Leo Pol – BE MINE (IILE)

Leo Pol ist schon länger kein unbeschriebenes Blatt mehr. Seit 2014 erscheinen die Platten des jungen Pariser Produzenten, hauptsächlich bei seinem eigenen Label IILE. Dort kommt nun auch seine Erstlings-LP, die für den Musiker eine deutliche persönliche Weiterentwicklung darstellt.

BE MINE verbindet Leo Pols Vorliebe für frei an Hardware arrangierte Stücke mit seiner langjährigen Leidenschaft für Detroit Electro und lässt einen vielseitigen Künstler erkennen, der sich genügend Zeit gelassen hat, dieses Werk reifen zu lassen.


So viel Platz und Ausgewogenheit der Elemente wirken schon fast überraschend, wenn man sie manchen früheren, stampfenden House-Tracks des Künstlers gegenüberstellt.


Während frühere Releases noch fast alle vom samplebasierten French House geprägt waren, hatte sich Leo Pol außerhalb der Eigenproduktionen vor allem für seine exklusiv auf Hardware gespielten Live-Sets einen Namen gemacht. Die brachten ihm hochkarätige Gigs ein, von Panorama Bar bis Robert Johnson, vom Shelter in Amsterdam bis ins DC-10 nach Ibiza. Dazu natürlich die Aufmerksamkeit seiner Heimat Paris, wo er bald eine eigene Reihe im Rex Club starten soll.

In diesem analogen Stil entstanden ist also auch die LP, deren neun Tracks allesamt auf Hardware wie der TR-808 oder dem Korg Triton eingespielt wurden – manche davon sogar direkt auf Tape, ohne Umweg über den Computer. Eine schwierige Herangehensweise an den Produktionsprozess, aber für den Künstler selbst „unendlich viel befriedigender”.


Die Sounds der Acid-Ära sind zwar präsent, doch werden sie dezent und äußerst musikalisch eingesetzt, ohne jegliche Effekthascherei.


Die Spontaneität der Tracks hört und fühlt man auch; gerade im ersten Drittel der Platte wirkt alles sehr luftig und lebhaft arrangiert. Die Grooves verführen zwar zum Kopfnicken, sind aber nicht ausschließlich dem Dancefloor verschrieben. Die Sounds der Acid-Ära sind zwar präsent, doch werden sie dezent und äußerst musikalisch eingesetzt, ohne jegliche Effekthascherei. Die Anlehnung an Vorbilder aus Detroit ist zwar klar, aber Leo Pols Version kommt deutlich zurückgelehnt, entschleunigt und träumt gerne vor sich hin. So viel Platz und Ausgewogenheit der Elemente wirken schon fast überraschend, wenn man sie manchen früheren, stampfenden House-Tracks des Künstlers gegenüberstellt.

Entstanden ist das Album über den Zeitraum mehrerer Jahre. Leo Pol verzichtete bewusst darauf, Stücke einzeln vorab zu veröffentlichen, um das Material für ein Album anzusammeln. Dabei war ihm ein zusammenhängendes Narrativ um „melancholische Sounds” besonders wichtig. Das funktioniert insofern ganz gut, dass die Platte irgendwo im Orbit ihre ersten Kreise zu ziehen scheint (der Kollabo-Track mit Kollege Bambounou klingt im besten Sinne wie Convextion).

Dann steuert sie langsam Richtung Erde, wo die verführerischen französischen Vocals von Keke eine sanfte Landung bereiten. Die spätere Co-Produktion mit Helsinkis Pekko steht schon wieder mit einem Fuß im Club und erinnert mit seiner simplen Bassline an die Whitelabels, die Leo Pol anonym als Uniile veröffentlicht hatte.

Am Ende der Platte warten dann noch zwei Überraschungen, die sich mehr oder weniger ins Gesamtbild einfügen: zwei Jungle-Reminiszenzen nämlich, die aufgrund ihrer unpolierten Oldschool-Drums und lautem Vocal-Einsatz so gänzlich anders klingen, dass sie den Fluss der Platte stören. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen (und gleich eine eigene, in sich stimmige EP mehr!). Der Closing-Track „Drake” unter dem eigenen New-Wave-Alias 14 Fevrier hingegen ist das perfekte, weil persönlich besungene I-Tüpfelchen auf dieser durchaus gelungenen Detroit-Hommage. Leopold Hutter

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