Vorne: Rob Mazurek Hinten: São Paulo Underground (Foto: Ligia Murakawa)
Vom 4. bis 7. November steigt das Jazzfest Berlin, das in diesem Jahr glücklicherweise wieder Live-Auftritte präsentieren kann. Obendrei präsentiert Rob Mazurek mit seiner Kombo São Paulo Underground am Festival-Freitag im silent green eine audiovisuelle Arbeit – wir verlosen 2×2 Tickets!
Vorab hat uns der Amerikaner Fragen zur brasilianischen Musikvielfalt, ihrer zwangsläufig mit Leid verknüpften Geschichte und, besonders ausführlich, zu seinen mannigfaltigen Berührungspunkten mit ihr beantwortet.
Wann bist du zum ersten Mal mit brasilianischer Musik in Berührung gekommen? Welche Künstler*innen waren für dich entscheidend?
Mein erster Kontakt mit brasilianischer Musik war „Amoroso” von João Gilberto, als ich 16 war. Mit
diesen großartigen, romantischen Arrangements von Claus Ogerman. Einfach eine der schönsten Platten aller Zeiten. João war so subtil, dass man meinen könnte, die Zeit stünde still. So lyrisch und musikalisch. Das führte natürlich zu meiner Entdeckung von Caetano Veloso, Gal Costas „Índia”, Milton Nascimento, Hermeto Pascoals „Cerebro Magnetico” und 100 anderen. Nelson Cavaquinho, Cartola, Elis Regina. Andere bahnbrechende Platten waren die „Krishnanda” von Pedro dos Santos, die mir der große Dichter und Wortschmied Rodrigo Brandão vorstellte, und Chico Buarques Meisterwerk Construção.
Später, als ich von 2000 bis 2008 in Brasilien lebte, hörte und spielte ich alle möglichen Arten von brasilianischer Musik aus verschiedenen Regionen. Ich habe zum Beispiel drei Jahre lang in Manaus gelebt und Forró gehört, die bis in die Nacht aus den Autolautsprechern dröhnte. Oder bin in das große Opernhaus gegangen, um mir alle möglichen Produktionen anzusehen. In Maranhão wurde ich eingeladen, an einer Candomblé-Zeremonie namens Dance da Princesa teilzunehmen, die vom wunderbaren Musiker und Rabeca-Meister Thomas Roher geleitet wurde und sehr beeindruckend war.
Die gesamte Musik von Guilherme Vaz ist unverzichtbar und leider ziemlich unbekannt. Natürlich war auch Naná Vasconcelos ein großer Einfluss, und als wir mit ihm spielen und zusammenarbeiten konnten, war das absolut wunderbar. Als ich anfing, mit Marcelo Camelo von Los Hermanos zu spielen und zusammenzuarbeiten, eröffneten sich ebenfalls viele Möglichkeiten. Auch die Begegnung und Aufnahme mit Kassin war wunderschön. Es gibt so viele!
Was ist der besondere Reiz der brasilianischen Musik ?
Die Vielfalt der Klänge und des Lebens. Ob ein Straßenverkäufer auf der Straße pfeift oder ein volles Set der Post-Rock-Band Hurtmold, man hört die Bejahung des Lebens und der Liebe.
Was hat sich für dich verändert, seitdem du Musik von diesem Kontinent komponierst und hörst?
Der Rhythmus! Die Melodie! Die Musik Brasiliens ist so gefühlvoll. Man kann nicht anders, als jeden zu lieben und jeden zu umarmen! Es ist die Musik des intensiven Glücks. Sogar die Musik, die in den Texten so schmerzhaft ist, hat eine so schöne und zärtliche Umsetzung. Man versteht das Leben ein bisschen besser, wenn man nach Brasilien kommt, und das verändert natürlich die Art und Weise, wie man fühlt und wie man Dinge macht.
Die Musik in Südamerika, insbesondere in Brasilien, ist tief in Afrika verwurzelt; ihre Geschichte ist geprägt von Sklaverei und großem Leid. Spielt die Geschichte dieser Kultur für dich eine Rolle bei deiner Herangehensweise an die Musik?
Das Leben ist voll von Leid, aber auch von Schönheit und allem, was dazwischen liegt. Je mehr man darüber erfährt, desto mehr wird man sich bestimmter Wege bewusst, diese Energie zu manifestieren und sie zu nutzen, um die Idee der Liebe zu verbreiten. Diejenigen, die diese Geschichte ignorieren, leben ein oberflächliches Leben.
Was macht das Ensemble São Paulo Underground so einzigartig im Vergleich zu deinen anderen Projekten?
Die Chemie zwischen Mauricio, Guilherme und mir ist besonders. Wir sind Brüder, wir sind eine Familie. Mit der Zeit haben wir eine Art Vokabular entwickelt, das sich ständig erweitert. Alles ist erlaubt. Es gibt ein einzigartiges Verständnis zwischen uns, das über die Musik hinausgeht. Liebe und Schönheit auf eine schmutzige Art und Weise zu manifestieren. Three Dirty Hummingbirds. Das ist unser Mantra. Seltsam, aber wahr.
Auf welches Konzert, außer deinem eigenen natürlich, freust du dich beim Jazzfest Berlin?
Ich freue mich sehr darauf, das Projekt aus Johannesburg mit Madosini und Maurice Loucas Elephantine zu sehen und zu hören.
Wir verlosen 2×2 Tickets für den Jazzfest-Abend am 5. November mit Madosini, Elephantine und São Paulo Underground im silent green. Um mitzumachen, schickt uns bis Donnerstag, den 4. November, um 13 Uhr eine Mail mit dem Betreff SAOGROUND, eurem vollen Namen und dem vollen Namen eurer Begleitung an gewinnen@groove.de.
Groove präsentiert: Jazzfest Berlin 2021
04.11. bis 07.11 2021
Das gesamte Programm findet sich hier.
Locations: Berlin Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Kleiner Sendesaal des rbb, Pierre Boulez Saal, silent green Kulturquartier