Caustic 14 – Basic Moves 12 (Basic Moves)
Der belgische Künstler und DJ Sebastian S hatte seine große Schaffensphase bereits Mitte der Neunziger. Im winzigen Studio in Brüssel entstanden gemeinsam mit Mike DMA unzählige, in simplen Live-Takes aufgenommene Tracks, die sich aus dem gemeinsamen Interesse an Science-Fiction und Techno zusammensetzten. Während damals überhaupt nur zwei der Jams tatsächlich auf Platte gepresst wurden, kommen jetzt die alten Schätze aus dem Caustic 14-Archiv wieder an die Oberfläche. Das nunmehr dritte Release auf dem belgischen Label Basic Moves ist randvoll mit Bleep Science, Jungle-eskem Techno und kosmischen Strings. Undogmatisch, hyperaktiv und verbunden durch den gemeinsamen Pioniergeist der damaligen Tage springen die Tracks in Tempo und Intensität hin und her und lassen keinen Winkel des damaligen Universums unerkundet. Leopold Hutter
Fufi.SNC & Orson Wells – Space Starter EP (SNC)
Der Produzent Felix Arndorf alias Fufi.SNC der Münchner SNC-Crew trifft den Frankfurter Lennard Poschmann alias Orson Wells zum kurzen Austausch auf EP-Ebene. Sehr entspannt wechselt man die Argumente, Fufi.SNC eröffnet mit suggestiven Acid-Weisen im größeren Weltraumzusammenhang, das Ganze untermauert durch zurückhaltende Breakbeat-Skandierungen. Diese Strategie wird im zweiten Track noch einmal variiert, mit ähnlich überzeugenden Ergebnissen. Orson Wells gibt sich durch offensiven Einsatz von Jungle-Breaks kampflustiger. Ist ja auch immer noch das heftigere Statement, da man den hektischen Beat zwangsläufig als Zeitmarkierung aus den Neunzigern wahrnimmt. Dank Exotica-Samples interpretiert Orson Wells diesen Jungle aber zugleich als schwüles Biotop, das in nichts an die Aura der trocken verzerrten Digitalbässe von vor 25 Jahren erinnert. Auch hier strenggenommen drei Variationen desselben Ansatzes, mit vergleichbarer Stringenz wie beim Kollegen. Das alles ist übrigens der Label-Einstand der SNC Crew, nur so am Rand erwähnt. Tim Caspar Boehme
Skatebård & Lauer – Volpe (Live at Robert Johnson)
Der bislang größte Hit des noch jungen Jahres geht auf das Konto des Dream-Teams Skatebård & Lauer: Ihr „Volpi Polari” ist ein Italo-Disco-Update, dessen exponierter, analog klingender Funk-Basslauf an die goldene Ära von Acts wie Chic, Barrabas, Supermax, die grandiosen Arpadys oder auch Imaginations „Just An Illusion” denken lässt. Eine höchst kantable, durch nervöse Synth-Stabs markierte Hookline und Lasergunshots tun ein Übriges. Etwas darker und housiger, aber kaum weniger zwingend das kosmische „Fluto”. Auf einer ähnlichen Frequenz sendet das Duo bei „The Light” – astrale Outer-Space-Synthiesounds treffen auf gedubbte Claps, die wie Meteoritenschauer durch den Stereoraum ziehen. Weiterer Pluspunkt ist das Artwork der norwegischen Producer-Legende Bjørn Torske. Komplett betörende EP. Harry Schmidt
Steve O’Sullivan – STV 444 (AKU)
Das ist jetzt eine schöne Überraschung. Nach einigen housigen Collabs erinnert sich der Londoner Steve O’Sullivan auf diesem Solo-Release endlich wieder daran, dass seine größten Soundvorbilder doch eigentlich Moritz von Oswald und Mark Ernestus (Maurizio) sind. Der erste Track dieser EP tut sich zwar noch ein bisschen schwer damit, die nähere Vergangenheit abzustreifen, klingt auch überhaupt allzu clean und durchkonzeptioniert, aber geht zumindest schon mal in die richtige Richtung. Erfreulicherweise lösen sich die Zweifel mit „Never Back” ganz schnell in Luft (beziehungsweise dicken Rauchmaschinenwolken) auf. Die jetzt nicht gerade innovative, aber sehr solide Mischung aus Dub Techno, schnalzender Kick und sphärischen Basic Channel-Stabs macht auf jeden Fall Lust darauf, sich noch die B-Seite anzuhören. Aus den Stems von „Never Back” kreiert der französische Künstler Janeret auf eben derer gleich mal einem funkigen Remix, der noch Percussion beifügt, ein wenig das Tempo anzieht, jedoch nie die gelungenen Elemente des Originals und dessen Vibe verliert. „Synchronous Rotation” ist dann aber genau das, was man eigentlich hören will – weil O’Sullivan das eben doch am besten kann! Deeper Dub Techno, der den Hörer*innen die offizielle Lizenz zum Über-den-Dancefloor-schweben erteilt. Andreas Cevatli
Subtle Houzze – Controversy EP (Running Back Double Copy)
Vor 30 Jahren war House noch ein einigermaßen junges Genre. Der eine oder andere Track schaffte es zwar in die deutschen Singlecharts, eine Clubszene um House herum war hierzulande aber anders als in Großbritannien oder Italien noch im Entstehen. Doch Moment, da war ja Hamburg und das Front, wo man dank Klaus Stockhausen und Boris Dlugosch schon seit Jahren deutlich weiter war als sonstwo. In der Hansestadt war mit Container Records auch einer der führenden deutschen Plattenläden und Importeure für House-Musik ansässig. Container betrieb obendrein ein Label, dort erschien 1992 die Controversy EP von Subtle Houzze, wohinter sich Boris Dlugosch und der im Jahr 2016 verstorbene Gary D. verbargen. Letzterer ist später als Trance-Protagonist bekannt geworden. Die beiden interpretierten House auf den vier Tracks dieser EP irgendwo zwischen dem nordamerikanischen Sound von Strictly Rhythm, Nu Groove, Hi-Bias oder Bottom Line und dem italienischer Labels wie Calypso und MBG. Beim bleepigen „The Traveller” spielen obendrein Einflüsse aus Detroit und Sheffield eine gewichtige Rolle. Frappierend gut sind diese tollen Tracks gealtert! Holger Klein