überlegen wie ich meinen Wohnraum zur Bühne mache. Ich konnte viel überlegen, wie ich performen will, wie ich mich inszenieren will und so sind ganz ehrliche Tracks aus mir rausgesprudelt, die sich ihren Raum nehmen wollen. “I don’t ask how you are, I ask how you behave” ist eine sehr direkte Frage und ein Resultat aus einigen Überlegungen aus der Zeit: Was geht, was nicht, was will ich und was nicht. Im Album sammeln sich die.

Die Beschäftigung mit Sprache und konkreter den Lyrics zu deinen Tracks zieht sich als roter Faden durch dein gesamtes Werk, in deiner Musik singst du mal auf Deutsch und mal auf Englisch. Wie ist dieser ständige Wechsel zwischen den Sprachen zu erklären?

Das mache ich ganz nach Gefühl, es muss irgendwie zusammenpassen. Der Goldene Strom war ein Jam im Studio, ich hatte davor keinen Text. Ich hatte einige Noise-Elemente und Drums und habe einfach auf Aufnahme gedrückt. Anders als früher, wo ich viel entweder auf einer Spur oder nur mit Photobooth gefilmt habe – da gibt es ein großes Archiv – nehme ich alles auf. Trompete und andere Elemente kamen dann in der Arbeit im Studio mit Jan Wagner noch dazu.

Du bist vor Kurzem auch unter dem Namen Kimberly Clark in Erscheinung getreten. Dabei handelt es sich um eine Figur, die sich für eine Art Residency im Schauspielhaus Wien einquartiert hatte. Beteiligt an dem Projekt war auch deine Schwester, die Ausstatterin Lili Anschütz. Welches Konzept habt ihr damit verfolgt und ist die währenddessen geschriebene Musik zur Veröffentlichung vorgesehen?

Auch Kimberly hat wirklich viel gejammt beziehungsweise war es das Konzept, diesen Moment so öffentlich stattfinden zu lassen. Allerdings hatte ich mich da schon thematisch fokussiert was die Lyrics anbetraf und auch nur das Harmonium als analoges Instrument genutzt. Mit meiner Schwester Lili Anschütz haben wir das Drumherum gestaltet, oder eigentlich ihre Persönlichkeit, die sich von meiner abgrenzt. Theaterfundus, Kostümladen etc. Das Schauspielhaus hatte sich als Ganzes zu einem Hotel umgebaut und Künstlerinnen eingeladen. Ich hatte ziemlich schnell eine Diva im Sinne, und war vor allem daran interessiert, wie dieser Begriff noch Modernität hat. Die Umsetzung war dann doch vielleicht sehr einer alten Vorstellung entsprechend, zu bemessen an den Geschenken, die Kimberly auf ihr Zimmer gestellt bekommen hatte. Und für mich habe ich dann auch einmal mehr gelernt, was das Innen und Außen für eine Rolle beim Arbeiten spielt. Anfangs konnte man in ihr Hotelzimmer, während sie gespielt hat. Dann aber hatte ich lieber die Tür zu und war nur noch auf Instagram live. Bis zu einem Konzert am Ende des Projekts, bei welchem alle Hits nochmal live gespielt wurden. Und ja, die Musik wird irgendwie hochkommen.

Du trittst im Clubkontext vor allem live auf, nimmst aber recht regelmäßig auch DJ-Mixe auf und hast mit Total Care auch eine Show beim Hong Kong Community Radio. Welche Rolle spielt das Auflegen in deiner Arbeit?

Das Auflegen spielt eine Rolle, die unterschiedliche Musik, die ich so höre, mal zusammenzubringen und dann in einem Live-Kontext auszuprobieren. Ich spiele dann auch gerne Sachen, die unveröffentlicht sind und probiere die einfach aus. Für Total Care habe ich Immer mal wieder andere Formate. Manchmal lade ich Freund*innen ein, einen Mix zu machen. Ihnen soll auch überlassen sein, was sie spielen, da war schon Filmmusik, Jazz oder anderes dabei. Die letzte Episode habe ich komplett durchmoderiert und bei einem Spaziergang durch einen Wald in Schweden aufgenommen. Es war sehr windig, das hört man. Ich habe die Tracks anmoderiert und erzählt wieso und wo ich sie erlebt habe, zum Beispiel bei einer kleinen Konzerttour in Polen. Ich glaube, das Format mache ich weiter.

Was war die Idee hinter deinem Mix für unseren Groove-Podcast?

Für den Groove-Mix war alles erlaubt, jeder von den Tracks hat mich überzeugt und ich hatte Spaß das zusammenzugrinden. Ich hatte mir einiges auf Bandcamp durchgehört und auch in Soundcloud rumgeguckt. Die Stimmung vom Suchen mag ich total, dann kippe ich sehr darauf rein und bin für Stunden beschäftigt. Ich bin auf den japanischen Künstler Rinsaga gestoßen, da ein Bekannter von mir, Jan Urila Sas, den Track Konton produziert hat, wir hatten uns während meiner Tour in Japan mit Julia Shortreed kennengelernt. Tony Renaissance aus Wien ist mit dem Track „Angel“ vertreten, weil ich mich umgeguckt habe, was hier so passiert. Dazu kommen einige Bootleg-Sachen, auf die ich irgendwie gestoßen bin und natürlich ganz viel vom Goldenen Strom. Alles mögliche.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich habe das Gefühl, vor einem neuen Abschnitt zu stehen, das kann auch alles bedeuten. Aber natürlich mehr Musik, mehr Konzerte.

Stream: Rosa Anschütz – Groove Podcast 333

01. V.V.I.A. – Até
02. Lebanon Hanover – Come Kali Come
03. Local Suicide & Franz Matthews – Love Terrorist (Original Mix)
04. Rinsaga – 渾沌-Konton (produced by Jan Urila Sus)
05. x/o – Chrysalis Wrath
06. OSSX – OLIEV + OSSX
07. REZZETT – Worst Ever Contender
08. Pen Pal – Cute Door (Vze Remix)
09. Tony Renaissance – Benzo Angel
10. Lui Lee – Kiss Me
11. Portishead – Machine Gun
12. The Fertile Crescent – 6G
13. Concorde – Beyond The Frontiers
14. Minuit Machine – Don’t Run From The Fire
15. Rosa Anschütz – Bleeding
16. G.Paim – Sombras
17. Kinlaw & Franco Franco – Cyborg MC
18. MA-GØ x FLAT SPRITE – GET THAT DOPE
19. Rosa Anschütz – Buddy
20. Auditor – Drugscribe
21. From Nursery To Misery – Aeroplanes
22. Matriachy Roots – Breasts In Sight (Demand A Choice)
23. YOUTH – Gator 2
24. Gudrun Gut + Mabe Fratti – El Cielo Responde
25. Rosa Anschütz – Polished

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