CTRLS – Your Data (Micron Audio)
Der Kopenhagener DJ Troels Knudsen legt regelmäßig in Berlin auf, unter anderem in Säule und Berghain. Als Produzent macht er Drum’n’Bass unter dem Pseudonym Pyro. CTRLS ist neben Northern Structures eines der beiden Projekte, in denen er sich Industrial und Electro widmet.
Und zwar in einer zeitgemäßen Form, wie die EP Your Data zeigt. Den rappelharten Beat des Titelstücks variiert CTRLS nur in Mikroformen, legt hier mal ein metallenes Rattern über den geraden Rhythmus, lässt da mal ein altes Modem ertönen. „Sleepkillers” nähert sich den 150 BPM und schiebt eine Jump-Bewegung über das metallene Klanggerüst. Das futuristische „Concept 7” macht sich ein Vergnügen aus humanoiden Roboterstimmen. Auf „Subroutines” kommt ein Filter durch, der alles etwas verwäscht und weichmacht. Mit Kick im Mastering eine drängende Sammlung von Tracks. Christoph Braun
DJ Hank – City Stars (Hyperdub)
Ein erfreulicher Neuzugang bei Hyperdub: Der Produzent DJ Hank aus Chicago nannte sich früher auch DJ Big Hank. Sein Footwork-Ansatz vereint neben der hektischen Beinarbeit moderat zurechtgeschnittene R’n’B-Gesangsschnipsel, am Rand vorbeiflirrende Gamesounds und gelegentliche Field Recordings wie Handy-Vibrationsgeräusche oder Schulglockenschrillen. Den Hochgeschwindigkeitsverhackstückungsirrwitz stellt er dabei zugunsten kristallklarer Arrangements etwas zurück, setzt lieber ein paar gezielte, nervöse Breaks, um den Groove ausreichend aufgekratzt pumpen zu lassen. Was ihn vielleicht nicht zum unmittelbar auffälligsten Kandidaten im Stall macht, doch der Einstand gelingt ihm dank fokussierter heaviness auch so mühelos. Tim Caspar Boehme
Panthera Krause – Como Dada (Riotvan)
Robotronisch und funky sind die beiden Tracks dieser klassischen Maxi, mit der Panthera Krause die Renaissance der Dancefloors einläutet. Der Leipziger Producer hält sich nicht lange mit Präliminarien auf: „Como Dada” wirft zu einem synthetischen Italo-Disco-Beat mit Moroder-Bassline den Vocoder an – ungefähr auf halbem Weg zwischen Zapp und Kraftwerk. „All I Want To Do” setzt dagegen auf eine Frauenstimme, die davon spricht, von Liebe zu sprechen, das Klangbild ein undeutlicher, dunkler Großraum, Rave tropft von der Decke, doch nach dem Break ist der DJ gefordert – kurioser Track: eine Sockelfassung für eine Hymne. Alles mit einem brenzlig-electroiden Feel in den Sounds, jenseits der Deep-House-Komfortzone in den Grooves. Top. Harry Schmidt
Perdu – Illusion Of Choice EP (Live at Robert Johnson)
Mit der Illusion Of Choice EP knüpft der Amsterdamer Producer Alain van der Born alias Perdu zwar an sein LARJ-Debüt Soaring Flight von 2021 an, erweitert aber das Referenzsystem. Waren dort noch die wavigen Ausläufer von Disco in den mittleren Achtzigern als Folie erkennbar, verschiebt sich der Fokus hier auf Rave und Trance der frühen Neunziger. Kurzum: Tendenziell laufen die vier neuen Tracks eher auf Neo-Trance als auf Nu-Disco hinaus.
Wobei Perdu in „Archi” auf Claps und Boogiemetrik zunächst nicht verzichten möchte, aber eben auch nicht auf die fiebrigen Synthstabs, die nach dem Break das Kommando an sich reißen. „Grey Rush” setzt den Uptempo-Vibe fort, gefilterter, rollender Breakbeat mit knochentrockener Percussion, die im „Blue Rush”-Mix noch weiter in den Vordergrund rückt. Doch das eigentliche Kernstück ist „Sitrao”: Hier verschmelzen die Pole zu einer Cosmic-Disco-Nummer mit Italo-Flair, eine sinistre Hymne mit Propellerbassline und Hitpotenzial. Harry Schmidt
RS4 – I’ll Be Good EP (Keysound)
Die Basslinien prägen sich ins Gehör ein, ziehen Schleifen durchs Hirn und in die Beine. Sie schieben sich über House-Beats, die immer wieder kleine Schritte zur Seite machen, etwas aus dem geraden Four-To-The-Floor-Gerüst streben. Kurze Vocalsamples rufen dazwischen, drücken Euphorie aus, angeraute Synthesizermelodien bringen zusätzliche Bewegung.
RS4 kombiniert in den House-Tracks Einflüsse aus seiner Karriere und seines Wohnorts Sheffield. Unter Namen wie Oris Jay und Darqwan bespielte er schon Jungle, UK Garage und Dubstep. Der Produzent und DJ war Anfang der 2000er mit seinen finsteren UK-Garage-Tunes unter anderem Stammgast bei FWD>>, der Londoner Party, bei der Dubstep und Grime ihre ersten Zuhörer*innen hatten. Mit RS4 vereint er Einflüsse aus Bassline, House und der Spielart Bleep, wie sie Ende der 1980er vor allem im Norden Englands populär war. Bei manchen Hörer*innen könnten dabei nostalgische Gefühle entstehen. Aber auch ohne Schwelgen in der Vergangenheit kann der Klang von RS4 die Tanzfläche im Hier und Jetzt ins Schwingen bringen. Philipp Weichenrieder