Zwölf Jahre sind in Clubjahren gerechnet meist weit mehr als ein ganzes Leben – nur wenige Clubs schaffen es, so lange relevant zu bleiben und sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. Nicht so der Salon zu Wilden Renate am Berliner Ostkreuz, der sich vom 13. bis 16. September selbst ein rauschendes Geburtstagsfest schmeißt. „3 Tage Nonstop“ – der Name ist Programm!

Die erste Welle an DJs lässt schon mal keine Wüsche offen: Neben einigen altgedienten Renate-Allstars wie PEAK & SWIFT, Sebastian Voigt und Alison Swing, sind Robert-Johnson-Gründer Ata, Pampa-Liebling Axel Boman und White-Labelchef Oskar Offermann am Start. Besonders freuen darf man sich auch auf Curses, New-Wave-Postboy von Jennifer Cardinis Label Dischi Autunno. Mehr Acts werden demnächst bekannt gegeben – drei Tage wach sollte bei diesem Auftakt allerdings wohl kaum zum Problem werden.

Wir haben mit Frank-Music-Chef und Renate-Resident Johannes Albert über seine Beziehung zum Club gesprochen. Über die Königsdiziplin des Warmups, warum er in der Renate alle seine unveröffentlichten Tracks testet und wie diese vom „Konfetti-Disco-Schuppen“ zur veritablen Berliner Clubinstitution wurde – mit Spaßfaktor und Extravaganz.

1. Erinnerst du dich noch daran, als du das erste Mal in der Renate warst?

Das muss im Dezember 2011 gewesen sein. Mein Kumpel Marc FM hatte zum Geburtstag geladen und den roten Floor gehostet, wenn ich mich richtig erinnere. Auf dem Weg zum Floor ist mir Jan, der Booker (Peak & Swift) über den Weg gelaufen und hat mich ganz herzlich gedrückt und sich für die „geilen“ Platten bedankt. War buchstäblich ein großer Moment für mich – das gab es so vorher nicht! Da haben also durchaus Leute meine Platten auf dem Schirm? Wahrscheinlich habe mich mehrere Male verirrt… so viele Räume! Der Abend lief wohl auch relativ wild – ich wurde kurz danach wieder eingeladen. Die Renate war von Tag eins an ein verrücktes Lokal für mich, eine super Ergänzung zur Bar25-Bretterbude, Cookies-Mitte-Schick, Berghain-Hedonismus oder Watergate-LED-Show. Erfrischend anders.

2. Welche Verbindung hast du persönlich zu dem Club?

Der Club bedeutet als Resident irre viel für mich. Eigentlich kann ich fast sagen: Ich habe erst in der Renate wirklich das Auflegen gelernt. Wenn du dich völlig austoben kannst, auch zeitlich. Wie, wo und wann Platten überhaupt richtig funktionieren und wie man Leute (inklusive mir selbst) über Stunden bei Laune hält. Auch einfach mal morgens um 8 starten (natürlich mit vorschlafen…) und ganz frische Energien freisetzen.

Auch die Diversität. Es gab Abende, da spielst du vor einem UK-Techno-Act auf dem schwarzen Floor ein eher flottes Set jenseits der 130 BPM. Und dann stehst du acht Stunden später auf dem Dachboden und es läuft irgendwas gaaanz Entspanntes. Dieses breite Spektrum höre ich sonst selten in Clubs. An einem guten Abend spielt unten Redshape mit Electric Indigo, auf dem grünen Floor DJ Slyngshot und auf dem roten Daniel Wang nach Perel. Da kann man der Booking-Abteilung guten Gewissens die Plakette „besonders wertvoll“ verleihen. Geschmackssicher. Ohne Scheuklappen oder Genres.

„Wenn es hier nicht raved, wird es nicht veröffentlicht.“

Zu den Gästen: Da wird sich eher mal locker gemacht, es kommen viele Frauen und die Mischung ist generell bunt. Mir fällt oft auf, dass sich auch „Genre-fremde“ Gäste schnell begeistern lassen. Manche bleiben dann vielleicht mal auf dem Absinth Floor hängen, wo Boris und Katja von Sado Opera Prince-Platten spielen und jede Menge Faxen machen. Die Techno-Heads können sich unten austoben und die House/Disco/Whatever-Fraktion auf den oberen Floors vergnügen. In anderen Läden hast du halt einen riesigen Mainfloor und der Rest wird so mitgetragen. Bei Renate gibt es viele kleinere Floors, somit ist der Vibe intimer.

Mir wurde vom Booking immer großes Vertrauen entgegengebracht. Primetime-Slots als Resident sind ja eher ungewöhnlich. Oder mein kleines Acid-Alias HNS-X durfte schon öfter ran. Wir haben hier als Moon gespielt (mit meinem Partner Iron Curtis). Allerlei Platten-Veröffentlichungen wurden ausgiebig bei Renate gefeiert. Als Spielwiese ist es der ideale Raum um neue Produktionen anzutesten. Ich habe hier noch jedes Clubstück vor Veröffentlichung ausprobiert. Wenn es hier nicht raved, wird es nicht veröffentlicht. 

3. Inwiefern hat sich die Renate in den letzten 12 Jahren entwickelt?

An meinem ersten Renateabend gab es noch ein Verkleidungsmotto, irgendwas Russisches. Glaube, der Club war zu der Zeit auch ziemlich „Konfetti“. Sicher auch der damaligen Zeit geschuldet. Gab ja auch noch das Labyrinth unten. Alles total schräg, aber halt auch irgendwie fantastisch, weil so absurd. Mir hat das hier immer getaugt, dass man bunt sein darf – nein man soll sogar! Alles nicht so bierernst, es wurde und wird immer viel gelacht und Quatsch gemacht. Die Spiegelkugel angeknipst. Viele Mädels da. Halt eine völlig positive Nummer. Da fühle ich mich deutlich besser aufgehoben als mit schwarzer Uniform und Gesichtern wie drei Tage Regenwetter.

„Das Tempo etwas rausgenommen, Disco-Loop an und Alltag raus. Wir bleiben länger.“

Die Renate hatte ich früher bestimmt als Disco-Schuppen auf dem Schirm. Die haben da viele Leute aus ganz Europa herangekarrt, die vorher noch nicht in Berlin gespielt haben. Die so-called „Nu Disco Zeit“ Anfang der 10er Jahre. Das Tempo etwas rausgenommen, Disco-Loop an und Alltag raus. Wir bleiben länger. Irgendwann haben sie den schwarzen Raum eröffnet und es gab zusätzlich zu den Floors oben noch einen echten Techno-Raum. Die Renate „lebt“ tatsächlich. Beständige Umbauten, Sound-Optimierungen und durchaus auch neue Mini-Floors zu speziellen Anlässen. Auch die Konfetti-Zeiten sind längst vorbei, der Sound und Club hat sich über die Jahre auf jeden Fall mit der Zeit entwickelt. Was geblieben ist sind die vielen Räume, der Spaßfaktor und die damit verbundene Extravaganz. 

4. Du hast dein Studio auf dem Renate-Gelände und betreibst dein Label Frank Music von dort aus. Wie kam es dazu?

Vor grob zwei Jahren wurden hier mehrere Studioräume frei und mir wurde angeboten einzuziehen. Günstige Miete und Renate-DNA inklusive, ich musste nicht lange darüber nachdenken. Ich teile mir mit den Residents Homeboy und Michi Zietara einen Raum und man kann sich das Studio auch wirklich wie den Club vorstellen, nur eine Etage höher. Ist auch irgendwie toll, wenn du Dienstagmittag mit dem eigenen Clubschlüssel einmarschierst. Ich glaube, ich kann zurecht behaupten, der Club hat auf die ein oder andere Art jede Menge Einfluss auf meine Stücke. Zuvor habe ich ausschließlich zu Hause Musik gemacht und es ist erfrischend, wenn du mal vor die Tür kommst.

„Am Wochenende kannst du Musik machen vergessen, da scheppert das Gebäude natürlich ohne Ende. Manchmal fliegt die Renate auch glatt weg.“  

Das Studio ist akustisch supergut aufgestellt und noch besser – hier ist ja unter der Woche jede Menge los. Neben den Renatebüros tut sich ja viel hier im Gebäude, andere Produzent*innen und Bands, Ateliers und was weiß ich. Da entstehen oft Synergien. Ralf aka Aera hat eben einen Remix für mich gemacht, der sitzt im dritten Stock. Da wird auch mal ein Synthie ausgeliehen oder über Digital-Reverbs gefachsimpelt. Karim macht nicht nur PR für die Renate, sondern mittlerweile auch für mein Label. Meine Bookerin Sara ist ebenfalls aus diesem Umfeld. Macht alles viel mehr Spaß als alleine zu Hause vor den Kisten rumzuhocken. Logo. Nur am Wochenende kannst du Musik machen vergessen, da scheppert das Gebäude natürlich ohne Ende. Manchmal fliegt die Renate auch glatt weg.  

5. Als Resident spielst du am ersten Abend des dreitägigen Renate-Geburtstags. Wie bereitest du dich darauf vor?

Ich freue mich, mal wieder zu Hause ein Warmup zu machen. Man darf ja nicht vergessen: das ist die Königsdisziplin! Die Leute in die Nacht führen. Wahrscheinlich werde ich ganz easy mit halber Lautstärke auf dem grünen Floor starten. Ein besonderer Moment, wenn man die erste Platte spielt, der Floor noch ganz jungfräulich ist und du weißt: okay, ab jetzt ist hier drei Tage durchgehend Alarm. Herrlich. Wie ich die Renate kenne wird nicht lange gefackelt und zack – ist die Prime-Time da. Der Babba würde vermutlich sagen: „Erst werd ich’s kochen …. und dann werd ich’s explodieren lassen!“. Die ein oder andere unveröffentlichte Nummer wird sicher auch zu hören sein. 

6. Was wünschst du der Renate zu ihrem 12. Geburtstag?

Techno Techno, Balla Balla!

Wir verlosen 2×2 Tickets für 12 Jahre Renate! Schickt uns zur Teilnahme einfach eine Mail mit dem Betreff Geburtstag Renate an gewinnen@groove.de! Teilnahmeschluss ist der 7. September.

Hört hier rein in die exklusive Playlist – kuratiert von Johannes Albert zum Renate-Geburtstag:

12 Jahre Renate: 3 Tage Nonstop
13. – 16. September 2019
Tickets: ab 20 € (plus VVK-Gebühr)

Line-Up:

Alison Swing (Renate), Ata (Live at Robert Johnson), Axel Boman (Pampa, Studio_barnhus), Blue Hour (Blue Hour music), Curses (Dischi Autunno, Ombra intl.), Jetti & Post (Bar Rotterdam), Marlon Hoffstadt (Midnight Themes, STM), Michal Zietara (Renate, Pets, Loser), Oskar Offermann (White), p.leone (E-Missions, Rekids), Peak & Swift (Renate Schallplatten), Philipp Schultheis (Savour The Moment), Repro (Euromantic), Sebastian Voigt (Renate), S Ruston (Lecken, Renate). More tba.

Salon zur Wilden Renate
Alt-Stralau 70
10245 Berlin

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