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Auch wenn viele Hersteller es uns gerne so verkaufen: Audio-Plug-Ins, die wirklich einen innovatives Konzept verfolgen sind ausgesprochen rar und Innovationen finden oftmals nur im Detail statt. Anders war es, als Fabfilter vor ungefähr vier Jahren ihr Equalizer-Plug-In „Pro Q2“ herausbrachten: So einen, konsequent auf die Bedienung am Computer, sprich am Bildschirm und mit Tastatur und Maus, ausgelegten Workflow hatte bis dato kein Plug-In zu bieten. Nun hievt das holländische Team ihren leistungsfähigen Klangverbieger auf Versionsnummer drei – ein Update, das wir uns geradezu zwingend für euch anschauen mussten.

 

Rechtsklick, „Make Dynamik“ auswählen und das gewählte EQ-Band wird ein frequenzselektiver Kompressor.
Konzept
Wie schon bei seinem Vorgänger, ist das Besondere am Pro-Q3, das er ein extrem flexibles, ganz und gar Computer-orientiertes Bedienkonzept verfolgt. Denn während andere Hersteller sich bemühen, fotorealistische Repliken von real existierender Hardware auf den Bildschirm zu zaubern, die über die Abstraktionsebene der virtuellen Regler dann auf den Klang einwirken, bewegt man sich beim Pro-Q3 direkt im Frequenzgeschehen. Durch einen Klick auf die Equalizer-Kurve erzeugt man einen Anfasspunkt, legt das Filterverhalten fest und bewegt ihn mit der Maus frei in der YX-Ache, um so gleichzeitig auf Frequenz und Gain, bei gedrückter Umschalttaste gleichzeitig auch auf die Flankensteilheit, Einfluss zu nehmen.

 

Der arbeitet wahlweise automatisch oder mit manuell einstellbarem Schwellwert.
Eine ausgesprochen hilfreicher Analyzer, der von der Grafikkarte gerechnet wird und parallele im Fenster sichtbar ist, gibt dabei unmittelbar Auskunft über das Frequenzverhalten im entsprechenden Kanal. Mehr noch: Durch aktivieren der „Freeze“-Funktion summiert der Pro-Q die Energie in den Frequenzbändern und erzeugt beim Überfahren mit der Maus, an den Scheitelpunkten automatisch Anfasspunkte, um störende Frequenzspitzen zielgenau zu mildern (Spectrum-Grab genannt). 24 Anfasspunkte lassen sich so pro Instanz des Plug-In erzeugen. Das Konzept erwies sich bereits beim Pro-Q2 als so überzeugend, dass das Plug-In innerhalb kurzer Zeit zu einem echten Studio-Standard wurde. Besonders dann, wenn es darum geht sehr genaue, schmalbandige Manipulationen im Spektrum vorzunehmen. Klangchirurgische Eingriffe also, die sich mit dem eher breitbandig-gutmütigen Verhalten analoger EQs (realer und virtueller) kaum durchführen lassen.

 

Klasse: Knubbel sich in zwei Kanälen die Frequenzen, deutet der Pro-Q3 das durch rote Schlieren an.
Neuigkeiten
So viel vorne weg: Pro-Q hat sich die neue Versionsnummer mehr als redlich verdient. Wo andere Hersteller auch gerne mal Updates raushauen, einfach weil es der „Release-Shedule“ bestimmt, hat das Fabfilter-Update tatsächlich ein ganzes Bündel an Neuerungen im Gepäck. Die zweite gute Nachricht: Umsteiger finden sich in der neuen Version bestens zurecht und bewährte Bedienschritte müssen nicht umgelernt werden: Die hinzugekommenen Features fügen sich wie selbstverständlich in das liebgewonnene GUI ein. Allen voran der Dynamik-EQ-Modus, der auf Mausklick aus jedem aktiven Filterband einen frequenzselektiven Kompressor macht und das entsprechende Band beim Überschreiten eines einstellbaren Schwellwerts verstärkt oder absenkt.

 

Besonders energiereiche Peaks bekommen automatisch einen Anfasspunkt.
War die Wahlmöglichkeit zwischen Stereo-, L/R-, und M/S-Bearbeitung bislang am unteren Bildschirmrand versteckt, genügt nun ein Rechtsklick, um das entsprechende Band zu modifizieren. Bei den Optionen zur Flankensteilheit findet sich nun auch endlich die rasiermesserscharfe „Brickwall“-Charakteristik mit einem Gefälle von dem Trump für sein Bauprojekt nur träumen kann. Auch eine neue Filterkurve gibt es: Den „Flat Tilt“. Eine quer durchs Spektrum gezogene Gerade. Während das eine eher selten genutzte Variante sein dürfte, ist die Einblendung der Spektren anderer Pro-Q3-Instanzen, inklusive Energiedichte-Warnung, ein ziemliches Killer-Feature. Dabei ist die Bedienung denkbar einfach: Jede Instanz des Pro-Q3 kann nun benannt werden. Öffnet man dann in einer anderen Instanz die Übersicht, sieht man nicht nur das entsprechende Spektrum, sondern auch den Bereich, wo sich Frequenzen überlagern. Die „Spectrum Grab“-Funktion wurde noch mal verbessert und zeigt nun automatisch die energiereichsten Frequenz-Peaks mit einem Label und einem Anfasser. Darüber hinaus arbeitet der Pro-Q3 nun auch im Mehrkanalbetrieb (bis hin zu 7.1.2 Dolby Atmos) und selbstverständlich sind neben dem Standard-Zero Latency Modus auch weiterhin der Natural- und Linear-Phase-Modus verfügbar, bei denen das Phasen-Verhalten (auf Kosten der Latenz) optimiert ist.

 

“Links im Bild: Die steile Brickwall-Filterkurve. Rechts: Die Adressierung des Bandes auf die Kanäle (L/R, M/S).
Fazit
Der Fabfilter Pro-Q3 ist und bleibt auch in der neuen Version der Benchmark, wenn es um Klangentzerrung in der DAW geht. Kein anderes Plug-In hat so einen konsequent auf die Bildschirmarbeit zugeschnittenen Workflow und ein so übersichtliches und schnelles GUI. Das Update auf Version drei macht dabei alles richtig: es überfordert bestehende Anwender nicht, sondern reicht sinnvolle Funktionen nahezu unsichtbar nach und man merkt erst beim Öffnen älterer Projekte (wo noch der Pro-Q2 seinen Dienst verrichtet), wie nützlich sie sind. Allen voran die frequenzselektive Dynamikbearbeitung: Sie ersetzt natürlich keinen ausgefeilten Kompressor mit musikalischem Regelverhalten. Aber da, wo es darum geht, direkt im Klanggeschehen kleine Pegelspitzen abzufangen oder winzige Akzente zu setzen, möchte man sie schnell nicht mehr missen. Und die scharfe Abrisskante des neuen Brickwall-Filters dürfte nicht nur Mastering-Engineers glücklich machen. Kurz: Der Pro-Q3 ist alternativlos und bleibt absehbar ein Standard in der Frequenzbearbeitung am Rechner. Den Preis dürften Fabfilter fairerweise zwischenzeitlich ruhig etwas senken, da sich dieses Plug-In so oft verkauft hat, dass die Entwicklungskosten wahrscheinlich schon vor Jahren wieder eingespielt wurden. Absolut gesehen, ist der Preis allerdings absolut angemessen, denn so zielgerichtet und genau lässt sich dem Frequenzgeschehen mit keinem anderen Plug-In auf die Pelle rücken.
Formate: VST2 / VST3 / AU / AAXnative (32/64-Bit)
Preis: 149,- EUR / 74,- EUR (Upgrade)
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