Karl-Heinz Blommann (Foto: Presse)
Wie wir bereits berichteten, wird an diesem Wochenende das Blaue Rauschen in Bochum, Dortmund und Essen stattfinden. Es wird um die Verwebung künstlerischer und politischer Prozesse, aktuelle Sound-Konzepte, Performance und experimentelle Musik gehen. Wir haben den Leiter des Festivals Karl-Heinz Blomann gefragt, worauf er bei der Kuration geachtet hat, wie er Klangkunst definiert und ob Klangkunst politisch sein soll.
Was hast du dir bei dem Programm gedacht? Haben die Künstler*innen etwas gemeinsam, außer dass sie experimentelle Musik machen?
Wir haben Künstler*innen für das Festival gewonnen, die sich inhaltlich und auch technisch kritisch mit ihrem Medium auseinandersetzen.
Das passiert durch Destruktion bzw. Umbau kommerzieller Geräte, durch Programmierung oder durch die konkrete Kombination von Natur und Technik. Zum Beispiel wenn Solarenergie musikalische Prozesse steuert. Auch haben wir zehn Künstler*innen zu einer akustischen Stellungnahme zum Thema „Wald und Klang” eingeladen.
Was findest du gut daran, dass das Festival in mehrere Standorte aufgeteilt ist?
Unsere Idee ist seit langem, die Player im Ruhrgebiet zu vernetzen und die angesagten Orte für neue Entwicklungen als Partner zu gewinnen. Ziel ist es, dieses Festival auf zehn Städte im Ruhrgebiet auszuweiten und dadurch neue Räume für Experimente aufzumachen.
Wie definierst du Klangkunst?
Der Begriff „Klangkunst” bezeichnet die intermedialen Kunstformen, in denen Klänge mit anderen Künsten und Medien zu einem Kunstwerk – manchmal sogar einem Gesamtkunstwerk – verschmelzen. In der künstlerischen Realisierung entstehen so Arbeiten, die sich aufgrund des unterschiedlichen Zusammenspiels von Klang, Raum, Zeit, Bewegung und Form in einem Spektrum von statischer Skulptur bis szenischer Performance präsentieren.
Für mich schafft die Klangkunst die Basis für eine Aura zwischen Analog und Digital.
Wenn wir die Digitalisierung kritisch vorantreiben bzw. begleiten wollen, dann ist Klangkunst dafür ein gutes Experimentierfeld.
Wie wichtig sind dir gesellschaftskritische oder politische Anteile bei den Auftritten?
Alle Arbeiten der auftretenden Künstler*innen verstehe ich auf der ein oder anderen Ebene als Beitrag zu einem critical engineering.
Also: Die künstlerische Arbeit, die darin besteht, über den industriellen und kommerziell-funktionalen Gebrauch der Apparate und Medien hinauszugehen.
Ich hoffe, dass die Konzerte, Installationen und Performances Fenster öffnen und uns zum Nachdenken anregen.
Hast du bei der Kuration besonders auf eine ausgeglichenen Geschlechteranteil geachtet?
Das ist für uns schon immer selbstverständlich gewesen. Dabei steht das Künstlerische immer im Vordergrund.
Was erhoffst du dir für eine Resonanz oder Atmosphäre von den teilnehmenden Gästen?
Ich erhoffe mir einen intensiven Austausch zwischen Publikum und Künstler*innen. Die coronabedingte Intimität kann dies vielleicht sogar befördern.
Was hat dich beim Blauen Rauschen motiviert?
Rein physikalisch gesehen ist die Sache ganz einfach: „Blaues Rauschen” ist das Gegenteil von „Rosa Rauschen” und beinhaltet weniger tiefe Frequenzen als „Weißes Rauschen”.
Darüber hinaus lädt die Wortkombination zu allerlei Interpretationen ein. Unser Logo, „Der Blaue Kopf” von Jürgen Grislawski, weist dafür die Richtung.
Das gilt ja auch für den Begriff „digital”, da wir uns zur Zeit noch im Tal der Digi-tal-ität befinden.
Auf welchen Gig freust du dich am meisten?
Ich freue mich auf die Atmosphäre auf dem Festival. Nach zwei Verschiebungen können wir endlich wieder Künstler*innen und Publikum live erleben.