Foto: Tom Otte

„Wir bringen Hamburg wieder auf die Karte”, titelte dereinst ein polizeilich bekannter Rüpel (aka Gzuz) im ansonsten angestaubten Neuwerk der alt gewordenen Beginner. Dabei ist gerade die Vielfalt der Hamburger Szene für elektronische Musik vollkommen diametral zu der Aufmerksamkeit, die sie bekommt. Alteingesessene Größen wie DJ Koze, Institutionen wie der Golden Pudel oder der Plattenladen Smallville, zahlreiche kleine Labels und engagierte Kollektive formen fast eine Art Biotop. Und eben: Shari Vari, bestehend aus Helena Ratka und Sophia Kennedy. Beide kommen vom Film und sind auch mit ihren jeweiligen Solo-Karrieren durchaus umtriebig.

Sophia Kennedys 2017 erschienenes selbstbetiteltes Debütalbum auf Pampa Records wurde von der Kritik gefeiert. Helena Ratka, Resident-DJ im Pudel, verbindet unter dem audiovisuellen Alias qp/Spine Lab ihre Passion für Film und Musik. Das gemeinsame Debüt von Shari Vari war die EP Life Should Be A Holiday, ebenfalls aus dem Jahr 2017.

Zwei Jahre später erschien nun ihr erstes gemeinsames Album NOW. Das Album versteht sich als eine Melange aus Einflüssen wie House, Techno und Punk. Während sich die beiden bewusst gegen genretypische Kategorisierung wehren und Pressetexte allenfalls mit dem neuerdings inflationären Label Leftfield aufwarten, ergeben die düsteren Tendenzen des Sounds durchaus eine dem New Wave entsprechende Ästhetik. 

Die zweite Single-Auskopplung „Dance Alone” wartet mit den alles bewegenden Fragen beim Kennenlernen der potenziellen besseren Hälfte auf. „Can we dance together, can we dance alone?” Natürlich geht es nicht nur um Tanz. Auch die Fragen der Liebe, des Zusammenwohnens und ob man überhaupt miteinander reden kann, wollen beantwortet werden. Wahrscheinlich bedürfte es gar keiner Antwort. Das Sound-Arrangement des Songs ist Antwort genug. Von Beginn an schwebt ein düsterer, gleichbleibender Synth durch das Stück, die Hi-Hats wirken wie eine aus dem Metrum der Zeit gefallene Uhr, die fortwährend dem Ablauf ihres Countdowns entgegentickt. Auch Kick und Snare unterstützen die gedrungene Atmosphäre, immer wieder huscht ein Hecheln durch den Song, der seinem Ende, gleichsam der fatalen Erkenntnis seiner Botschaft entgegenhetzt: einem durchweg geschmetterten „NO”. Die sich in den letzten Sekunden findende Melodie verspricht eine Ahnung von Erleichterung, dass der Kampf zu Ende ist, wenn es auch ein Kampf für etwas Positives war.

Dieser Kampf wird auch im Video allzu ersichtlich, Helena und Sophia tanzen beziehungsweise stampfen durch U-Bahn-Stationen, Gärten und verlassene Industriehallen, gleichermaßen einheitlich, wie martialisch gekleidet. Im Freien stoßen sie auf eine Gruppe Kämpfer*innen, die sie sich Untertan machen. Es kommt zum Schattenkampf, in dessen Verlauf nur die (Anti-)Heldinnen überleben – gebeutelt von der Erkenntnis, allein zu bleiben, tragen Sie ihre Mitstreiter*innen zu Grabe.

Wir präsentieren das Video zu Shari Varis “Dance Alone” als exklusive Premiere!

Shari VariNOW (Malka Tuti)

Tracklist:

  1. Out of Order
  2. Dance Alone
  3. New York City
  4. Jungle
  5. Overdose
  6. Now
  7. Matthew
  8. Not A Perfect Day

Format: 12″, Digital

VÖ: 13. September 2019

Vorheriger ArtikelCurses, Borusiade und Sebastian Voigt: Hi-Res in der Renate
Nächster ArtikelKris Baha: Zwischen Achtziger-Nostalgie und Cyberpunk aus der Zukunft